Im Zweifel „einfach“ selber machen

In Netzwerken sich gegenseitig unterstützen und Mitarbeiter finden

14.09.2023, 09:15 Uhr

Ein Netzwerk kann helfen, zukunftsorientiert und erfolgreich eine Apotheke zu leiten. (Foto: Robert Kneschke/AdobeStock)

Ein Netzwerk kann helfen, zukunftsorientiert und erfolgreich eine Apotheke zu leiten. (Foto: Robert Kneschke/AdobeStock)


Im dritten Teil unserer Serie zum Thema erfolgreiche Personalgewinnung kommt eine Kollegin zu Wort, deren Start in den Beruf und schließlich auch in die Selbstständigkeit zunächst etwas holprig verlief: Über ihren Werdegang von einer eher unglücklichen Angestellten bis hin zu einer selbstbewussten Chefin – bald zweier Apotheken – berichtet Eva Wolfmüller aus Mannheim.

Ihren Schritt in die Selbstständigkeit hat sich Eva Wolfmüller reiflich überlegt. Zuvor war die Mannheimer Apothekerin als Angestellte in einer öffentlichen Apotheke tätig und in dieser Funktion zunehmend unglücklich. Ihre Beziehung mit ihren Vorgesetzten sei schwierig gewesen und auch die generelle Stimmung im Betrieb habe ihr fast die Freude an der Arbeit geraubt. 

Als sie schließlich beschloss, es in einer eigenen Apotheke besser zu machen, wurde sie in ihrem beruflichen Umfeld für diesen Plan belächelt. Man habe ihr nichts zugetraut, außer dass sie die Apotheke gegen die Wand fahren werde, so Wolfmüller. Doch davon ließ sich die frisch gebackene Apothekenleiterin glücklicherweise nicht entmutigen und machte sich stattdessen hoch motiviert an ihre neue Aufgabe. 

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Wie Apotheken erfolgreich gegensteuern

Absprung nach der Bewerbung

Tatsächlich verlief der Start in die Selbstständigkeit mit ihrer „Apotheke Beyer“ in Mannheim Feudenheim alles andere als ideal. Gerade zu Beginn wurden viele Fehler gemacht, erkennt Wolfmüller heute. Viele Konflikte und einiges an abgewandertem Personal später hat sie erkannt, dass sich etwas ändern muss. Und mit der Corona-Pandemie, die gerade einmal zwei Jahre nach ihrer Apothekenübernahme alles veränderte, wurde aus diesem Eindruck ein Entschluss. 

In dieser Zeit fühlte Wolfmüller sich sehr unsicher, insbesondere im Angesicht einiger gänzlich neuer Herausforderungen. Unter anderem musste sie sich von einer Approbierten trennen. Diese hatte, trotz der im Jahr 2020 noch ungewohnten pandemischen Lage, nicht auf ihren Auslandsurlaub verzichten wollen und dafür auch eine potenzielle Gefährdung des Teams sowie der Kundschaft in Kauf genommen. 

Mittels kurzfristiger Home­office-Regelungen versuchte die Apothekenleiterin, die Situation für alle Beteiligten bestmöglich zu lösen. Letztendlich musste sie sich doch von der Mitarbeiterin trennen. Hieraus resultierte allerdings ein personeller Engpass, den Wolfmüller gerade in dieser für die Apotheken sehr arbeitsintensiven frühen Phase der Pandemie schnell beheben wollte.

Wertschätzung, Offenheit und Loyalität als Basis

Bei der Suche nach neuem Personal wurde sie auf das Thema Apotheken-Coaching aufmerksam. Nach einem ersten, neugierigen Telefonat mit einer Anbieterin war sich Eva Wolfmüller sicher, dass sie nicht nur eine neue Apothekerin brauchte, sondern auch Unterstützung beim Ausbau ihrer Führungskompetenzen. Schließlich wollte sie es ja besser machen als ihre damaligen Vorgesetzten. 

Daher meldete sie sich bei einem solchen Programm an und lernte neben der richtigen Führung ihrer Apotheke auch vieles über sich selbst. Die eigenen Bedürfnisse, Werte und Trigger müssen einem erst einmal bewusst werden, so ihre Erfahrung, um diese im nächsten Schritt zu hinterfragen und schließlich in einen Zusammenhang mit dem direkten Umfeld setzen zu können. Durch den Blick auf sich selbst hat sich auch ihr Blick auf die anderen verändert. Ohne Wertschätzung, Offenheit und Loyalität kann sich kein echtes Team bilden, von dem man gerne ein Teil ist, weiß die Apothekenchefin jetzt. 

