Ursachen für Engpässe laut EMA:
- Herstellungsprobleme, die zu Verzögerungen oder Unterbrechungen in der Produktion führen
- Rohstoffmangel
- Erhöhte Nachfrage nach Arzneimitteln
- Verteilungsprobleme
- Arbeitsunterbrechungen
- Naturkatastrophen
Lieferengpässe sind in Apotheken ein Dauerbrenner und geraten aktuell aufgrund der Engpässe bei Fiebersäften wieder verstärkt in den Fokus. Dass sich etwas ändern muss, da sind sich eigentlich alle einig – vor allem von Politik und Pharmaindustrie wird erwartet, endlich tätig zu werden. Doch könnten auch Patient:innen und die Angehörigen der Gesundheitsberufe aktiv zur Verhinderung von Lieferengpässen beitragen? Die EMA meint ja, und gibt Empfehlungen.
Am 15. Juli hat die europäische Arzneimittelbehörde EMA einen Leitfaden veröffentlicht zur Verhinderung und Bewältigung von Engpässen bei Humanarzneimitteln. Dieser richtet sich nicht – wie man vielleicht erwarten würde – an die Industrie und Behörden, sondern an Patientenorganisationen und Organisationen der Gesundheitsberufe.
Ursachen für Engpässe laut EMA:
Nun weiß auch die EMA, dass Patient:innen und Angehörige der Gesundheitsberufe am Ende der Lieferkette stehen – ihre Möglichkeiten, Lieferengpässen vorzubeugen, also beschränkt sind. Dennoch sind im Leitfaden drei Schlüsselempfehlungen enthalten, die sich an beide Gruppen richten:
Dabei zieht sich die EMA selbst nicht aus der Verantwortung. Sie hat am 8. Juli eine Liste der therapeutischen Hauptgruppen veröffentlicht, die in einer Krise wichtig sind (MTG = main therapeutic groups, dahinter steht die Medicines Shortages Steering Group, MSSG). Die MTG-Liste für die Notfallversorgung, chirurgische Versorgung und Intensivbehandlung soll die Basis für zukünftige Listen bilden. Während sie selbst noch zu keinen neuen Verpflichtungen führt, sollen darauf basierende zukünftige Listen zu kritischen Arzneimitteln Meldepflichten zur Folge haben. Auf der aktuellen Liste befinden sich lediglich übergeordnete Arzneimittelgruppen wie Analgetika und Impfstoffe.
Erarbeitet wurden die Empfehlungen gemeinsam mit den Mitgliedsorganisationen der EMA, der „Patients‘ and Consumers‘ Working Party“ (PCWP) und der „Healthcare Professionals‘ Working Party“ (HCPWP). Manche der Empfehlungen wurden bereits vereinzelt in EU-Mitgliedstaaten umgesetzt, was am Ende der neuen Leitlinie nachvollzogen werden kann.
In einem „Infosheet“ finden sich, neben den drei bereits erwähnten Punkten, auf der Seite der Organisationen der Gesundheitsberufe fünf weitere Empfehlungen:
Patient:innen rät die EMA in einem extra Info-Karten-Format,
All diese Vorschläge sind nicht (bahnbrechend) neu, doch vielleicht hilft es ja, wenn sie einmal offiziell von einer europäischen Behörde kommuniziert werden.
Erst kürzlich plädierte auch die Seite der Industrie, genauer gesagt der Branchenverband Pro Generika, für die Etablierung eines Frühwarnsystems gegen Lieferengpässe in Deutschland. Pro Generika stehe bereit, „wenn sich die Politik des Themas annehmen will“, hieß es. Vielleicht müssen die Organisationen der Patient:innen und Gesundheitsberufe also mehr Druck als bisher auf die Politik ausüben?
1 Kommentar
Engpass forte
von Karl Friedrich Müller am 02.08.2022 um 12:19 Uhr
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