Nachhilfe von Adexa

BMG gibt sich bei Apotheken-Gehältern unwissend

Berlin - 22.11.2023, 14:30 Uhr

In die Taschen der Apotheken-Angestellten wandert deutlich weniger Geld, als so manche Kund*innen und Politiker*innen denken. (Foto: Gorodenkoff / AdobeStock)

In die Taschen der Apotheken-Angestellten wandert deutlich weniger Geld, als so manche Kund*innen und Politiker*innen denken. (Foto: Gorodenkoff / AdobeStock)


Die Apothekenteams gehen derzeit nicht zuletzt deshalb auf die Straße, damit die vielfach am Limit arbeitenden Angestellten besser bezahlt werden können. Das Bundesgesundheitsministerium hat indessen offensichtlich keinen Schimmer, wie deren Gehaltssituation aussieht. Das geht aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Unions-Bundestagsfraktion hervor. Die Apothekengewerkschaft Adexa gibt nun Nachhilfe – geheim sind die Tarifverträge schließlich nicht. 

Die Unionsfraktion im Bundestag nimmt sich derzeit mit viel Elan den Sorgen der Apotheken an. Beim Apothekenhonorar ist zwar auch in der langjährigen Regierungszeit von CDU/CSU wenig geschehen, doch in der Opposition scheint sie erkannt zu haben, dass akuter Handlungsbedarf besteht. 

Vergangene Woche hat die Fraktion einen Antrag in den Bundestag eingebracht, der sich mit der Sicherstellung der Arzneimittelversorgung befasst und unter anderem fordert, das Fixhonorar „um einen angemessenen Betrag“ anzuheben. Überdies hat sie bei der Bundesregierung mit einer umfangreichen Kleinen Anfrage nachgebohrt. In 21 Fragen wollte sie Näheres über deren angedachte Maßnahmen zum Erhalt der Arzneimittelversorgung durch Apotheken in der Fläche erfahren.

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In seiner Antwort (Bundestags-Drucksache 20/9277) skizziert das Bundesgesundheitsministerium zunächst seine bereits bekannten Reformpläne: „Zum einen sollen Apothekenstandorte in der Fläche durch eine gezielte Umstellung der Vergütung gestärkt werden. Zum anderen werden die Apotheken durch Entbürokratisierung wirtschaftlich entlastet. Als Teil der Entbürokratisierung sollen zudem insbesondere Standortgründungen in strukturschwachen Regionen erleichtert werden.“

Auf die Frage, welche Maßnahmen geplant sind, um die infolge der hohen Zahl an unbesetzten Stellen bei pharmazeutischen Fachkräften entstehende Arbeitsüberlastung der Mitarbeiter und Inhaber zu reduzieren, verweist die Antwort unter anderem auf die Pläne für Filialen. So sollen unter anderem erfahrene PTA künftig „in bestimmten Konstellationen“ mit Telepharmazie-Unterstützung erweitert eingesetzt werden können – das ermögliche einen flexibleren Personalansatz. Insoweit geben die Antworten des Ministeriums wenig Neues her.

„Keine konkreten Erkenntnisse“ zur Einkommensentwicklung 

Die Unionsfraktion stellt auch Fragen zu den Gehältern der Apothekenangestellten. So will sie wissen, wie die Regierung deren massiven Kaufkraftverlust bewertet, „welcher ohne die überfällige Anpassung des staatlich festgelegten Arzneimittelhonorars pro Packung, das auch eine bessere Gehaltsanpassung der Apothekenmitarbeiter ermöglichen würde, nach Ansicht der Fragesteller mittlerweile exponentiell steigt“? Und weiter: Was will die Regierung tun, damit eine auskömmliche Vergütung wieder möglich ist? Es gehe schließlich um die Vermeidung von Altersarmut sowie die Stärkung der Attraktivität der Berufe. Die Antwort ist ernüchternd: „Der Bundesregierung liegen keine konkreten Erkenntnisse zur Einkommensentwicklung von Angestellten in öffentlichen Apotheken vor. Die Festlegung von Löhnen für Angestellte in Apotheken obliegt der Inhaberin beziehungsweise dem Inhaber der jeweiligen Apotheke.“

