SARS-CoV-2 Variante XBB.1.16

Arcturus – steht eine neue COVID-19-Welle in den Startlöchern?

Düsseldorf - 20.03.2023, 17:50 Uhr

XBB.1.16 aka Arcturus ist nun eine Weiterentwicklung von „Hyppogryph“ und bringt einige neue Mutationen mit sich, die durchaus besorgniserregend sind. (Bild: sean / AdobeStock)

XBB.1.16 aka Arcturus ist nun eine Weiterentwicklung von Hyppogryph und bringt einige neue Mutationen mit sich, die durchaus besorgniserregend sind. (Bild: sean / AdobeStock)


Weltweit ist die Zahl der Neuinfektionen mit SARS-CoV-2 auf einem Tiefststand seit Beginn der Pandemie im März 2020. Doch Nachrichten aus Indien lassen aufhorchen. Eine neue rekombinante Untervariante von Omikron namens XBB.1.16 aka „Arcturus“ sorgt wohl gerade für einen drastischen Anstieg der Neuinfektionen um rund 281 Prozent innerhalb von 14 Tagen. Indische Experten warnen bereits die Welt.

Für Panik ist es sicherlich noch zu früh – doch, die jüngsten Entwicklungen in Indien veranlassen den Experten Vipin Vashishta, Kinderarzt, Forscher am Mangla Hospital and Research Center im indischen Bijnor und Mitglied der WHO-Vakzin-Gruppe zu folgender Aussage auf Twitter: „Alle Augen sollten auf Indien gerichtet sein! Wenn es XBB.1.16 alias #Arcturus gelingen könnte, die ‚robuste‘ Bevölkerungsimmunität von Indern zu durchbrechen, die dem Ansturm von Varianten wie BA.2.75, BA.5, BQs, XBB.1.5 erfolgreich widerstanden haben, dann muss sich die ganze Welt ernsthaft Sorgen machen!“

Um 281 Prozent sind die Fallzahlen in ganz Indien innerhalb von 14 Tagen gestiegen, von nur rund 300 neuen Fällen nun erstmals wieder über 1.000 neuen Fällen täglich Mitte März.

XBB.1.16 ist der Name der neu aufgetauchten rekombinanten Untervariante der Omikron-Variante des COVID-19-Erregers SARS-CoV-2. Seit einiger Zeit bekommen die neuen, allmählich genetisch unübersichtlich werdenden Untervarianten der sich breit diversifizierenden Omikron-Variante eigene Spitznamen. Der von XBB.1.16 ist nun Arcturus – benannt nach dem hellsten Stern am Nordhimmel im Sternbild Bärenhüter, der weltweit zu sehen ist.

Die „Greifen-Familie“ ist weltweit dominierend geworden

Die Bezeichnung XBB deutet dabei darauf hin, dass es sich um eine Rekombinante zweier Untervarianten von Omikron handelt. XBB selbst (ohne weitere Zahlen) ist dabei die „Mutter“ dieser sogenannten „Gryphon (Greifen)-Familie“ mit eben jenem Namen Gryphon. Sie stammt von den Omikron-Untervarianten BA.2.10 und BA.2.75 ab und hat sich bereits vielfach weiterentwickelt. XBB.1 aka Hyppogryph (Hipogreif) ist eine der bekannten, die weltweit grassiert, ebenso die Untervariante XBB.1.5 aka „Kraken“, die im Dezember 2022 zur dominanten Variante in den USA wurde. Insgesamt hat die XBB-Familie die zuvor dominanten Omikron-Untervarianten BA.5 und BA.2 weltweit größtenteils verdrängt und baut seine Prävalenz laut aktuellem Bericht der Weltgesundheitsorganisation WHO noch aus.

XBB.1.16 aka Arcturus ist nun eine Weiterentwicklung von Hyppogryph und bringt einige neue Mutationen mit sich, die durchaus besorgniserregend sind.

