Geplantes Gesetz gegen Lieferengpässe

Pharmaverbände: Kostendruck für alle Generika senken!

Berlin - 14.02.2023, 16:45 Uhr

Kostendruck gibt es bei allen Generika. (Foto: monropic / AdobeStock)

Kostendruck gibt es bei allen Generika. (Foto: monropic / AdobeStock)


Der heute bekannt gewordene Referentenentwurf für ein Gesetz zur Bekämpfung von Lieferengpässen trifft bei den Pharmaverbänden grundsätzlich auf Zuspruch – vor allem, weil der Preisdruck gelockert werden soll. Allerdings sollte dies aus ihrer Sicht für alle Generika gelten – und nicht nur für bestimmte Arzneimittel.

Mit dem Gesetz zur Bekämpfung von Lieferengpässen bei patentfreien Arzneimitteln und zur Verbesserung der Versorgung mit Kinderarzneimitteln (ALBVVG) will der Gesetzgeber Engpässe künftig nicht nur besser managen, sondern auch möglichst vermeiden. Unter anderem sind dazu Änderungen bei Festbeträgen, aber auch am Rabattvertragssystem geplant. So ist zur Sicherstellung der Versorgung mit Arzneimitteln zur Behandlung onkologischer Erkrankungen und Antibiotika künftig eine Diversifizierung der Lieferketten für die Wirkstoffe bzw. Bulkware dieser Arzneimittel vorgesehen. Konkret sollen Krankenkassen bei der Vergabe von Rabattverträgen über diese Arzneimittel mindestens die Hälfte der Fachlose so ausschreiben, dass Rabatte mit pharmazeutischen Unternehmern vereinbart werden, die den Wirkstoff oder die Bulkware für diese Arzneimittel ganz oder teilweise in der EU oder im Europäischen Wirtschaftsraum herstellen.

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Bork Bretthauer, Geschäftsführer des Branchenverbands Pro Generika, sieht die Ansätze des Gesetzgebers grundsätzlich positiv: „Die Politik hat erkannt, dass das Hauptsache-Billig-Prinzip bei Generika die Versorgung destabilisiert hat und zu Engpässen führt. Es ist richtig, dass sie jetzt den extremen Kostendruck lockern will“. Allerdings tue sie dies nicht konsequent. „Dieses Gesetz wird das Engpass-Problem nicht lösen, denn es geht seine Ursachen nur bei Antibiotika und Krebsmitteln an“, kritisiert Bretthauer. Diese speziellen Arzneimittel machten zusammen gerade einmal 1,1 Prozent aller Arzneimittel (in Tagestherapiedosen) aus. Bretthauer fragt sich daher: „Wie erklärt die Politik einer Diabetespatientin, dass ihre Versorgung weniger verlässlich sein muss als die eines Anderen?“

Aus Sicht von Pro Generika sollten die Maßnahmen für alle Generika gelten. „Sämtliche Rabattverträge für Generika müssen Kriterien enthalten, die Herstellern eine diversifiziertere Produktion gestatten“, so Bretthauer. Denn: „Auch Herz-Kreislaufmittel, Schmerz-Medikamente oder Antidepressiva werden immer wieder knapp. Ursache ist hier ebenfalls: das niedrige Kostenniveau, das diversifizierte Lieferketten unmöglich macht.“

BPI: Umdenken ist nicht nur in einzelnen Versorgungsbereichen nötig 

Hans-Georg Feldmeier, Vorsitzender des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie (BPI) erklärte in einem ersten Statement zum Referentenentwurf: „Die Gesundheitspolitik hat spät, aber richtigerweise erkannt, dass strukturelle Maßnahmen im Generikabereich nötig sind, um die Versorgungssicherheit zu stärken.“ Hauptursache der Lieferengpässe sei „der ungeheuere Preisdruck bei generischen Arzneimitteln der Grundversorgung, der, wie es Gesundheitsminister Lauterbach selbst eingeräumt hat, bis zum Äußersten getrieben wurde“.

Dass die Lage ernst sei, werde am Beispiel der Kinderarzneimittel auch im Gesetzesentwurf deutlich. Hier werde der Spardruck weggenommen, was aus BPI-Sicht aber mit Blick auf die gesamte Versorgung völlig unzureichend ist. „Warum setzt man nur in einzelnen Bereichen an, wo die Probleme doch die gesamte Grundversorgung betreffen?“, fragt auch Feldmeier. Pharmazeutische Unternehmen könnten durch diverse Sparzwänge, wie beispielsweise dem Preismoratorium und „ruinösen Rabattverträgen“, die gestiegenen Kosten nicht weitergeben und wirtschaftlich produzieren. „Jetzt braucht es ein Umdenken bei den Preisen der Arzneimittel der Grundversorgung, und zwar nicht nur in einzelnen Versorgungsbereichen, sondern in der Breite“, fordert daher der BPI-Vorsitzende. Sein Verband stehe für eine konstruktive Diskussion zur Verbesserung der Versorgungslage jederzeit zur Verfügung.

BAH vermisst Inflationsausgleich

Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Arzneimittel-Hersteller (BAH), Hubertus Cranz, kommentierte: „Dass das Thema Versorgungssicherheit bei Generika Beachtung bekommt, finden wir gut. Aber ein umfassender Ansatz zur Verbesserung der Situation sieht anders aus.“ Punktuelle Korrekturen und zusätzliche Belastungen für die Hersteller seien keine Lösung für die großen Herausforderungen, betont Cranz. Sie würden nicht zu einer Verringerung von Abhängigkeiten und zu einer erhöhten Versorgungssicherheit führen. Dem BAH fehlt eine umfassende Überprüfung der Ausschreibepraxis bei Rabattverträgen. Und: „Besonders enttäuschend ist, dass der dringend notwendige Inflationsausgleich für preisregulierte Arzneimittel überhaupt nicht vorkommt“, sagte Cranz. 

Der Verband forschender Pharmaunternehmen (vfa) äußerte sich ebenfalls. Präsident Han Steutel erklärte: „Positiv an dem vorgelegten Gesetzentwurf ist, dass auch der Bundesgesundheitsminister erkannt hat, dass es Spitzenmedizin nicht zum Nulltarif geben kann. Leider bleibt es in der Ausgestaltung beim angekündigten Stückwerk, das weder dazu führen wird, künftige Versorgungsengpässe schneller zu erkennen, noch eine grundlegende Strategie verfolgt, um Versorgungssicherheit in Zukunft zu gewährleisten. Wir haben hierzu einen Fünf-Punkte-Plan vorgelegt, bei dessen Umsetzung die Industrie gerne als Partner zur Verfügung steht.“


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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