Umstrittene Mengenstaffel

Bleibt das Götz-Gutachten zum Apothekenhonorar unter Verschluss?

17.05.2024, 17:50 Uhr

Wie die DAZ erfuhr soll das Honorargutachten von Georg Götz unveröffentlicht zu den Akten gelegt werden. (Foto: photo 5000 /AdobeStock)

Wie die DAZ erfuhr soll das Honorargutachten von Georg Götz unveröffentlicht zu den Akten gelegt werden. (Foto: photo 5000 /AdobeStock)


Beim Wirtschaftsforum des Deutschen Apothekerverbandes attestierte der Ökonom Georg Götz zwar den Lauterbachschen Umverteilungsvorschlägen Untauglichkeit, das Apothekensterben bremsen zu können. Sein Alternativvorschlag zur Mengenstaffel dürfte aber sicher auch für Diskussionen innerhalb der Standesvertretung geführt haben. Götz‘ Gutachten ist bislang nicht veröffentlicht. Und das wird wohl auch erstmal so bleiben

Die ABDA hat zwei verschiedene Gutachten zur geplanten Apothekenreform in Auftrag gegeben. Sie wurden im April beim Wirtschaftsforum des Deutschen Apothekerverbandes vorgestellt. Eines davon, das vom ehemaligen Verfassungsrichter Udo di Fabio, wurde mittlerweile in voller Länge veröffentlicht. In dem anderen Gutachten ging es darum, zu analysieren, ob sich mit der schrittweisen Senkung des prozentualen Aufschlags auf 2 Prozent und einer gleichzeitigen Anhebung des Fixums, dem Apothekensterben etwas entgegensetzen ließe. Dazu hatte die ABDA den Volkswirt Professor Georg Götz von der Justus-Liebig-Universität Gießen beauftragt. Dieses Gutachten ist aber bislang nicht veröffentlich worden.

Wie die DAZ nun von mehreren Personen aus dem ABDA-Umfeld erfuhr, möchte die Standesvertretung den Inhalt des Gutachtens offenbar für sich behalten. Auf die Bitte um eine Stellungnahme dazu, dass das Gutachten unveröffentlicht zu den Akten gelegt werden soll, heißt es von der ABDA: „Wir stehen mit Prof. Götz weiterhin im engen Austausch bezüglich des Honorar-Gutachtens. Einen Zeitpunkt der Veröffentlichung können wir derzeit noch nicht nennen.“ Ein Dementi sieht anders aus.

Dass das Gutachten zur Geheimsache erklärt wurde, ist wenig überraschend. Zwar stellte Götz gleich zu Beginn seines Vortrags beim Wirtschaftsforum klar, dass die Ansätze Lauterbachs existenzgefährdete Apotheken sicher nicht retten werden. Sie würden den Sterbeprozess nur marginal verzögern – also eigentlich das, was die ABDA sich vermutlich von dem Gutachten erhofft hat.

Problematische Mengenstaffel

Stein des Anstoßes könnte aber sein Lösungsvorschlag sein, wonach bis zu einer definierten Abgabemenge ein höheres Fixum gezahlt werden soll, für jede darüberhinausgehende Packung ein niedrigeres, das jedoch mindestens kostendeckend sein müsse.

Als Schwellenwert zogen die Studienautoren eine Packungszahl von etwa 15.000 Stück heran. Denn das entspreche grob dem, was besonders umsatzschwache Apotheken abgeben.

Unter der Voraussetzung, dass kein zusätzliches Geld ins System fließen soll, die existenzbedrohten Apotheken aber in ausreichendem Maße unterstützt werden, müsste demnach das obere Fixum bei 10,92 Euro (9,43 Euro nach Apothekenabschlag) liegen, das untere bei 7,49 Euro (6 Euro nach Apothekenabschlag). Dabei bleiben Götz und Kollegen „in der Denkwelt des BMG“ – der Apothekenabschlag wird also auf 1,77 Euro brutto (1,49 Euro netto) zurückgeschraubt, die Marge auf 2 Prozent gesenkt. In dieser Konstellation bekämen die Apotheken mit einem Jahresumsatz von weniger als 1 Million Euro im Mittel knapp 33.400 Euro extra, die Apotheken mit einem Jahresumsatz von 3 Millionen Euro oder mehr würden im Schnitt mit fast 30.000 Euro belastet.