Arcturus besitzt gegenüber der bereits als besorgniserregend geltenden Kraken-Rekombinante noch drei zusätzliche Spike-Mutationen. Diese sind E180V (also Glutaminsäure an Position 180 ersetzt durch Valin), K478R (Lysin ersetzt durch Arginin an Position 478) und S486P (Prolin statt Serin an Position 486). Außerdem gibt es Mutationen im ORF9b, nämlich I5T und N55S (Threonin statt Isoleucin an Position 5 und Serin statt Asparagin an Position 55). ORF steht für „Open Reading Frame“, das ORF9b ist ein innerhalb des N-Gens (Nucleocapsid) gelegenes Gen für ein Virusprotein, dessen Funktion noch nicht vollständig geklärt ist. Dem ORF9b-Protein wird aber eine Rolle bei der Unterdrückung des Wirts-Immunsystems zugerechnet. Besonders, indem es die Ausschüttung von Interferon unterdrückt. Insofern wird diesen Mutationen das Potenzial zugerechnet, die Immunabwehr auch von Geimpften und Genesenen zu unterlaufen.

Die S486P-Mutation ist dabei bereits bekannt und führt zu einer stärkeren Bindung an den ACE2-Rezeptor, der Eintrittspforte für das Virus in menschliche Zellen. Sie liegt ebenso wie die K478R innerhalb der sogenannten Rezeptorbindedomäne RBD des Spikeproteins.

Wachstumsvorteil noch einmal gesteigert

Was dem indischen Forscher, aber auch etwa dem kanadischen Gen-Evolutionsforscher Ryan Gregory von der Universität Guelph, dem Spitznamen-Geber der XBB-Untervarianten, Sorgen bereitet, ist besonders der rasante Anstieg der Fallzahlen. Gegenüber XBB.1.5, die im Dezember als die sich am schnellsten ausbreitende Untervariante galt, hat XBB nun nochmal einen Wachstumsvorteil von rund 140 Prozent.

Allerdings sind die absoluten Zahlen aktuell (noch) eher klein. Im bevölkerungsreichen Indien mit seinen 1,408 Milliarden Menschen werden aktuell nur rund 5.400 Menschen als aktive COVID-19-Fälle gezählt (Stand 18. März). Auch die Zahl der Hospitalisierungen sei bislang nicht angestiegen.

SARSCoV2 Lineage XBB.1.16 (Quelle: Raj Rajnarayanan / Tableau) 

Allerdings findet sich Arcturus mittlerweile nicht mehr nur in Indien. Die zweitmeisten Fälle gibt es in den USA, weitere in Brunei und Singapur sowie auch bereits in Österreich, gefunden vom Molekularbiologen Ullrich Elling von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Weitere Funde gab es bereits im Vereinigten Königreich, Australien, Japan, Südkorea, Dänemark, Italien, Irland und Kanada – sowie in Deutschland jeweils einen Fall in Bayern und Baden-Württemberg.

In allen Fällen bewegen sich die absoluten Zahlen im niedrigen, ein- und zweistelligen Bereich. In vielen Fällen konnten Reisende aus Indien als Quelle der Verbreitung ausgemacht werden. Hinweise auf mehr Hospitalisierungen oder schwerere Verläufe gibt es bislang allerdings nicht. Sorgen, dass das nicht so bleiben könnte, machen sich die Experten dennoch.


Volker Budinger, Diplom-Biologe, freier Journalist
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

Neue rekombinante Untervariante XBB.1.16 aka Arcturus breitet sich in Indien aus

Kommt eine neue COVID-19-Welle?

XBB.1.5 ist in Nordamerika auf dem Vormarsch

Wieder eine neue Omikron-Subvariante

Aktuelle Entwicklungen zu SARS-CoV-2 und der Subvariante EG.5

Neue Variante und steigende Fallzahlen

Centaurus & Co. – was rollt da auf uns zu?

