EU-Versender wollen leichter ans E-Rezept heran

BMG sieht keinen Mangel an diskriminierungsfreien Einlösewegen

Berlin - 17.07.2023, 13:45 Uhr

Was meint das BMG zu den Beschwerden von DocMorris und Shop Apotheke, sie seien beim E-Rezept benachteiligt? (Foto: IMAGO / U. J. Alexander)

Was meint das BMG zu den Beschwerden von DocMorris und Shop Apotheke, sie seien beim E-Rezept benachteiligt? (Foto: IMAGO / U. J. Alexander)


Kurz nachdem zum 1. Juli die eGK als neue Abrufmöglichkeit für E-Rezepte eingeführt wurde, beschwerte sich DocMorris: Der Versender fordert den „diskriminierungsfreien volldigitalen Zugang zum E-Rezept“. Das BMG scheint allerdings keinen Handlungsbedarf zu sehen. Es verweist auf Nachfrage darauf, dass es diese diskriminierungsfreien Einlösemethoden bereits gebe. 

Seit gut zwei Wochen gibt es einen weiteren Einlöseweg fürs E-Rezept: Apotheken können elektronische Arzneimittelverordnungen nun auch über die elektronische Gesundheitskarte (eGK) abrufen. Versicherte müssen die Karte dazu nur in ein entsprechendes Terminal in der Apotheke stecken. Noch ist im Gematik-TI-Dashboard dadurch kein steiler Anstieg bei den E-Rezepteinlösungen zu erkennen. Der aktuelle Stand liegt bei 2.357.844 (17. Juli 2023, 00:30 Uhr). Insgesamt wurden in den vergangenen zwei Wochen knapp 144.000 E-Rezepte eingelöst. Wenn man im Gematik-Dashboard einen merklichen Anstieg seit 1. Juli erkennen will, so ist dieser wohl am ehesten bei den Downloads der E-Rezept-App der Gematik auszumachen.

Screenshot: www.gematik.de
Ein Blick auf das TI-Dashboard der Gematik am 17. Juli 2023 zeigt noch keine auffälligen Zuwächse bei der Einlösung von E-Rezepten seit 1. Juli 2023. 

Die EU-Arzneimittelversender DocMorris und Shop Apotheke schlugen vergangene Woche dennoch Alarm. Sie sehen sich durch den neue eGK-Einlöseweg benachteiligt. Bei ihnen kann schließlich rein praktisch kein:e Versicherte:r eine Karte ins Terminal stecken. In einer Pressemitteilung forderte DocMorris das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) vor diesem Hintergrund auf, „zeitnah benutzerfreundliche volldigitale Verfahren zur E-Rezept-Einlösung [zu] ermöglichen und die verpflichtende Umsetzung [zu] gewährleisten“.

Dass es diese gibt, liegt eigentlich auf der Hand. Doch DocMorris verwies auf die geringen Downloadzahlen bei der Gematik-App. Und die von den EU-Versendern auf ihrer Webseite besonders beworbene Möglichkeit, den Code zum E-Rezept auf einem Papierausdruck zu scannen und an sie zu schicken, sprach DocMorris in der Pressemitteilung gar nicht an.

BMG: Auch der Scan vom Arztterminal ist zulässig

Auch im BMG hat man offenbar kein rechtes Verständnis für die Klagen der Versender. Auf Nachfrage der DAZ erklärte eine Ministeriumssprecherin: „Für das E-Rezept stehen diskriminierungsfreie Methoden der Einlösung bei Versandapotheken zur Verfügung. Alle Versicherten in der GKV können über die E-Rezept-App der Gematik auf ihre Rezepte digital zugreifen und das E-Rezept einer Versandapotheke zuweisen.“ Zudem könne der QR-Code des ausgedruckten Tokens mit der App des Versenders oder der Gematik eingescannt und so eingelöst werden.

