ABDA, DKG, KBV und KZBV in der BundesPressekonferenz

Gemeinsam gegen eine versorgungsfeindliche Gesundheitspolitik

Berlin - 11.04.2024, 16:00 Uhr

ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening mit KZBV-Chef Martin Hendges, KBV-Chef Andreas Gassen und DKG-Chef Gerald Gaß (v. l.). (Foto: IMAGO / Political-Moments)

ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening mit KZBV-Chef Martin Hendges, KBV-Chef Andreas Gassen und DKG-Chef Gerald Gaß (v. l.). (Foto: IMAGO / Political-Moments)


Vertreter der ambulanten und stationären Gesundheitsversorgung haben erneut ein gemeinsames Signal an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach gesendet: Sie machen sich ernsthafte Sorgen um die flächendeckende Versorgung der Patientinnen und Patienten – und sie werden sich von ihm nicht auseinandertreiben lassen.  

Im Oktober 2023 haben die Spitzen von ABDA, Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV) und Kassenzahnärztlicher Bundesvereinigung (KZBV) in der Bundespressekonferenz schon einmal einen gemeinsamen gesundheitspolitischen „Notruf“ abgesetzt. ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening, KBV-Chef Andreas Gassen und KZBV-Chef Martin Hendges waren der Einladung des Vereins der Berliner Hauptstadtpresse gefolgt, um über den Zustand der Gesundheitsversorgung in Deutschland zur sprechen.

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Ein halbes Jahr später kamen die drei Vertreter*innen aus der ambulanten Versorgung erneut in der Bundespressekonferenz zusammen. Und sie haben noch weitere Unterstützung bekommen: Mit Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), war diesmal auch ein Vertreter aus dem stationären Bereich mit von der Partie. Ein durchaus bemerkenswertes Podium, denkt man an die Kämpfe, die die Berufsgruppen in der Vergangenheit miteinander ausgefochten haben.

Komplementäre Player

Doch von einem solchen „Lagerdenken“ will an diesem Donnerstag niemand etwas wissen – es stehen ganz klar die Gemeinsamkeiten im Vordergrund. Und das ist nicht nur der Ärger über die überbordende Bürokratie, der alle eint. Gassen betonte: „Wir sind die komplementären Player in der Versorgung der bundesdeutschen Bevölkerung“. Alle spielten dabei ihren besonderen Part, gemeinsam teile man aber die Sorgen: Denn diese komplementäre Versorgung, gehe in allen Bereichen den Bach runter.

So sorgen sich die Zahnärzte um die Parodontitis-Vorsorge und sich breitmachende, von Fremdinvestoren betriebene Medizinische Versorgungszentren (iMVZ). Den Ankündigungen des Bundesgesundheitsministers, solche Einflüsse zu regulieren, folgten bislang keinerlei Taten, wie Hendges beklagte. 

DKG mit erstem offiziellem Termin beim Minister

Die DKG wiederum sorgt sich um die Krankenhauslandschaft und damit um die stationäre Versorgung. Just diesen Donnerstag startet Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) Beratungsrunden zu seiner geplanten Krankenhausreform. Dabei kommt er mit den kommunalen Spitzenverbänden sowie den Verbandsspitzen der Gesundheitsverbände zusammen. Laut DKG-Chef Gaß ist dies die erste offizielle Einladung des Ministers an die DKG seit Beginn seiner Amtszeit – und das, obwohl die Krankenhausreform seit langem ein Top-Thema ist. 

Der KBV-Chef hat zwar schon häufiger einen Gesprächstermin bei Lauterbach wahrgenommen – doch der Effekt sei kein anderer als bei der DKG, betonte Gassen. Er höre sich freundlich an, was vorgetragen werde, inhaltliche Auswirkungen hätten die Gespräche aber nicht. Die KBV sieht Lauterbachs Klinikpläne ebenso kritisch wie andere seiner Projekte – doch alle Argumente ziehen am Minister vorbei. Besonders deutlich sei das etwa beim Cannabisgesetz gewesen, vor dem zahlreiche Ärzteverbände gewarnt hätten.

