Unterschiedliche Positionen

Petition mit Spaltpotenzial

04.07.2024, 17:50 Uhr

Vertieft die Petition aus Hessen die Gräben innerhalb der Apothekerschaft. (Foto: Hans-Martin Goede /AdobeStock)

Vertieft die Petition aus Hessen die Gräben innerhalb der Apothekerschaft. (Foto: Hans-Martin Goede /AdobeStock)


Mit der Einigkeit der Apothekerschaft während der Proteste im vergangenen Jahr ist es offensichtlich vorbei. Die unterschiedliche Auffassung darüber, was nun die richtige Reaktion auf den Referentenentwurf zur Apothekenreform ist, spaltet derzeit den Berufsstand. Eine Petition des Hessischen Apothekerverbandes hat das Potenzial, den Zwist noch zu verstärken.

Schweigen oder laut werden? Diese Frage entzweit derzeit die Apothekerschaft. Da ist auf der einen Seite die ABDA, die Karl Lauterbachs Reform rundweg ablehnt, aber Proteste zum jetzigen Zeitpunkt für falsch hält. Und auf der anderen die Seite die Basis, die ob der zumindest gefühlten Untätigkeit der Standesvertretung auf die Barrikaden geht. Von daher ist es wenig verwunderlich, dass der Hessische Apothekerverband (HAV), der die ABDA-Linie nicht mitträgt und zum Protest aufruft, derzeit viel Zuspruch bekommt. Ebendieser Verband hat zudem vergangene Woche eine Petition ins Leben gerufen. Unter dem Schlagwort „Keine Apotheken ohne Apotheker!“ fordert der HAV den Erhalt der wohnortnahen vollwertigen Arzneimittelversorgung.

Der Apothekerverband Schleswig-Holstein beispielsweise unterstützt diese Aktion und ruft seine Mitglieder zur Beteiligung auf. „Bitte unterzeichnen Sie selbst und sammeln Sie so viele Unterschriften wie möglich bei Ihren Patienten, im Familien-, Verwandten- und Freundeskreis“, heißt es im Rundschreiben. 

Auch bei der Mitgliederversammlung des Bayerischen Apothekerverbandes am gestrigen Mittwoch in München kam die Frage auf, wie mit den Petitionen – es gibt eine weitere von Apotheker Christian Fehske aus Hagen – umgegangen werden soll. Der BAV-Vorsitzende Hubmann sieht dieses demokratische Instrument zwiespältig. Petitionen seien Begehren von Bürgern, die sonst keine Möglichkeit hätten, auf ihre Belange aufmerksam zu machen, sagte er. Bei der Apothekerschaft sei das aber über die Verbände der Fall und die seien ja dran am Thema.

Hubmann empfiehlt, nicht zu unterzeichnen

Weiter sagte Hubmann, und zitierte dabei angeblich seinen bisherigen Vize-Präsidenten Josef Kammermeier, dass Petitionen oft lästig seien und das Gegenteil von dem bewirkten, was ursprünglich gewünscht sei. Den Einwand, es mache einen schlechten Eindruck, wenn nicht einmal die Apotheker*innen selbst mitmachten, ließ er nicht gelten. „Ich empfehle, nicht zu unterzeichnen, das geht stillschweigend vorbei“, so der BAV-Vorsitzende und ergänzte aber: „Jeder ist seines Gedankens freier Herr.“ Den kleinen Seitenhieb nach Hessen konnte er sich dann doch nicht verkneifen: „Absprache wäre sinnvoll gewesen“, so Hubmann weiter, aber der Initiator aus Hessen spreche sich mit niemandem ab. Er habe ja auch eine eigene Stellungnahme mit „delikaten Dingen“ eingereicht. Gemeint ist damit die Stellungnahme des „Expertenkreises“ zum Apotheken-Reformgesetz. Dort wird die Frage aufgeworfen, in welche Richtung sich das Berufsbild entwickeln soll – freier Beruf mit strenger Regulierung oder mehr Unternehmertum? Man müsse sich überlegen, wessen Interessen hier vertreten werden, so Hubmann.

LAK und LAV BaWü rufen zur Verbreitung auf

Die Landesapothekerkammer Baden-Württemberg weist ihre Mitglieder ebenfalls auf die Petition hin. Sie fordert allerdings nicht die Kolleg*innen direkt zum Unterzeichnen auf, sondern bittet, dass die Petition in im Freundes-, Verwandten- und Kollegenkreis, z. B. über die sozialen Medien, teilen. Außerdem sollen Patient*innen proaktiv auf die Petition und die verheerenden Folgen des geplanten Apotheken-Reformgesetzes hingewiesen und zur Unterstützung durch ihre Unterschrift animiert werden. Die Petition binde schließlich die Patient*innen ganz bewusst mit ein. Sie führe ihnen exemplarisch vor Augen, welche Leistungskürzungen durch die Reform drohten und welche negativen Auswirkungen das für sie bedeute, so die Kammer.  Es sei daher entscheidend, die Petition möglichst breit zu streuen.  

Die LAK BaWü vertritt offenbar genauso wie Hans-Peter Hubmann die Auffassung, dass die Apotheker*innen nicht Adressat dieser Petition sind, hält sie aber grundsätzlich offenbar schon für sinnvoll. Denn weiter heißt es: „Je mehr Menschen sich an der Petition beteiligen, desto größer wird der politische Druck. Wenn bis zur Kabinettsbefassung sehr viele Menschen unterschreiben, können wir ein deutliches Zeichen setzen. Beteiligen Sie sich dafür am besten noch heute.“

Der Landesapothekerverband BaWü unterstützt die hessische Petition ebenfalls und fordert beispielsweise auf Instagram zum „unterschreiben, teilen, weitersagen“ auf. 


Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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1 Kommentar

Petition

von Roland Mückschel am 04.07.2024 um 18:29 Uhr

So allmählich habe ich den Eindruck dass unsere so wichtigen und begnadeten Vertreter auf ihren dicken Apotheken sitzen und den kleinen Budenbesitzer empfehlen ja nichts zu machen.
Causa?
Also mir fallen da nur die eigenen Interessen der Leuchttürme ein.

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