Was die DocMorris-Forderung betrifft, ein papierloses „Scan-Verfahren“ unter Nutzung der Kartenterminals in den Arztpraxen zu ermöglichen – eine Idee, die die E-Rezept-Enthusiasten eingebracht haben –, so erklärt das BMG schlicht: „Das Scannen des E-Rezept-Tokens von einem Kartenterminal oder Monitor ist rechtlich und technisch zulässig.“

BMG glaubt an Europarechskonformität des neuen Rx-Boni-Verbots

Und was sagt das BMG dazu, dass DocMorris und Shop Apotheke bei der EU-Kommission Beschwerde eingelegt haben – nicht nur wegen „der verzögerten und diskriminierenden E-Rezept-Einführung“, sondern auch gegen das mit dem Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken eingeführte Rx-Boniverbot im Sozialgesetzbuch V? DocMorris hatte dazu erklärt, dass die EU-Kommission das einst wegen des Rx-Boniverbots gegen die Bundesrepublik eingeleitete Vertragsverletzungsverfahren nur unter der Prämisse „eines diskriminierungsfreien Zugangs zur E-Rezept-Infrastruktur für EU-ausländische Online-Apotheken“ eingestellt habe. Die Kommission habe „anerkannt“, dass dieses Verbot gegen EU-Recht verstoße.

Die BMG-Sprecherin erklärt hingegen knapp, aber deutlich: „Die EU-Kommission hat das einschlägige Vertragsverletzungsverfahren, das sich auf die alte Fassung des § 78 AMG bezog, ohne Begründung eingestellt. Die Regelung in § 129 Absatz 3 SGB V ist nach Ansicht des Bundesministeriums für Gesundheit europarechtskonform.“

Tatsächlich findet sich auf der Webseite der EU-Kommission zu Vertragsverletzungsverfahren kein Hinweis auf einen begründeten Einstellungsbeschluss. Zwar finden sich im Zusammenhang mit dem Verfahren („Issue of Applicability of German Price Regulation on Pharmaceuticals“) Ausführungen zur angenommenen Europarechtswidrigkeit. Aber diese stammen aus dem März 2019, also einer Zeit, da das neue Rx-Boni-Verbot im Sozialgesetzbuch V noch gar nicht galt.


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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1 Kommentar

Na sowas?

von Michael Weigand am 17.07.2023 um 15:06 Uhr

Also entweder sind die Konzerne aus Holland zu blöd, um das deutsche eRezept zu verstehen und damit sicher zu beliefern oder die Herrschaften sind dahingehend auch für unseren Staat und dessen Entscheidungsfreiheit gefährlich, da diese trotz besseren Wissens wiedermal Deutschland verklagen...
Für alle, die es in Holland noch nicht geschnallt haben: Das Rezept landet bei der gematik...immer immer immer....egal wie der Kunde es einlösen will. Wenn es nach den steuersparenden rosinenpickenden Konzernen geht, müsste der Patient wohl automatisch sein Rezept nach Holland schicken und nur wenn dieser in dreimaliger schriftlicher notarieller Ausführung (damit möglichst viele Kosten entstehen) dem automatischen Versand nach Holland widersprochen hat, dann darf (aber eigentlich nur bei Rezepturen) die Vorort-Apotheke tätig werden....

Spätestens jetzt sollte dem letzten Politiker, der sich von den Versendern die Ohren voll heulen hat lassen, klar werden, was das für Vereine sind...denen ist nichts gut genug....die wollen nicht gleiche Rechte, sondern Bevorzugung. Will die deutsche Politik nicht endlich mal diesen Kraken Einhalt gebieten. Diese Typen vernichten hier Arbeitsplätze und schaffen ein paar neue im Ausland (deswegen findet der niederländische Staat docmorris auch so toll...)...gleichzeitig meines Wissens immer in roten Zahlen (seit mehr als 20 Jahren)...kein normaler Betrieb würde das überleben...das hält die deutsche Politik für gesundes Wirtschaften? Oder ist das eher aus Steuervermeidung (noch besser...sollen die anderen doch die Straßen zahlen?)

Es wird höchste Zeit für eine Infrastruktursteuer auf Waren aus dem Versandhandel. Die Steuer-vermeiderDocmorris oder Amazon benutzen die von uns finanzierten Straßen, um unseren Mittelstand zu vernichten. Und die Politik schaut zu...oder noch besser...diese Regierung fängt sogar schon bei den Kindern an zu sparen (tja Ben-Luca...bald gibts weniger Geld vom Staat....aber Hauptsache europäischen Großkonzernen gehts gut....sonst wissen unsere Abgeordneten gar nicht mehr, wo sie später mal Arbeit finden)

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