Die nächste Corona-Welle

6 Kommentare

Arcturus

von Kai Lindenberg am 31.03.2023 um 2:24 Uhr

Alle Maßnahmen sind aufgehoben, niemand trägt mehr Maske
In Indien und anderen Ländern wurde Arcturus auch schon nachgewiesen
Viele wünschen sich, dass es so sein wird wie vor der Pandemie
Wenn keiner mehr Maske trägt und einen Schnelltest durchgeführt, ist das ein Schuss der nach hinten losgeht
Wir befinden uns in einer neuen Corona Welle
Die Fallzahlen werden hier genau so steigen, weil niemand mehr eine Maske trägt

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

neue Corona Varianten

von Evi Denz am 21.03.2023 um 19:17 Uhr

Guten Tag! "Es ist eine erstaunliche Tatsache, dass die natürliche Immunität von den Gesundheitsbehörden in aller Welt völlig außer Acht gelassen wird. Von SARS-CoV-1 wissen wir, dass die natürliche Immunität dauerhaft ist und mindestens 12 Jahre anhält]. Immunologen vermuten, dass die Immunität gegen SARS-Cov-2 nicht anders ist. Die menschliche Bevölkerung ist im Laufe der Evolution mit einer Vielzahl von Coronaviren in Berührung gekommen. Die meisten von uns verfügen über kreuzreagierende T-Zellen, B-Zellen und Antikörper, die aus Begegnungen mit Erkältungscoronaviren stammen und SARS-CoV-2 erkennen können]. Eine Umfrage unter mehr als 100 Immunologen, Infektionsforschern und Virologen, die sich mit dem Coronavirus beschäftigen und gefragt wurden, ob das Virus ausgerottet werden kann, ergab, dass fast 90 % der Befragten glauben, dass das Coronavirus endemisch werden wird. Die vier humanen Coronaviren, die Erkältungen verursachen, sind ebenfalls endemisch, ohne dass es jemals einen Impfstoff für eines von ihnen gegeben hätte. Die Existenz verwandter Viren könnte erklären, dass etwa 40 bis 45 % der COVID-Infizierten sogenannt asymptomatisch sind und etwa 80 % der COVID-Fälle leichte Infektionen sind."
Regierungen weltweit haben ihre Positionen genutzt, um Deals einzugehen und Bevölkerungen wegzuzerren, auch im Westen wohlgemerkt und diese Dinge müssen aufgearbeitet werden.
Nie wieder sinnlose lookdowns und Maskenwahn, im Stich lassen der alten und kranken Menschen generell-- danke und liebe Grüße aus der Fachpflege

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Schwurbelei

von Karl Friedrich Müller am 20.03.2023 um 20:31 Uhr

Offiziell gibt es nur wenige Neuinfektionen. Die Dunkelziffer ist hoch. Es wird ja nicht mehr getestet. Abwasseranalysen ergeben ein ganz anderes Bild.
Man erklärt die Pandemie für beendet, keiner ist mehr vorsichtig. Hygiene existiert nicht mehr. Nicht mal auf dem Niveau von vor der Pandemie.
Das kostet Unsummen. Die Langzeitkranken sowieso.
Versteh ich nicht.
Fahrlässiger Wahnsinn auf Kosten der Gesundheit der Bevölkerung

» Auf diesen Kommentar antworten | 3 Antworten

AW: Schwurbelei

von Sven Breth am 21.03.2023 um 12:41 Uhr

Ach die Maßnahmen und die Massentests waren kostenfrei? Lockdowns haben keine Kosten verursacht. Echt interessant ihre These

AW: Schwurbelei

von Karl Friedrich Müller am 21.03.2023 um 14:26 Uhr

Lieber Sven. Diskutieren Sie vernünftig. Was Sie unterstellen, habe ich nicht gesagt und darum geht es auch nicht. Es geht darum, dass behauptet wird, dass es kaum Neuinfektionen gäbe, dabei sind wir mitten in einer weiteren Welle.

AW: Keine Glaubwürdigkeit mehr

von Alexander Meier am 21.03.2023 um 17:01 Uhr

Bei mir haben diese Corona "Neuentdeckungen" keine Glaubwürdigkeit mehr. In den aller.allermeisten Fällen ist es ein Spiel mit der Angst.
So lange die Fehler der Vergangenheit nicht glaubwürdig aufgearbeitet werden, so lange bleibe ich extrem skeptisch.

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.