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Evidenz vermisst
KBV hält nichts von Statinen zur Vorbeugung
Bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung sieht man die Pläne des Bundesgesundheitsministers, Statine zur Prävention kardiovaskulärer Ereignisse breiter einzusetzen, kritisch. Auch die mit dem Gesunden-Herz-Gesetz geplanten neuen Aufgabe für Apotheken seien eine „Grenzverletzung“.
Auch wenn das Parlament an diesem Wochenende offiziell in die Sommerpause geht: Die Exekutive, in diesem Fall die Bundesministerien, arbeitet natürlich weiter. Bis nächste Woche Dienstag sind die betroffenen Verbände aufgefordert, dem Bundesgesundheitsministerium eine Stellungnahme zum Referentenentwurf für ein „Gesundes-Herz-Gesetz“ (GHG) zukommen zu lassen.
Mit dem Gesetz will Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) die Vorsorge und Früherkennung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen stärken. Sie gelten schließlich als häufigste Todesursache – dabei sind sie vielfach durch eine Änderung des Lebensstils vermeidbar. Ein Bestandteil des geplanten Maßnahmenpaketes ist, die Verordnungsfähigkeit von Statinen zu stärken. „Vertragsärztinnen und Vertragsärzte erhalten die Möglichkeit, Statine für Patientinnen und Patienten frühzeitig und entsprechend ihrem individuellen Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu verordnen“, heißt es im Entwurf. In § 34 Sozialgesetzbuch V (SGB V) soll die entsprechende Anspruchsgrundlage für Versicherte geschaffen werden, gestaffelt nach Lebensalter und Risiko – zudem soll die Verordnung bei genetisch bestätigter familiärer Hypercholesterinämie möglich sein. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) soll überdies in seiner Arzneimittel-Richtlinie weitere Risikogruppen festlegen, für die Statine verordnet werden können.
KBV-Vize warnt vor Nebenwirkungspotenzial
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hat ihren Vizechef Stephan Hofmeister schon einmal in einem Videostatement zu Wort kommen lassen. Darin erklärt er, es sei absurd, mit der vom Bundesgesundheitsminister angeführten Begründung breiten Bevölkerungsschichten Statine anbieten zu wollen, vor allem auch schon Kindern. Dafür gebe es keine Evidenz. Prävention durch Medikamente sei „sicher der falsche Ansatz“. Sie sollte eher durch veränderte Lebensführung, Sport, Bewegung oder eine andere Ernährung erfolgen. „Das wäre wesentlich gesünder und für die Bevölkerung besser“. Für Hofmeister ist es „eine Bankrotterklärung zu sagen, wir geben jetzt den Leuten lieber Statine“. Er betont: „Das sind Medikamente mit erheblichem Nebenwirkungspotenzial.“
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Neben der fehlenden Evidenz widerstrebt dem KBV-Vize, dass das Ministerium hier über Versorgung entscheiden will. Es sei Aufgabe des Gemeinsamen Bundesausschusses festzulegen, welche Therapien, Untersuchungsmethoden und Medikamente in die Versorgung der breiten Bevölkerung kämen. „Nicht alles, was im ersten Moment sinnvoll und nützlich erscheint, ist bei genauerem Draufschauen so, das gilt auch für alle anderen Vorsorgen“.
Auch die geplanten neuen Beratungsangebote bzw. pharmazeutischen Dienstleistungen in Apotheken hält Hofmeister für „eine Grenzverletzung“. Es sei zwar nichts dagegen zu sagen, „dass in Apotheken auch mal Cholesterin gemessen wird oder Zuckermessungen stattfinden oder Blutdruckmessung im Rahmen einer erweiterten Selbstmessung“. Wenn es aber dann darum gehe, medizinische Beratung anzubieten, dann sei das Heilkunde – und der Ärzteschaft vorbehalten. „Die Apothekerin und Apotheker haben andere Aufgaben, die sie gut erledigen können und müssen“, so Hofmeister. Was ihm auch nicht gefällt: Apotheken sollen für solche Präventionsprogramme werben. „Das dürfen Ärztinnen und Ärzte nicht. Auch das ist eine Unwucht, die wir so auf keinen Fall akzeptieren können“.
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