Durchfallerkrankungen

Clostridioides difficile-Infektionen: deutsches Therapieschema aktualisiert

Stuttgart - 29.11.2023, 15:15 Uhr

Schon wieder Durchfall? Rezidive sind bei Infektionen mit Clostridioides difficile keine Seltenheit. (Foto: nito / AdobeStock)

Schon wieder Durchfall? Rezidive sind bei Infektionen mit Clostridioides difficile keine Seltenheit. (Foto: nito / AdobeStock)


Die S2k-Leitlinie Gastrointestinale Infektionen wurde überarbeitet. In einem ihrer Kapitel widmet sie sich auch Infektionen mit Clostridioides difficile – einem Erreger, der die häufigste Ursache für nosokomiale Diarrhöen darstellt. Eine wichtige Änderung: Wie seit 2021 schon in der europäischen Leitlinie, spielt nun auch in der deutschen Metronidazol nicht mehr die Hauptrolle. Wie sieht das Therapieschema jetzt also aus?

Nosokomiale Diarrhöen gehört zu den häufigsten Komplikationen bei hospitalisierten Patient:innen. Und sie hat zahlreiche Folgen: Morbidität und Mortalität steigen, ebenso die Krankenhausverweildauer. Zudem ist bei infektiöser Ursache eine Ausbreitung zu vermeiden, wodurch umfangreiche Hygienemaßnahmen nötig werden. Und dies treibt die Behandlungskosten in die Höhe [1].

Mehr zum Thema

Rückblick, Status quo und Perspektiven im Umfeld der aktualisierten ESCMID-Leitlinien

Optionen gegen Clostridioides difficile

Ein möglicher Auslöser von nosokomialen Diarrhöen sind Nebenwirkungen der eingesetzten Arzneimittel, insbesondere von Antibiotika. Oft ist jedoch eine Infektion ursächlich. Anders als bei ambulant erworbenen Durchfallerkrankungen dominiert bei den infektiösen nosokomialen Diarrhöen neben den auch ambulant häufigen Noroviren Clostridioides difficile das Erregerspektrum. Und während eine Norovirus-Infektion symptomatisch durch den Ersatz des verlorenen Flüssigkeitsvolumens und der Elektrolyte therapiert wird, ist bei nahezu allen Patient:innen mit einer Clostridioides-difficile-Infektion (CDI) – unabhängig davon, ob die Infektion ambulant oder nosokomial erworben wurde – eine Antibiose angezeigt: „Nur bei leichtem Krankheitsbild kann bei Patienten ohne Risikofaktoren nach Absetzen des auslösenden Antibiotikums und unter engmaschiger klinischer Beobachtung der Spontanverlauf abgewartet und auf eine spezifische Therapie verzichtet werden“ [1].

Metronidazol weicht Fidaxomicin und Vancomycin

Eben bei dieser antibiotischen Therapie gab es in den letzten Jahren Bewegung. Das ehemalige Erstlinien-Präparat Metronidazol musste 2021 bereits in der Europäischen Clostridioides-difficile-Leitlinie seinen Platz an der Behandlungsspitze räumen [2]. Nun zieht die deutsche S2k-Leitlinie Gastrointestinale Infektionen in ihrer Überarbeitung nach – zugunsten von Fidaxomicin und Vancomycin [1].


„Die Primärtherapie soll mit Fidaxomicin 2 x 200 mg / Tag p.o. oder Vancomycin 4 x 125 mg / Tag p.o. über 10 Tage erfolgen. Bei erhöhtem Rezidivrisiko soll Fidaxomicin eingesetzt werden.“

Aus der Leitlinie Gastrointestinale Infektionen, November 2023 [1]


Zu dem Patientenkollektiv mit einem erhöhten Rezidivrisiko und somit einer soll-Empfehlung für Fidaxomicin zählen Menschen

  • >65 Jahre,
  • mit einem Rezidiv oder einer Hospitalisierung in den letzten drei Monaten,
  • welche die CDI nosokomial und nicht ambulant erworben haben sowie
  • mit einer Verordnung eines Protonenpumpen-Inhibitors während oder nach einer CDI-Episode.

Metronidazol kann lediglich noch bei Patient:innen mit leichtem Krankheitsbild und ohne Risikofaktoren sowie guter Compliance oder aber wenn keine enterale Therapie möglich ist, als parenterales Präparat eingesetzt werden. In letzterem Fall kann aber auch Tigecyclin verwendet werden.