Overwiening: Mehr Entscheidungskompetenzen für Apotheker*innen

ABDA-Präsidentin Overwiening ging es in den bisherigen Gesprächen sicher nicht anders. Sie betonte, dass sich die Situation der Arzneimittelversorgung im vergangenen halben Jahr sogar verschlechtert habe. Nur noch rund 17.500 Apotheken gibt es – allein 2023 schlossen 500, dies entspreche der Apothekenanzahl in Thüringen. 

Auch die Lieferengpässe haben trotz des wohlklingenden „Arzneimittellieferengpassbekämpfungs- und Versorgungverbesserungsgesetzes“ nicht abgerissen, vielmehr wachse die Liste nicht verfügbarer Arzneimittel, so Overwiening. Doch die Möglichkeiten, den Engpässen in der Apotheke beizukommen, wurden eingeschränkt. Dabei wäre die Lösung so einfach, so die ABDA-Präsidentin: „Apothekerinnen und Apotheker erhalten endlich die ihrer Expertise entsprechenden Entscheidungskompetenzen zu jeder Tages- und Nachtzeit.“

Ernüchterung beim E-Rezept

In diese ohnehin angespannte Lage kommt seit diesem Jahr noch das E-Rezept dazu. Technisch war der Start sehr holprig: Ob TI-Ausfälle oder noch nicht signierte E-Rezepte – die Apotheken mussten und müssen viel Erklärungsarbeit leisten. Es drohe dabei die Gefahr, dass das Vertrauen der Patientinnen und Patienten in die digitalen Prozesse zerstört werde, mahnte Overwiening. Das wäre aus ihrer Sicht fatal. Sie ist vielmehr überzeugt, es sei eine berechtigte Erwartung an das Bundesgesundheitsministerium, dass das System sicher und stabil funktioniere – und zwar nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Praxis. Aber: „Anstatt sensibel und kompetent diese Probleme zu lösen, erfüllt das BMG im Alleingang und entgegen allen Warnungen lieber kommerzielle Wünsche von ausländischen Großkonzernen, indem es ihnen einen neuen, unsicheren Zugriff auf elektronische Rezepte ermöglicht“.

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Konkrete politische Forderungen hatten die vier Spitzenvertreter*innen an diesem Donnerstag nicht im Gepäck. Doch sie sind sich einig: Ohne unmittelbare politische Weichenstellungen seien dramatische Versorgungslücken zu erwarten. Dazu bedürfe es nachhaltiger Reformen, die die bestehenden Versorgungsstrukturen stärken. Und: Die Bürokratielast muss abgebaut werden.

Vor allem aber wünschen sie sich eine deutlich bessere Kommunikation mit dem Bundesgesundheitsminister: Diese müsse schon stattfinden, bevor die Gesetzentwürfe vorliegen und ins parlamentarische Verfahren starten. Man will dabei auch als Expert*innen zurate gezogen werden – und nicht nur als Lobbyvertreter*innen abgekanzelt werden. Es gehe ums Wachrütteln, so Gassen. 

Für Overwiening ist nicht zuletzt wichtig, den Zusammenhalt der Berufsgruppen zu trainieren und dem Minister deutlich zu machen, dass man sich nicht auseinandertreiben lasse. Gemeinsam sichere man die Versorgung für die Menschen – das sei eine so große Schnittmenge, dass ihr einzelne Punkte an den Seiten, an denen man nicht übereinstimmt, nichts anhaben könnten. 

Auch wenn jede Organisation für eine bestimmte Berufsgruppe stehe: „Wir wissen voneinander, dass wir die Versorgung nur miteinander gewuppt bekommen“, so Overwiening. Dieses interdisziplinäre und intersektorale Zusammenspiel müsse man auch der Politik nochmals verdeutlichen. Wenn die Politik versuche „Teilen und Herrschen“ zu spielen müsse klar sein: „Mit uns ist das nicht möglich“.


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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