Gemeinsame Stellungnahme

„Enttäuschte Hoffnungen“ bei VdPP, vdää* und DBfK

Berlin - 16.07.2024, 09:15 Uhr

Die Eröffnung von Gesundheitskiosken, wie hier in Thüringen im Jahr 2022, hätten sich VdPP, vdää* und DBfK deutschlandweit gewünscht. (Foto: IMAGO / ari)

Die Eröffnung von Gesundheitskiosken, wie hier in Thüringen im Jahr 2022, hätten sich VdPP, vdää* und DBfK deutschlandweit gewünscht. (Foto: IMAGO / ari)


VdPP, vdää* und DBfK zeigen sich enttäuscht über die Pläne zur Apothekenreform und auch darüber, dass Lauterbach sein Versprechen zur Einführung von Gesundheitsregionen und -kiosken nicht eingelöst hat. Hinsichtlich der Arzneimitteltherapiesicherheit erwarten die Verbände keine Verbesserungen durch die Reformpläne. Sie fordern eine intensivere Kooperation zwischen Arztpraxen, Apotheken und Pflegeberufen.

In einer gemeinsamen Stellungnahme haben sich der Verein demokratischer Pharmazeutinnen und Pharmazeuten (VdPP), der Verein demokratischer Ärztinnen und Ärzte (vdää*) sowie der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) am vergangenen Freitag zur geplanten Apothekenreform positioniert. Die Arzneimittelabgabe in Filial- und Zweigapotheken ohne Anwesenheit von Approbierten lehnen sie ab. Die vorgesehenen Reformen würden weder das Fachkräfte- und Nachwuchsproblem lösen, noch seien sie geeignet, das Apothekensterben in der Fläche zu stoppen.

Keine Gesundheitsregionen und -kioske im GVSG

Außerdem seien geweckte Hoffnungen der Verbände enttäuscht worden. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hatte nämlich eigentlich durchblicken lassen, dass man sich am Kerngedanke einer „multiprofessionellen Herangehensweise in der Gesundheitsversorgung im Sinne von Public Health“ orientierte. Jedoch sei das BMG von diesem Ansatz offenbar abgerückt. Die Verbände verweisen auf die einst geplante bundesweite Schaffung von Gesundheitsregionen und -kiosken, die aus dem aktuellen Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) aber wieder herausgeflogen sind. Hier seien die Erwartungen „bitter enttäuscht“ worden.

Mehr zum Thema

Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz

Länder wollen Gesundheitskioske

Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz

Neuer Referentenentwurf: Doch keine Gesundheitskioske

Noch im März hätte Lauterbach beim Armuts- und Gesundheitskongress in Berlin versprochen, er werde für die Kioske kämpfen. Jedoch sei er letztendlich „vor der mächtigen Ärztelobby in die Knie gegangen“, kritisieren VdPP, vdää*, und DBfK.

Keine Verbesserung bei Arzneimitteltherapiesicherheit

Sie erwarten, dass sich die Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) für Patient*innen durch die Pläne zur Apothekenreform nicht verbessern wird. Die Verbände verweisen darauf, dass 6,5 Prozent der Vorstellungen in Notaufnahmen auf falsche Arzneimitteleinnahmen zurückzuführen sind. Jährlich kämen mehr Menschen durch Medikationsfehler zu Tode, als im Straßenverkehr. Das Modellprojekt ARMIN in den Ländern Sachsen und Thüringen habe eine belegbare Verbesserung der AMTS bewirkt, Mortalitätsraten bei Patient*innen verringert und zudem zu einer verbesserten Zusammenarbeit zwischen den Heilberufen beigetragen. Eine Ausweitung von ARMIN auf Bundesebene wäre demnach wünschenswert gewesen. 

Als Vorbild einer engeren Kooperation zwischen Arztpraxen und Apotheken wird zudem auf positive Erfahrungen mit medizinischer Versorgung in Apotheken, wie sie beispielsweise in Großbritannien („Pharamcy First“) seit einigen Jahren praktiziert wird, verwiesen.

Auch für das Verhältnis zwischen Pflegeheimen und heimversorgenden Apotheken wäre eine intensivere Zusammenarbeit notwendig, so die Verbände, jedoch würden dafür seitens der Politik keine finanziellen Anreize gesetzt.

„Unerfüllter Handlungsbedarf“ bestehe zudem in Hinblick auf die Folgen des Klimawandels: Um Hitzetoten insbesondere in den vulnerablen Gruppen vorzubeugen, seien Anpassungen bei der Arzneimitteltherapie erforderlich. Und dabei müssten pflegerische, pharmazeutische und medizinische Expertisen viel mehr als bisher ineinandergreifen, betonen die Verbände.

„Zur Bewältigung der heutigen und zukünftigen Herausforderungen brauchen wir niedrigschwellige, wohnortnahe interprofessionelle Teams in der regionalen Gesundheitsversorgung, in die auch die Pharmazeut:innen aus den Vor-Ort-Apotheken einbezogen werden müssen, um ihr Wissen rund um eine evidenzbasierte Pharmazie einbringen zu können.“ Die Pläne zur Apothekenreform leisteten dazu jedoch keinen Beitrag. 


Michael Zantke, Redakteur, DAZ
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.