Die Rückstufung des ehemaligen Goldstandards begründen die Autor:innen der Leitlinie mit einer soliden wissenschaftlichen Datenlage, welche die Unterlegenheit des Nitroimidazols gegenüber den nun präferierten Therapeutika in Sachen Therapieansprechen und Rezidivrate offenlegt [1].


„Dieser Effekt wird vermittelt über das deutlich schmalere Wirkspektrum von Fidaxomicin, welches eine Aufrechterhaltung der Diversität der Mikrobiota begünstigt. Über diesen Mechanismus kann sowohl die Rezidivrate als auch die Selektion von multiresistenten Bakterien reduziert werden.“

Aus der Leitlinie Gastrointestinale Infektionen, November 2023 [1]


Neben der gerichteten Antibiose sind als supportive Therapiemaßnahmen die Substitution von Flüssigkeit und Elektrolyten angezeigt. Weiterhin sollten, soweit möglich, auslösende Antibiotika, Motilitätshemmer inklusive Opiate und Protonenpumpen-Inhibitoren abgesetzt werden [1].

Was tun bei Rezidiven?

Rezidive sind bei CDI keine Seltenheit. Bei Patient:innen mit einem erhöhten Rezidivrisiko kann daher zusätzlich zu der Antibiose der Antikörper Bezlotoxumab zur Sekundärprophylaxe eingesetzt werden [1]. Bezlotoxumab bindet an das Clostridium difficile Toxin B und hat in seinen beiden Zulassungsstudien in einer gepoolten Auswertung das Rezidivrisiko von 26,6 auf 16,5 % reduziert [3].

Ist ein Rezidiv eingetreten, so richtet sich das therapeutische Vorgehen nach dem Antibiotikum, welches initial verwandt wurde. Kam hier Vancomycin oder Metronidazol zum Einsatz, sollte das Rezidiv nun mit Fidaxomycin therapiert werden. Wurde bereits initial mit Fidaxomycin gearbeitet, können nun Fidaxomycin plus Bezlotoxumab gewählt werden. 

Bei multipel rezidivierender CDI kann ein fäkaler Mikrobiotatransfer nach der Antibiose helfen. „In einer entsprechenden Metaanalyse wurde für alle Applikationsmethoden [Kapsel oder Einlauf, Anm. d. Red] gepoolt eine Wirksamkeit von 78,7% nach einer und von 93% nach multiplen Applikationen dargestellt.“ Bislang wird diese Therapieoption in Deutschland jedoch „nur im Rahmen von individuellen Heilversuchen und klinischen Studien angeboten“ [1]. 

Wünschenswert wären Maßnahmen zur Vermeidung einer Erkrankung. Diese kann die Leitlinie jedoch nicht liefern. So kann aufgrund heterogener Studienergebnisse keine Empfehlung für den prophylaktischen Einsatz von Probiotika gegeben werden. Auch eine antibiotische Prophylaxe ist aufgrund des unklaren Nutzen-Risiko-Verhältnisses keine Option: „Der prophylaktische Einsatz von Clostridioides difficile-spezifischen Antibiotika zur Prävention einer Clostridioides-difficile-Erkrankung wird nicht empfohlen“ [1].

Literatur

[1] S2k-Leitlinie Gastrointestinale Infektionen. Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten e.V. November 2023, register.awmf.org/de/leitlinien/detail/021-024

[2] Van Prehn J, et al. European Society of Clinical Microbiology and Infectious Diseases: 2021 update on the treatment guidance document for Clostridioides difficile infection in adults. Clin Microbiol Infect. 2021;27 Suppl 2:S1-S21. doi: 10.1016/j.cmi.2021.09.038.

[3] Fachinformation zu Zinplava, Informationen von MSD Sharp & Dohme GmbH, Stand Juni 2023


Dr. Gesa Gnegel, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (gg)
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

Orale Rehydratationslösungen häufiger einsetzen

Update „Gastrointestinale Infektionen“

Rückblick, Status quo und Perspektiven im Umfeld der aktualisierten ESCMID-Leitlinien

Optionen gegen Clostridioides difficile

Präparat zur Prävention von Rezidiven in den USA zugelassen

Mit fäkaler Mikrobiota gegen ­Clostridioides difficile

Clostridium-difficilE-Rezidive

Stuhltransplantation in einer Kapsel 

Antibiotika-assoziierte Diarrhö bei Kindern – zu jedem Antibiotikum ein Probiotikum?

Darm wieder in Balance

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.