Mit der Zeit hat sich dann vieles in ihrem Betrieb geändert, und zwar nicht nur die personelle Ausstattung. Eine Mitarbeiterin beispielsweise kümmert sich als Feelgood-Managerin darum, dass es allen gut geht, kein Geburtstag vergessen wird, und fungiert darüber hinaus auch als Sammelstelle für Ideen des Teams, um das gemeinsame Miteinander noch weiter zu verbessern. Künftig möchte Wolfmüller auch das Thema Onboarding von neuem Personal mithilfe ihres bestehenden Teams stärker in den Fokus rücken, damit es im oftmals hektischen Apothekenalltag nicht mehr zu kurz kommt. 

Mittlerweile gibt es außerdem regelmäßige Gespräche mit den Mit­arbeitenden, Teambesprechungen mit Pizza und betrieblich gestellte Ge­tränke. Insgesamt sei der Umgang unterein­ander wertschätzender und auch konstruktiver geworden, was nicht zuletzt auf dem Vertrauen zwischen Apothekenleitung und Team beruhe. Wolfmüller selbst hat außerdem gelernt, sinnvoll zu priorisieren und nicht einfach die erstbeste verfügbare Arbeitskraft einzustellen. Der Mensch müsse zur Apotheke und in das Team passen. Kaltakquise und ähnliche unkonkrete Angebote von Recruiting-Firmen schlägt sie daher bewusst aus. 

Zusätzlich wird auch die Personalsuche anders als zuvor gestaltet: Unter anderem die sozialen Medien hat Wolfmüller in diesem Bereich für sich entdeckt und über diese auch schon erfolgreich Personal angeworben. Statt nur auf die üblichen Plattformen zu setzen, dreht die Apothekerin persönliche Videos oder formuliert liebevolle Gesuche für Facebook und Instagram, um die passende Person für ihr Team zu finden.

Ihre Mühen haben sich ausgezahlt. Eva Wolfmüller (links) und ihr Team wachsen gemeinsam weiter und gestalten auf diese Weise auch ihren Arbeitsplatz miteinander. (Foto: Privat)

Und der Erfolg gibt ihr recht: Neben Bewerbungen auf ihre Gesuche hat Wolfmüller sogar schon Initiativbewerbungen erhalten. Auch für die Zukunft plant sie, auf möglichst vielfältigen Plattformen auf ihre Apotheke aufmerksam zu machen, die anlässlich des fünften Jubiläums in „Apotheke Feudenheim“ umbenannt wurde.

 Und gutes zusätzliches Personal wird sie auch weiterhin brauchen, schließlich steht für Anfang kommenden Jahres ihre erste Filialeröffnung an. Eva Wolfmüller nimmt sich mittlerweile als Unternehmerin wahr, ihr Selbstbewusstsein ist durch das Coaching und die aufrichtige, selbstkritische Arbeit deutlich gestiegen. Mit ihrem Weg ist die Apothekerin mittlerweile sehr glücklich.

Exkurs: Social Recruiting als Chance

Eine Möglichkeit, vor allem junge passende Mitarbeiter zu finden, ist das sogenannte Social Recruiting. Dabei handelt es sich um eine moderne Art der Personalsuche über die sozialen Medien. Neben spezifischen Karriere-Netzwerken (z. B. Xing, LinkedIn) werden auch klassische freizeitorientierte Portale, wie beispielsweise Facebook und Instagram, für die Suche nach interessanten Persönlichkeiten genutzt. 

Und genau das ist das Neue an dieser Variante der Personalgewinnung: Der Mensch und seine Persönlichkeit stehen mehr im Mittelpunkt. Durch ihren privateren Schwerpunkt kann die Ansprache potenzieller neuer Beschäftigter auf sozialen Plattformen viel persönlicher, lockerer und individueller erfolgen, als dies für gewöhnlich der Fall ist [1, 2]. 

Das Social Recruiting bietet gerade für Arbeitgebende außerdem einige Vorteile. Man erreicht über diese Methode nicht nur Personen, die gerade aktiv auf der Suche nach einer neuen Stelle sind und sich auf Stellenanzeigen bewerben, sondern auch andere Fachkräfte. Viele Angestellte sind unzufrieden oder zumindest nicht glücklich an ihrem aktuellen Arbeitsplatz, der Leidensdruck ist jedoch eventuell noch nicht hoch genug, um sich aktiv auf die Suche zu begeben. Ein attraktives Jobangebot frei Haus könnte solchen Fachkräften dann den notwendigen Impuls zur Veränderung geben. 

