Mitgliederversammlung AV Brandenburg

Overwiening: „Die werden kämpfen gegen uns“

Bad Belzig - 13.11.2023, 10:45 Uhr

Politik aus dem Tritt gebracht: ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening in Bad Belzig. (Foto: AVB)

Politik aus dem Tritt gebracht: ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening in Bad Belzig. (Foto: AVB)


Auf der 41. Mitgliederversammlung des Apothekerverbandes Brandenburg bewertete ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening die Öffentlichkeitsarbeit der vergangenen Wochen. Sie gab einen Einblick dazu, wie die Proteste die Sicht der Politik auf die Apothekerschaft verändert haben, erzählte aber auch, wie sie mit vulgärer Kritik umgeht – und was nach dem Protestmonat November zu erwarten ist.

ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening war in den vergangenen Tagen und Wochen sehr präsent. In einer Ansprache an die Apothekerschaft vor dem Protesttag in Hannover geißelte sie die „Seifenblasenpolitik“ und „Liberalisierungskapriolen“ von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). In einem Facebooktalk mit Kommunikationschef Benjamin Rohrer rief sie angesichts der kommenden Wochen zu Geschlossenheit und Beharrlichkeit auf.

So stellte sich die Frage, was sie wohl während ihrer Rede auf der 41. Mitgliederversammlung des Apothekerverbands Brandenburg in Bad Belzig sagen würde, was über das bereits in den Tagen zuvor Gesagte hinausgeht. Overwiening kam auch gleich auf die Öffentlichkeitsarbeit zu sprechen. Es sei das Ziel gewesen, „aufs politische Spielfeld zu kommen, das ist geglückt, wir sind in aller Munde“. Die Menschen seien sensibilisiert, jetzt gehe es darum, diese Sensibilisierung zu nutzen, um „unsere Punkte“ in der Politik „zu verankern“.

Dabei sei Politik ein Tauschmarkt, und man müsse etwas zu bieten haben. Die Apothekerschaft habe nun die Arzneimittelversorgung und auch damit auch den „sozialen Frieden“ zu bieten, das gehe aber nur mit einer adäquaten Honorierung. Derzeit könne der Auftrag der Apotheken nur wahrgenommen werden, „wenn wir selbstausbeuterisch arbeiten“. Aber das gehe nur bis zu einem bestimmten Maß. Es sei nun wiederum nicht die Aufgabe der Apothekerschaft zu sagen, woher dieses Geld zu kommen habe. „Dies will man uns zuschustern.“ Aber: Es sei die Verantwortung der Politik, sie müssen den Rahmen so abstecken, dass die Apothekerschaft ihrer Aufgabe nachkommen könne.

Zu den Protesten am 14. Juni sagte sie, die Geschlossenheit der Apothekerschaft hätte „die Politik völlig aus dem Tritt gebracht“. Bis zu diesem Zeitpunkt seien die Gespräche mit den Politikern „nett und freundlich“ gewesen. Nach dem 14. Juni sei niemand „von den Ampel-Leuten“ mehr freundlich gewesen. Sie hätten den 14. Juni als „Attacke gegen sie empfunden“ und seien „nervös“ geworden.

„Zuversicht und Geduld“

Die ABDA werde nun getragen vom Zuspruch aus der Kollegenschaft. In diesem Zusammenhang wurde Overwiening aber auch persönlich und kam auf gegen sie gerichtete Beleidigungen unter der Gürtellinie zu sprechen, die von einigen aus der Apothekerschaft in den sozialen Medien verbreitet würden. Dies seien aber sehr wenige, „und wenn die das nötig haben, dann ist das eine Selbstauskunft der Kollegen“.

Man habe also einige Erfolge vorzuweisen. Sie erinnerte an das Lieferengpass-Gesetz (ALBVVG), das mit den erweiterten Austauschregeln „ein Schritt in die richtige Richtung“ gewesen sei. Dies sei auch so gewollt von den Parlamentariern. Allerdings seien beispielsweise mit Blick auf den Streit mit dem GKV-Spitzenverband und auch den Null-Retaxationen Rückschläge zu verzeichnen. Man brauche nun „Zuversicht und Geduld“, um daran weiterzuarbeiten.

Hochpreiserdeckelung wird Thema

Bei der Honorierung hingegen sei das Erreichte „nicht ausreichend“. Da sei „die Sturheit in der Politik wirklich unfassbar heftig“. Die Nachvollziehbarkeit des Anspruches aber sei so klar, dass dies der Grund dafür sei, warum die Forderungen so kategorisch abgelehnt und die Apothekerschaft sogar „beschimpft“ werde. 60 Prozent Kostensteigerung in der vergangenen zehn Jahren bei 0 Prozent Anpassung: „Wenn wir etwas fordern würden, was absurd wäre, dann bräuchten die sich nicht aufzuregen.“ Gleichzeitig kritisierte sie, dass die Politik nun mit allerhand Einfällen versuche, Scheinalternativen anzubieten. So könne man sich beispielsweise darauf gefasst machen, dass die Hochpreiserdeckelung ein Thema werden dürfte.

Sie wünsche sich mehr Selbstbewusstsein in der Apothekerschaft. „Wir haben es nicht nötig, zu quengeln.“ Zum anderen wünsche sie sich Beharrlichkeit, Politik sei zäh. „Die werden kämpfen gegen uns“, so Overwiening. Aber deswegen müssten die Mogelpackungen und die Seifenblasenpolitik des Bundesgesundheitsministers entlarvt werden. Man müsse den Mut behalten, einen Schritt nach dem anderen gehen. „Es wird sich etwas ergeben, wir warten nicht darauf, dass uns die Trauben in den Mund fallen“.

Kongress möglich

In der sich anschließenden Diskussion kam dann unter anderem die Frage auf, wie es nach dem November weitergehen werde. Overwiening kündigte an, dass im Dezember und auch Anfang Januar die politische Kommunikation geschärft werde. Es gebe Gesprächsangebote auch zur Nachbesserung bei der Frage des Bürokratieabbaus. Was nun die nach außen gerichtete Kommunikation angehe, müsse man abwarten. Möglich sei aber beispielsweise, dass eine große Kundgebung in Berlin nötig werde. Vorstellbar sei aber auch ein Kongress, der diejenigen zusammenbringe, die die Regierung beraten – wer dies konkret sein könnte, nannte die Präsidentin allerdings nicht. Festgelegt ist man also noch nicht. Das weitere Fortgehen werde man dann gemeinsam verkünden, sagte Overwiening.


Matthias Köhler, DAZ-Redakteur
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

!!!

von Dr. Radman am 13.11.2023 um 11:45 Uhr

Frau Overwiening ist wirklich sehr aktiv und gibt ihr Bestes. Aber der Rest des Vorstandes sind nicht zu gebrauchen. Selbstauskunft!

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.

von Anita Peter am 13.11.2023 um 11:19 Uhr

"Bei der Honorierung hingegen sei das Erreichte „nicht ausreichend“"

Wenn man nichts erreicht, ist es also "nicht ausreichend"? Ich formuliere das mal als Frage, nicht, dass es als "unter der Gürtellinie" empfunden wird.

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