ABDA-Stellungnahme zum Notfall-Gesetz

Absage an Parallelstrukturen und Dispensierrecht

Berlin - 25.06.2024, 17:50 Uhr

Die Notfallversorgung soll reformiert werden. Welche Rolle spielen dabei die Apotheken? (Foto: IMAGO / Rust)

Die Notfallversorgung soll reformiert werden. Welche Rolle spielen dabei die Apotheken? (Foto: IMAGO / Rust)


Die ABDA begrüßt die grundsätzlichen Ziele der geplanten Notfall-Reform. Die zugehörigen Ideen zur Arzneimittelversorgung hält sie allerdings nur für „bedingt geeignet“, wie sie in ihrer Stellungnahme zum vorliegenden Referentenentwurf schreibt. Schließlich gebe es ein funktionierendes System der Dienstbereitschaft durch öffentliche Apotheken. Zudem gebe es keinen Anlass, ein Dispensierrecht für Notdienstpraxen zu etablieren.

Diese Woche Mittwoch hat das Bundesgesundheitsministerium (BMG) eine Reihe von Verbänden zu einer Videokonferenz geladen, um den Referentenentwurf für ein Gesetz zur Reform der Notfallversorgung (Notfall-Gesetz) zu erörtern. Bis diesen Dienstag konnten schriftliche Stellungnahmen eingereicht werden. Die ABDA hat die Gelegenheit genutzt – schließlich ist auch die Arzneimittelversorgung im Notfall Bestandteil der Reform. 

Geplant sind insbesondere neue Versorgungsverträge für Apotheken, die Notdienstpraxen der ebenfalls neu zu etablierenden Integrierten Notfallzentren beziehungsweise deren Patient*innen versorgen. Ein neuer § 12b Apothekengesetz soll dafür die Leitplanken aufstellen. Vertragsapotheken dieser Art sollen einen pauschalen Wochen-Zuschuss nach dem Vorbild der Notdienstpauschale erhalten.

So lange solche Verträge nicht bestehen, ist allerdings ein Dispensierrecht für die Ärzte und Ärztinnen der Notdienstpraxen vorgesehen. Sie sollen Arzneimittel „in einer zur Überbrückung benötigten Menge“ aushändigen dürfen, „soweit im unmittelbaren Anschluss an die Behandlung ein Wochenende oder ein Feiertag folgt“. 

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Die ABDA hatte schon in einem ersten Statement Bedenken geäußert, zudem waren die Pläne des BMG zuletzt in einigen Kammerversammlungen scharf kritisiert worden. Vor allem warnte die Apothekerschaft davor, Doppelstrukturen aufzubauen und unnötigerweise ein ärztliches Dispensierrecht zu etablieren.

Diese und weitere Kritikpunkte finden sich nun auch in der Stellungnahme der ABDA fürs BMG. Einleitend heißt es in dem sechsseitigen Dokument, es sei grundsätzlich zu begrüßen, dass die Verzahnung des ambulanten und des stationären Notdienstes verbessert werden soll, insbesondere um Fehl- oder Doppelinanspruchnahmen zu vermeiden. Allerdings sei der vorgelegte Referentenentwurf „nur bedingt geeignet, den Besonderheiten der Arzneimittelversorgung in Notfällen angemessen Rechnung zu tragen“.

Apotheke vor Ort sollte Vorrang haben

Die Verträge mit notdienstpraxisversorgenden Apotheken nach einem neuen § 12b ApoG lehnt die ABDA zwar nicht rundweg ab. So ist es in ihrem Sinne, dass diese nicht ins Belieben des jeweiligen Trägers der Notdienstpraxis gestellt sind, sondern es Vorgaben gibt. Im Idealfall, so die Standesvertretung, sollte die Arzneimittelversorgung der Patientinnen und Patienten einer Notdienstpraxis durch eine öffentliche Apotheke vor Ort erfolgen. Mit dieser ist dann auch besagter Versorgungsvertrag abzuschließen. Nur wenn dafür keine Apotheke verfügbar ist, könne gegebenenfalls Bedarf für eine zweite Offizin einer entfernteren Apotheke auf dem Gelände der Notdienstpraxis bestehen. Aus ABDA-Sicht sollte hier ein klares Rangverhältnis bestehen: Vorrang müsse die Versorgung aus einer personell und sächlich voll ausgestatteten Apotheke haben. 

Dispensierrecht nicht erforderlich

Sollte tatsächlich kein Vertragsschluss möglich sein, regt die ABDA an, zusammen mit der zuständigen Apothekerkammer „eine den lokalen Bedingungen gerecht werdende Versorgung der Patienten des Notfallzentrums (…) zu organisieren“. Vermeiden will sie auf jeden Fall, dass während einer vertragslosen Zeit ein ärztliches Dispensierrecht ermöglicht wird. Ein solches sei nicht erforderlich – schließlich bestehe ein funktionierendes System der Dienstbereitschaft der öffentlichen Apotheken. Dass der Referentenentwurf dies gar nicht berücksichtigt, ist für die Standesvertretung nicht verständlich. Überdies sei das Dispensierrecht nicht mit dem Grundsatz vereinbar, dass Apotheken gesetzlich die Sicherstellung der ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung obliegt.

Zu viele Fragezeichen beim Wochenzuschuss

Was den geplanten pauschalen Zuschuss für Apotheken mit einem Versorgungsvertrag betrifft, ist die ABDA ebenfalls nicht zufrieden. Zwar erscheine es sachgerecht, wenn Apotheken für ihren Aufwand einen angemessenen finanziellen Ausgleich erhalten. Doch es fehlten hierfür konkrete Regelungen. So wie es sich jetzt im Referentenentwurf darstellt, würden Mittel zur Förderung des Notdienstes zweckentfremdet und in der Folge die Notdienstpauschale vermindert. Und nicht nur das: Es gebe auch gar keine Leitplanken, die eine rechtssichere Berechnung und Auszahlung eines Pauschalbetrags durch den Nacht- und Notdienstfonds ermöglichten.

Letztlich hält die ABDA den Referentenentwurf in der vorgelegten Fassung für „überarbeitungsbedürftig“. Sollte der Gesetzgeber gleichwohl an diesen Überlegungen festhalten, bedürfte es einer Reihe von Korrekturen. Einige Anregungen und Vorschläge für Korrekturen hält die ABDA in ihrer Stellungnahme bereit.


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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