Adexa: PKA starten mit 5 Cent über dem neuen Mindestlohn

Das hat die Apothekengewerkschaft Adexa auf den Plan gerufen. Bundesvorstand Andreas May betont in einer Pressemitteilung: „Bei Gesprächen im Bundestag und mit diversen Gesundheitspolitiker:innen machen wir immer wieder auf die im Branchenvergleich niedrigen Tarifgehälter der Apothekenangestellten aufmerksam. Aber ich gewinne zunehmend den Eindruck, dass gerade das sozialdemokratisch geführte Haus die angestellten Beschäftigten nicht ausreichend auf dem Schirm hat – und dass insbesondere die Pharmazeutisch-technischen Angestellten (PTA) als größte Berufsgruppe in der Apotheke nicht ‚gesehen‘ werden“. May verweist darauf, dass PTA mit einem tariflichen Stundenlohn von gerade einmal 13,98 Euro einsteigen. PKA liegen beim Berufsstart mit 12,46 Euro nur 5 Cent über dem ab 1. Januar 2024 geltenden gesetzlichen Mindestlohn. „Daher empfinden es die Apothekenangestellten als Ohrfeige, wenn ihnen die Pflegekräfte als die wirklich schlecht verdienenden Gesundheitsberufe vorgehalten werden“, so May.

Info aus dem Bundearbeitsministerium

Gesetzlicher Mindestlohn steigt 2024 auf 12,41 Euro

Apothekengewerkschaft zu Lauterbachs Apotheken-Plänen

Adexa für bessere Honorierung statt „Apotheke light“

Mays Vorstandskollegin Tanja Kratt, Leiterin der Adexa-Tarifkommission, ergänzt: „Das Gehaltsgefüge insgesamt ist aufgrund der langjährigen Sparpolitik zu niedrig. Auch die angestellten Apothekerinnen und Apotheker verdienen im Vergleich mit anderen akademischen Berufen nicht üppig. Die Spielräume für die Tarifverhandlungen waren und sind durch die politischen Vorgaben gering“.

Und so steht die Apothekengewerkschaft derzeit im Protest an der Seite der Inhaber*innen – ein erhöhtes Fixum ist für beide unerlässlich. Zumal die Adexa in die Tarifverhandlungen für 2024 unlängst mit einer Forderung von 10,5 Prozent mehr Gehalt für alle Berufsgruppen eingestiegen ist. May: „Der Bundesregierung muss klar sein: Die 146.000 Apothekenangestellten können nicht von einem Dankeschön bei Festtagsreden leben. Die Apothekenteams brauchen deshalb mehr Geld im System – und zwar jetzt!“

Und damit das Bundesgesundheitsministerium nicht lange suchen muss, fügt die Adexa ihrer Pressemeldung auch gleich Grafiken und eine Tabelle zur Entwicklung der tariflichen Stundenlöhne von 2014 bis 2023 bei.


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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3 Kommentare

Wer ist denn zuständig?

von Kleiner Apotheker am 23.11.2023 um 11:46 Uhr

Arzneimittelgesetz § 78
"Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie wird ermächtigt,...
entsprechend der Kostenentwicklung der Apotheken bei wirtschaftlicher Betriebsführung anzupassen."

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Luftbuchungen, Falschaussagen und Kuhhandel

