Regierungsentwurf für Notfall-GEsetz

Die Rolle der Apotheken in der Notfall-Reform

Berlin - 18.07.2024, 14:50 Uhr

Auch Apotheken sind ein Teil der Notfall-Reform. (Foto: IMAGO / Michael Gstettenbauer)

Auch Apotheken sind ein Teil der Notfall-Reform. (Foto: IMAGO / Michael Gstettenbauer)


Der Gesetzentwurf für die Notfall-Reform, den das Bundeskabinett jetzt beschlossen hat, hat auch mit Blick auf die für Apotheken relevanten Bestimmungen kleinere Änderungen erfahren. Rund um den neu geplanten Versorgungsvertrag sind es vor allem sprachliche Nachjustierungen sowie Präzisierungen – gespickt mit einer neuen Ordnungswidrigkeit.

Das Bundeskabinett hat diese Woche den Entwurf für ein Notfall-Reformgesetz beschlossen. Damit kann nach der Sommerpause das parlamentarische Verfahren starten.

Ein Kernbestandteil der Reform ist, dass Integrierte Notfallzentren als sektorenübergreifende Notfallversorgungsstrukturen etabliert werden. Diese bestehen aus der Notaufnahme eines Krankenhauses, einer Notdienstpraxis der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) im oder am Krankenhausstandort und einer zentralen Ersteinschätzungsstelle.

Mehr zum Thema

Lauterbach bringt vier Gesetzesvorhaben durchs Kabinett

Kabinett mit vollem Programm – aber ohne Apothekenreform

ABDA-Stellungnahme zum Notfall-Gesetz

Absage an Parallelstrukturen und Dispensierrecht

Für die Apotheken von Bedeutung sind insbesondere die geplanten Regelungen zur Versorgung besagter Notdienstpraxen. Hierfür soll ein neuer Versorgungsvertrag ins Leben gerufen werden: Im Apothekengesetz soll unmittelbar nach dem Heimversorgungsvertrag (§ 12a ApoG) die Grundlage für Verträge notdienstpraxisversorgender Apotheken geschaffen werden (§ 12b ApoG neu). Nach erfolgter Ausschreibung können Apotheken einen solchen Vertrag mit der KV und dem Krankenhausträger, mit dessen Notaufnahme die Notarztpraxis ein Integriertes Versorgungszentrum bildet, schließen. 

An dieser schon im Referentenentwurf angelegten Vorschrift wurde nun nochmals gefeilt. Die grundlegende Kritik aus der Apothekerschaft, es würden unnötig Doppelstrukturen geschaffen, weil es bereits eine funktionierende Notdienstversorgung durch Apotheken gebe, blieb dabei allerdings unberücksichtigt. Es wurde im Wesentlichen nur sprachlich präzisiert – auch was eine mögliche zweite Offizin mit Lagerräumen am Standort der Notfallpraxis betrifft. Eine solche kann betrieben werden, wenn die öffentliche Apotheke, die den Versorgungsvertrag schließt, nicht in unmittelbarer Nähe zur Notfallpraxis liegt. In der Begründung heißt es dazu: „Diese zweite Offizin muss in angemessener Entfernung zur Betriebsstätte der Apotheke liegen, damit die apothekenleitende Person ihren Verantwortlichkeiten nachkommen kann. Dadurch soll eine notdienstpraxisnahe Versorgung von Patientinnen und Patienten der Notdienstpraxis ermöglicht werden.“

Neue Frist und neue Ordnungswidrigkeit

Neu gegenüber dem Referentenentwurf ist, dass ein solcher Vertrag der zuständigen Behörde nicht nur vorab vorzulegen ist, sondern auch, dass dies mindestens drei Wochen vor Aufnahme der Versorgung zu geschehen hat.

Überdies soll das Apothekengesetz mit Blick auf diesen neuen Vertrag nun um einen Ordnungswidrigkeitentatbestand ergänzt werden: Wer diesen nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig vorlegt, muss mit einer Geldbuße rechnen. Vergessen wurde bislang allerdings zu vermerken, ob es sich um eine Geldbuße bis 20.000 oder nur bis 5.000 Euro handeln soll.