Setzt man demgegenüber voraus, dass die umsatzstarken Apotheken nicht belastet werden sollen, ergibt sich ein unteres Fixum von 8,14 Euro (6,65 Euro nach Apothekenabschlag) pro Packung, das obere Fixum bliebe bei 10,92 Euro. Daraus folgten Mehrausgaben für die Gesetzliche Krankenversicherung in Höhe von rund 310 Millionen Euro jährlich.

Fondsystem als Alternative

Auch wenn der Volkswirt während seines Vortrags immer wieder betonte, dass die verwaltungsrechtliche Umsetzung nicht Gegenstand des Gutachtens gewesen sei, wurde klar: Mit der Mengenstaffel, wie er sie im Zuge seines Vortrags vorstellte, müsste man möglicherweise die Gleichpreisigkeit opfern und damit eine der roten ABDA-Linien überschreiten. 

Auf Nachfrage der DAZ sagte Götz allerdings, der gewünschte Effekt lasse sich auch durch eine Art Bonussystem erreichen: Zunächst könnten demnach alle Apotheken die Arzneimittel für den Preis abgeben, der sich nach dem unteren Fixum ergibt. Im Anschluss werde dann für die ersten 15.000 Packungen eine Sonderzahlung fällig. Die könnte beispielsweise über einen Fonds realisiert werden, ähnlich dem Nacht- und Notdienstfonds. 

 


Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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6 Kommentare

Götz Gutachten

von Jörg Wilhelm Nolten am 21.05.2024 um 9:14 Uhr

Na, da werden sich die Altenheime aber freuen, wenn wir die defizitären Bereiche komplett aus der Versorgung streichen. Im Ernst : Ideen ersetzen keine Unwissenheit . Peinlich für alle Beteiligten, dass man nicht miteinander korrespondiert. Die Rechtsabteilung der ABDA schläft aber auch in anderen Bereichen. Das Urteil vom OLG Hamm vom 21.06.2023 zu der Wertigkeit des Apothekennotdienstes wäre vermeidbar gewesen. Der vorsitzende Richter wäre bereit gewesen für eine Institution einen Präzedenzfall zu schaffen, die hätte dann aber auch die Beiladung annehmen müssen... Aber solange die DAZ-Redaktion und die PZ schweigen , ist ja alles gut...

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Völliger Irrsinn

von KFM am 18.05.2024 um 14:35 Uhr

Offensichtlich hat der „Gutachter“ (noch ein Experte, LOL)
keine Ahnung von Apotheken.
Wie kommt man auf die Idee, dass es noch Apotheken gibt, die auf Gewinn verzichten könnten, dazu noch auf so viel? Wie schon vorher beschrieben, ist eine Apotheke mit 3 Mio Durchschnitt. Einmal mehr wird nur auf den Umsatz geschaut, um damit die Gewinnkürzung zu rechtfertigen.
Ich unterstelle mal die Rechnung, dass es ja nur 10% seien HILFE.

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AW: Völliger Irrsinn

von KFM am 18.05.2024 um 14:41 Uhr

Hihi, nun hat sich auch noch eine Null eingeschlichen. 1% natürlich.

Sonne….

von Ulrich Ströh am 17.05.2024 um 19:07 Uhr

Kann man eine Zeitlang wegschließen,
aber die Sonne wird es an den Tag bringen,
liebe Verantwortliche der ABDA‼️

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Todesstoß

von Stefan Haydn am 17.05.2024 um 18:52 Uhr

Eine Apotheke über 3Mio ist heute eine Durchschnittsapotheke. Da 30000 nach der Skonto-Geschichte zusätzlich herauszuziehen wäre der sofortige Tod, sofern der Inhaber rechnen kann.
Ich möchte den Wegfall dieser Mittelklasse mal durch kleinere oder größere Kollegen aufgefangen sehen.
Wir reden hier immerhin von so 220 bis 270 Patientenkontakten am Tag.

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Götz-Honorararreform

von Roland Mückschel am 17.05.2024 um 18:39 Uhr

Ja , ja.
Klar hält sich die ABDA bedeckt.
Man will keine Buden fördern.
Die können schließlich weg.

Ich denke die Buden halten die ABDA ebenso für verzichtbar.
Schande über diese Berufsvertretung.

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