Einige Karriereportale bieten ihren Nutzenden zusätzlich noch die Funktion an, das eigene Profil entsprechend zu kennzeichnen. So sehen interessierte Recruiter auf einen Blick, ob eine Person offen für Stellenangebote ist. Auch weitere Angaben wie das Wunschgehalt oder die wöchentliche Arbeitszeit können oftmals hinterlegt werden, sodass Arbeitgebende noch vor dem ersten Kontakt abschätzen können, ob die eigenen Vorstellungen und die der Person generell vereinbar sind. 

Neben den geringeren Kosten ist ein weiterer Vorteil im Vergleich zu den üblichen Recruiting-Maßnahmen, dass man gezielt auch bestimmte Altersgruppen ansprechen kann. Während auf Facebook mittlerweile eher Personen aktiv sind, die bereits über einige Jahre an Arbeitserfahrung verfügen, trifft man auf Instagram oder TikTok größtenteils auf ein jüngeres Publikum. Zusätzlich besteht natürlich auch die Möglichkeit, noch in Ausbildung stehende Menschen anzusprechen, um diese direkt nach ihrem Abschluss nicht an den offenen Arbeitsmarkt zu verlieren. 

Eine nicht zu unterschätzende Chance besteht außerdem darin, den eigenen Betrieb auf eine interessante und persönliche Weise darzustellen, um das Interesse von Jobsuchenden auf sich zu ziehen. Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels können sich Fachkräfte ihren Betrieb aussuchen. Dies sollten Arbeitgebende bei der Arbeitsplatzgestaltung sowie der Personalsuche im Hinterkopf behalten [2]. 

Laut einer empirischen Studie der Universität Bamberg wurde im Jahr 2020 rund jede sechste zu besetzende Stelle der deutschen Top-1000-Unternehmen in sozialen Netzwerken veröffentlicht. Zudem stiegen auch die von diesen Unternehmen durchgeführten Maßnahmen zur Professionalisierung ihres Einsatzes von sozialen Medien im Vergleich zum Vorjahr deutlich [3]. 

Die sozialen Medien sind also längst in unserer Arbeitswelt angekommen und werden sich wahrscheinlich auch nicht allzu schnell wieder verabschieden. Wer konkurrenzfähig bleiben möchte, sollte also mit der Zeit und auf interessante Kandidatinnen und Kandidaten zugehen.

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Mut aufbringen und unbekanntes Terrain betreten

Eva Wolfmüller steht auch im regen Kontakt mit zukunftsorientierten Apothekenleitungen aus dem gesamten Bundesgebiet. Sie haben ein Netzwerk gebildet, in dem sie sich gegenseitig unterstützen und austauschen. Man lernt so weiterhin voneinander, und auch das Gefühl des Zusammenhalts möchte die Apothekenchefin nicht mehr missen: „Wir sitzen alle im selben Boot. Wenn man da nicht zusammenhält, ist jeder allein.“

Unzufriedenen Angestellten kann sie guten Gewissens nahelegen, die Arbeitsstelle zu verlassen, wenn man dort unglücklich ist. „Nur für sechs Wochen Urlaub zu leben, das sehe ich nicht ein“, begründet Wolfmüller ihren Rat. Natürlich müsse man für einen Stellenwechsel erst einmal den Mut aufbringen und sich auf unbekanntes Terrain bewegen. Man hat auch nie die Gewissheit, ob die eigene Persönlichkeit dann auch zu dem bestehenden Team und dessen Apotheke passt, aber wenn man sich in seiner derzeitigen Stelle nicht wohlfühle, sei es einen Versuch wert. Schließlich weiß Wolfmüller aufgrund ihres Netzwerks: „Es gibt richtig geile Apotheken – such sie dir!“

Literatur

[1] Plew A, Social Recruiting: soziale Medien in der Personalbeschaffung. in: haufe-akademie.de, 31. August 2021, www.haufe-akademie.de/blog/themen/personalmanagement/social-recruiting-soziale-medien-in-der-personalbeschaffung/

[2] Göbel C. Social Recruiting nutzen – Apothekenfachkräfte erreichen! Wie die sozialen Netzwerke bei der Personalsuche helfen können. AZ 2023;29:6-7

[3] Weitzel T et al. Social Recruiting und Active Sourcing, in: uni-bamberg.de, 2020, www.uni-bamberg.de/fileadmin/uni/fakultaeten/wiai_lehrstuehle/isdl/Recruiting_Trends_2020/Studien_2020_01_Social_Recruiting_Web.pdf


Jessica Geller, Autorin, DAZ.online
redaktion@daz.online


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