§ 12b Apothekengesetz in der Fassung des Kabinettsbeschlusses vom 17. Juli 2024

(1) Der Inhaber einer Erlaubnis zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke kann zur Versorgung von Patienten einer Notdienstpraxis mit Arzneimitteln und apothekenpflichtigen Medizinprodukten einen Vertrag mit der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung und dem Träger des Krankenhauses, mit dessen Notaufnahme die Notdienstpraxis ein Integriertes Notfallzentrum bildet, schließen. Die Versorgung kann durch die öffentliche Apotheke erfolgen, wenn diese in unmittelbarer Nähe zur Notdienstpraxis liegt. Liegt die öffentliche Apotheke nicht in unmittelbarer Nähe zur Notdienstpraxis, kann die Versorgung durch den Betrieb einer zweiten Offizin dieser Apotheke mit Lagerräumen an dem Standort, an dem die Notdienstpraxis betrieben wird, erfolgen, wenn die Räume der zweiten Offizin in angemessener Nähe zu dieser Apotheke liegen.

(2) In einem in Absatz 1 Satz 1 genannten Vertrag ist insbesondere zu vereinbaren, dass

1. eine ordnungsgemäße Versorgung der Patienten der Notdienstpraxis mit Arzneimitteln und apothekenpflichtigen Medizinprodukten sichergestellt wird,

2. die Patienten und die Angestellten der Notdienstpraxis zu Arzneimitteln und apothekenpflichtigen Medizinprodukten informiert und beraten werden,

3. die Apotheke oder die zweite Offizin der Apotheke während der Öffnungszeiten der Notdienstpraxis geöffnet ist,

4. eine ordnungsgemäße Lagerung von Arzneimitteln und apothekenpflichtigen Medizinprodukten auch gewährleistet ist, soweit diese in Räumen an dem Standort, an dem die Notdienstpraxis betrieben wird, erfolgt, und der Zugang zu diesen Räumen dem Personal der Apotheke vorbehalten bleibt und

5. die freie Apothekenwahl der Patienten nicht eingeschränkt wird.

(3) Ein in Absatz 1 Satz 1 genannter Vertrag ist der zuständigen Behörde mindestens drei Wochen vor Aufnahme der Versorgung vorzulegen.

Nach wie vor ist vorgesehen, dass Apotheken mit dem entsprechenden Vertrag künftig einen pauschalen Zuschuss erhalten sollen. Und zwar für jede Kalenderwoche, in der sie während der Öffnungszeiten der jeweils betreffenden Notdienstpraxis geöffnet waren. Geregelt wird dies in § 20 ApoG, in dem bereits dir Grundlagen für die bisherige Notdienstpauschale zu finden sind – es handelt sich hier schließlich auch um einen Notdienst, wenn auch nicht um einen Vollnotdienst über Nacht. 

Etwas präzisiert wurde, wie diese neuen Notdienste zu melden sind und welche Aufgaben dem Deutschen Apothekerverband (DAV) dabei zufallen: Im Wege einer Selbsterklärung haben die notdienstpraxenversorgenden Apotheken dem DAV für jedes Kalenderquartal mitzuteilen, dass ein entsprechender Vertrag besteht und in wie vielen Kalenderwochen des jeweiligen Kalenderquartals sie während der Öffnungszeiten der jeweils betreffenden Notdienstpraxis geöffnet waren. Dem DAV wird aufgegeben, die Form und Näheres zum Inhalt dieser Erklärung festzulegen. Die Pauschalen werden dann vom DAV entsprechend der bekannten Notdienstpauschale festgesetzt. Zusätzliches Geld hierfür sieht das Notfall-Gesetz nicht vor, allerdings ist mit dem Apotheken-Reformgesetz eine Erhöhung des Zuschlags zur Sicherung der Notdienstversorgung geplant.

