Vorschlag der FDP-Thüringen

Wie könnte eine Honorarerhöhung finanziert werden?

Berlin - 16.08.2024, 12:15 Uhr

Will weg von einer „Aus-dem-Bauch-heraus-Politik“: Der Thüringer FDP-Gesundheitspolitiker Robert-Martin Montag. (Foto: Robert-Martin Montag)

Will weg von einer „Aus-dem-Bauch-heraus-Politik“: Der Thüringer FDP-Gesundheitspolitiker Robert-Martin Montag. (Foto: Robert-Martin Montag)


Es brauche „keine Revolution im Gesundheitssystem“, um die Versorgung zu verbessern und beispielsweise eine Erhöhung der Apothekenvergütung zu finanzieren. Das sagt der Thüringer FDP-Politiker Robert-Martin Montag gegenüber der DAZ. Wie das geht, dazu legte er nun Vorschläge auf den Tisch.

Robert-Martin Montag ist unzufrieden mit der Gesundheitspolitik von Karl Lauterbach (SPD). Der Thüringer FDP-Politiker hat insbesondere für die geplante Apothekenreform des Bundesgesundheitsministers kein Verständnis. Im April veröffentlichte er ein Alternativkonzept für die Apothekenhonorierung, das unter anderem vorsieht, den Fixzuschlag auf zehn Euro zu erhöhen und verschiedene weitere Komponenten zu dynamisieren. „Leistung muss sich lohnen“, so Montag damals gegenüber der DAZ.

Dieses Motto greift er nun auch in seinen Plänen zur Gegenfinanzierung der Honorarerhöhung auf. „Zukünftig muss im Gesundheitssystem das Prinzip gelten: das Geld darf ausschließlich der Leistung folgen!“, heißt es in einem Papier. Er wolle zu einer „evidenzbasierten“ Gesundheitspolitik, weg von einer „Aus-dem-Bauch-heraus-Politik“, wie er der DAZ diese Woche erklärte.

Den Apotheken kommt dabei eine besondere Rolle zu. Montag geht davon aus, dass es in Zukunft wegen des demografischen Wandels weniger Ärzte bei gleichzeitig steigendem ambulantem Versorgungsbedarf geben wird. Um die Versorgung insbesondere im ländlichen Raum sicherzustellen, müssten Apotheken stärker einbezogen werden. Sie seien „oft erste Anlaufstelle für Patienten, noch vor dem Arzt“, schreibt er in dem Papier. „Daher dürfen diese nicht zu reinen Medikamentenabgabestellen umfunktioniert werden, sondern müssen mit ihrem pharmazeutischen Wissen noch viel stärker in die Versorgung einbezogen werden.“

Etwa 1,8 Milliarden Euro stünden den Apotheken mit seinem Vorschlag zur wirtschaftlichen Sicherung zur Verfügung, „bei gleichzeitiger Leistungsverbesserung“, lediglich 1,4 Milliarden wären GKV-wirksam. So sieht er beispielsweise in seinem Vorschlag die pharmazeutischen Dienstleistungen besser zu vergüten – die Summe soll mit nicht abgerufenem Geld des Nacht- und Notdienstfonds finanziert werden – die Möglichkeit zu „signifikanten Kosteneinsparungen durch Qualitätssteigerungen“.

Erkenntnisse aus ARMIN nutzen

Er verweist in diesem Zusammenhang auf das Projekt ARMIN in Sachsen und Thüringen. Er rechnet durch das qualifizierte Medikamentenmanagement mit Einsparungen von rund 1,5 Milliarden Euro durch Compliance-Verbesserungen sowie rund 280 Millionen Euro durch die Reduktion von unerwünschten Arzneimittelereignissen.

Um die Mehrkosten zu finanzieren, nimmt Montag die Zahlen des GKV-Schätzerkreis zur Hand. Durch die für 2024 erwartete Grundlohnsteigerung von 4,22 Prozent hätte die Gesetzliche Krankenversicherung Mehreinnahmen von etwa 13,5 Milliarden Euro. Bliebe man bei einem zwei-prozentigen Anteil der GKV für den Apotheken nach Arzneimittelpreisverordnung könnten 270 Millionen Euro mehr in deren Wirtschaftlichkeit investiert werden.

Einsparpotential bei GKV

Aber auch sonst sieht der Thüringer FDP-Politiker einiges an Einsparmöglichkeiten bei der GKV. Seine Beispiele – unter anderem das Aufheben der Beschränkung der Abrechnungsprüfung von Krankenhäusern  – würden ein Verteilungspotential von 3,8 Milliarden Euro zeigen.

Die Mehrausgaben durch eine Verbesserung der Wirtschaftlichkeit der Apotheken zu schultern sei also „keine intellektuelle Herausforderung“, so Montag gegenüber der DAZ. Vor allem brauche man „keine Revolution im Gesundheitssystem, wie Lauterbach es vorhat“. Das sagt er auch mit Blick auf die geplante Veränderung des Berufsbildes des Apothekers, also das Ende des Präsenzapothekers, betont Montag.

Montag bei Kundgebung in Erfurt am 28. August

Seine Ideen wird er sicherlich auch bei dem Protest in Erfurt am 28. August der Apothekerschaft näherbringen. Er bestätigte gegenüber der DAZ, dass er dabei sein werde, wenn die Thüringer Apothekenteams ihrem Unmut über die Pläne Lauterbachs Luft machen wollen.

Den Protest kann er gut verstehen, sagt er. Seit der letzten Anpassung 2013 durch den FDP-Gesundheitsminister Philipp Rösler sei nichts mehr bei der Vergütung geschehen. Dabei habe der Staat hier eine besondere Verantwortung. Man könne aber sukzessive den Eindruck erhalten, er wolle sich zurückziehen.


Matthias Köhler, DAZ-Redakteur
redaktion@daz.online


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3 Kommentare

Noch schlimmer

von Stefan Haydn am 17.08.2024 um 12:11 Uhr

Hallo Peter,

die 1,45 hatte ich noch im Gedächtnis von einem anderen Kommentar. Aber das ist der Zwangsrabatt 2023. Du hast natürlich Recht, in Wahrheit ist das viel schlimmer. Eigentlich finanzieren sich die Apos ja selbst.
Dir kann halt bei Zahlen keiner was vormachen ;-)

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Beeindruckend

von Stefan Haydn am 16.08.2024 um 19:42 Uhr

Da kann jemand rechnen und hat sich Gedanken gemacht. Ich bin beeindruckt. Ernsthaft.
Da wäre nur noch ein Punkt: Die Apotheken sparen durch die Rabattverträge den Kassen 1,45 MRd. ein. Auch die Importe sparen Geld, von dem die Apotheken nie auch nur einen Anteil sehen. Außer Spesen nichts gewesen und dafür dann noch Kassenrabatt.
Also gerne Einspareungen erarbeiten, dafür aber weg mit dem Kassenabschlag, denn die Einsparungen sind ja mit Arbeitsleistung verbunden.

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AW: Beeindruckend

von Peter am 17.08.2024 um 11:09 Uhr

1,45 Mrd? 5,8 Mrd
ABDA ZDF Seite 41
zzgl Herstellerabschlag Seite 35, 3,099 Mrd und zzgl 1,309 Mrd Zwangsrabatt von uns. Weiterhin abzuziehen die Zuzahlung iHv 2,44 Mrd Seite 42

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