von Thomas B am 22.11.2023 um 20:05 Uhr

Es ist immer dasselbe: Die Apotheken sind dem BMG nichts wert, was man in Zahlen ausdrücken kann. Über eine Vergütung der ihm neu vorschwebenden Aufgaben für die ja so gut ausgebildeten Apotheker denkt man im BMG offensichtlich noch nicht einmal nach. Und nach Meinung der GKV sowieso überflüssig.....
Die Aussagen zu den Gehältern darf man als bewusste Falschaussage interpretieren. Erstens sind die Verträge öffentlich und zweitens zigfach kommuniziert. Aber O-Ton Lauterbach : "richtig schlecht verdient wird in der Pflege".
Die Lauterbachschen Pläne sind nichts als Luftbuchungen, Nebelkerzen oder die Zementierung seiner Meinung über einen ganzen Berufsstand. Zu den aktuellen (und auch zu den von Herrn Un-Lauterbach anvisierten Bedingungen) wird ganz sicher kein einziger Pharmazeut den Schritt in die Selbständigkeit gehen. Lediglich bereits bestehende Filialen werden degradiert und eben ein paar Jahre später geschlossen werden. Der versprochene Bürokratieabbau ist bis auf die unselige "A"-Regelung bei den BtM schon längst durchs Hintertürchen von der GKV für mind. 2 Jahre ausgehebelt worden, auch die Retaxrückführung besteht bisher nur auf dem Papier. Aber in Herrn Lauterbachs Zeit in der (Mit)verantwortung fallen zahlreiche neue, zusätzlich zu erbringende Leistungen der Apotheken, für die es bisher keinerlei (oder im Falle der Engpassbewältigung ein verhöhnend homöopathische) Gegenleistung gibt :Rabattverträge, PQ, securpharm, Rezepturdoku usw.
Kein Ansatz, die überfällige Bringschuld der vorgeschriebenen Honoraranpassung an die Kostenentwicklung, Leugnung und/oder fortgesetzt Ignoranz der Schieflage der Vor-Ort-Apotheken, kein Silberstreif am Horizont der Arzneimittelproduktion in Europa. Selbst die AOK (!) hat inzwischen erkannt, dass das System der Rabattverträge nicht mehr funktionieren kann und will in China Umweltkontrollen durchführen.
Das geplante Cannabisgesetz - sollte es überhaupt kommen können - ist handwerklich so miserabel, dass die EU es wohl kassieren wird. Und das den Apotheken als Bürokratieabbauerfolg anzupreisen ist schlicht eine Unverfrorenheit! Wer so dreist die Unwahrheit sagt und seine Kernaufgaben der Stellenbeschreibung so sträflich vernachlässigt, ist in seiner Position vollkommen fehlbesetzt und untragbar!
Wir werden ganz sicher keine einzige neue oder zusätzliche Leistung mehr erbringen, die nicht einer Vollkostenrechnung standhält! Unser Vertrauen in die Politik und unser berufsständisches Helfersyndrom sind restlos erschöpft! Ab sofort kommt erst der eigene Mund und dann die Hand des nächsten Hilfsbedürftigen. Und ich wünsche Herrn Lauterbach von Herzen, dass er niemals Hilfe braucht.....

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AW: Luftbuchungen, Falschaussagen und

von Alex D am 23.11.2023 um 11:07 Uhr

Sehr geehrter Herr Kollege,
ich muss ihnen in allen Punkten zustimmen.

Sogar und leider noch einen drauf legen:

Wer die Politik in den letzten 2 Wochen verfolgt hat weiß spätestens jetzt, dass Luftbuchungen ein gern gewähltes Instrument der Politik (gewesen) sind. Dies wurde ja jetzt vom Bundesverfassungsgericht einkassiert. Nun fehlen aber 60Mrd oder manche Experten schätzen sogar 200Mrd. Die ja sowieso nie da waren ("Sondervermögen". Mensch, ich habe auch verdammt viel Sondervermögen....), aber ausgegeben worden sind/ werden sollten..... Da braucht man als Apotheker doch keine Hoffnung mehr haben, dass für unsere Gruppe noch was übrig bleibt.....
Jetzt brennt die Hütte an ganz anderen Stellen (Kosten für Strom etc werden wohl wieder hoch gehen, mit all den Folgen etc.)
Aber es werden hopplahopp mal Kriegsmittel von 4 auf 8Mrd erhöht.
Ich habe nichts gegen eine Hilfe für andere. Aber sie sagen es richtig:
"Ab sofort kommt erst der eigene Mund und dann die Hand des nächsten Hilfsbedürftigen"
Das sollte doch eigentlich grundsätzlich so sein. Wieso? Wenn es uns nicht gut geht, dann können wir auch niemandem helfen. Wenn unsere Wirtschaft kaputt geht (gemacht wird!) dann können wir niemandem mehr helfen.

Wer schon mal die Sicherheitseinweisung im Flugzeug mitgemacht hat: Erst setze ICH mir die Sauerstoffmaske auf, BEVOR ich jemandem anderen helfe! Es bringt nichts, wenn ich während ich einem anderen helfe drauf gehe....
(Aber wenn man sich in dieser Richtung äussert, wird man sofort in eine bestimmte Ecke gedrängt! DAS setzt dem Ganzen noch die Krone auf)

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