Der Gesetzentwurf geht davon aus, dass diese Erweiterung der Meldewege den DAV rund 500.000 Euro kosten wird. Dieser Betrag werde aus den Einnahmen des Nacht- und Notdienstfonds beglichen.

Arzneimittel und Medizinprodukte für höchstens drei Tage

Sprachlich gefeilt wurde überdies an der Regelung, die es Ärztinnen und Ärzten im Notdienst erlauben soll, begrenzt selbst Arzneimittel abzugeben. Zudem wird diese Möglichkeit auf Medizinprodukte ausgeweitet. So lange noch kein Vertrag nach § 12b ApoG besteht, sollen Ärztinnen und Ärzte einer Notdienstpraxis in der Notfallversorgung Arzneimittel wie auch Medizinprodukte für den akuten Bedarf abgegeben können. Beispielweise, wenn eine Antibiotikatherapie oder eine Schmerztherapie sofort begonnen werden muss, erklärt die Begründung hierzu. Dieser „akute Bedarf“ wird gegenüber dem Referentenentwurf präzisiert: Die mögliche Abgabe ist beschränkt auf eine zur Überbrückung benötigte Menge für längstens drei Tage, soweit im unmittelbaren Anschluss an die Behandlung ein Wochenende oder ein Feiertag folgt. Die Begründung stellt mit Blick auf Arzneimittel nunmehr auch klar, dass die Notdienstpraxen diese über den regulären Apothekenvertriebsweg in der Regel als Sprechstundenbedarf beziehen.


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


Diesen Artikel teilen:


3 Kommentare

Danke, für Nichts

von Stefan Haydn am 19.07.2024 um 14:22 Uhr

Vielen Dank. Die Dödel die dann außerhalb der Zeiten dieser Doppelstruktur, also nach 21 Uhr, gnädigerweise Dienst schieben dürfen, erhalten dann auch noch weniger aus dem Nacht- und Notdiensttopf.
Läuft!

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Nonsens!

von Uwe Hansmann am 18.07.2024 um 16:00 Uhr

Genauso wenig, wie einzelne Arztpraxen aktuell Dauerdienste in der Notdienstzentrale der KV schieben, wollen dieses ganz sicher auch nicht die Apotheken per Liefervertrag. Nicht anders ist diese geplante Regelung zu verstehen.
Man möge mich eines Besseren belehren.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Nonsens - richtig für die 90% Fläche

von ratatosk am 19.07.2024 um 9:15 Uhr

Für die Fläche haben sie völlig recht, aber das ist Karl ja egal, da er die Flächenversorgung ja vernichten will um zentrale Strukturen für seine geliebten Konzernstrukturen zu schaffen. Hier ist bei Facharztzentren an Kliniken z.B ein guter Einsatzort für solche Strukturen.
Wenn das mal als Einstieg durchgekommen ist , wird es einfach Schritt für Schritt erweitert, so hat schon seine Ulla gearbeitet um bewährte Strukturen zugunsten des Kapitals zu zersetzen.
Wenn man bereit ist wie Karl bildlich über Leichen zu gehen, dann ist für jeden mit etwas Weitblick zu sehen, wo er hin will, koste was es wolle für die Bevölkerung. In D hat die ländliche Bevölkerung nicht mehr viel Zeit vom Lande zu verschwinden, da die gezielte Desintegration der Versorgung durch solche Machenschaften immer gravierender wird. Dies gilt vor allem für ältere oder kranke Menschen, wer jung und gesund ist kann das Landleben noch etwas genießen, gut, man darf natürlich keinen ärztlichen Notdienst brauchen, dann wird es auch eng mit Karl.
Karl ist leider nicht in der Lage neben den natürlich offensichtlichen Vorteilen von Zentralisierung, deren Nachteile zu erfassen, da dies offensichtlich zu komplex für seine Vorstellungen ist, die doch recht eindimensional erscheinen. Neben einem einfachen Angebot - Nachfragemodell werden keine weiteren Einflußfaktoren mehr berücksichtigt.

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.