- DAZ.online
- News
- Spektrum
- KV Hessen: Lauterbach ...
Offener Brief an den Bundesgesundheitsminister
KV Hessen: Lauterbach soll pharmazeutische Dienstleistungen stoppen
Aus Hessen kommt weiterhin scharfe Kritik zu den pharmazeutischen Dienstleistungen. Die dortige Kassenärztliche Vereinigung wendet sich jetzt in einem offenen Brief an Bundesgesundheitsminister Lauterbach und fordert das Aus der Dienstleistungen.
Kritik an den pharmazeutischen Dienstleistungen gab es von mehreren Seiten. Besonders scharf formulierten sie Ärztefunktionäre in Hessen. So hat die Kassenärztliche Vereinigung Hessen (KVH) kürzlich ihre Mitglieder aufgerufen, zu dokumentieren, wenn eine Apotheke eine inkompetente Beratung leisten würde. Da das Bundesgesundheitsministerium trotz der laut KVH „absolut substanziellen Kritik“ bisher nicht aktiv geworden sei, wenden sich nun der Vorstand und die Vertreterversammlung direkt an den Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). In einem offenen Brief fordern sie ihn zu „schnellstmöglichem Handeln“ auf.
„Zweitmeinungsverfahren“ ohne jegliche Evidenz
In diesem Brief drückt die KVH ihre „tiefe Besorgnis“ aus. Konkret richtet sich die Kritik gegen die erweiterte Medikationsberatung bei Polypharmazie sowie die pharmazeutische Betreuung bei oraler Antitumortherapie und von Organtransplantierten. Aus Sicht der KV gehe von diesen Leistungen eine „evidente Patientengefährdung“ aus. Man führe mit ihnen ein „Zweitmeinungsverfahren ein, für das jegliche Evidenz“ fehle.
Mehr zum Thema
Nach Apotheken-Bashing
„Dienstleistungen positiv sehen“ – Arzt schreibt an KV-Chefs
Nach heftigen Attacken von Ärztefunktionären: Kammer und Verband in Hessen setzen auf persönliche Gespräche
Hessen: Apotheker suchen Gespräch mit KV
Aufruf der KV Hessen
Ärzte sollen „inkompetente Beratung durch Apotheken dokumentieren“
Aus der ärztlichen Praxis sei bekannt, dass nach einer „sogenannten ‚Beratung‘“ durch die Apotheke Patienten teilweise lebenswichtige Medikamente nicht mehr wie verordnet eingenommen oder gar abgesetzt hätten.
Pharmazeuten für Beratung zu Polymedikation nicht qualifiziert
Zur Polypharmazie würde der Patient bereits in den Arztpraxen ausführlich beraten, so die KVH-Vorstände. Es steckten hinter den Überlegungen zu einer Polymedikation „oft auch so viele Dinge, dass wir diese leider nicht allen unseren Patienten wirklich vollständig erklären können. Dinge, von denen gerade die Pharmazeuten in der Regel kaum oder keine Kenntnis haben.“ Nachdem ausgeführt wird, welche Ausbildung Ärzte benötigen, um verschreibungspflichtige Arzneimittel verordnen zu können, wird die pharmazeutische Expertise im Gegensatz dazu auf „rudimentäre im Studium vermittelte Krankheitslehre, gepaart mit einer Online-Fortbildung“ reduziert. Die Dienstleistungen seien daher zu stoppen, denn Patientenschutz müsse vor „Profiinteressen von Pharmazeuten“ gehen.
Es wird betont, dass nahezu alle der neuen pharmazeutischen Dienstleistungen geeignet seien, „das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patienten massiv zu beschädigen und die Compliance, die Therapietreue bei der Einnahme von Arzneimitteln, zu gefährden“.
Außerdem würden Patienten mit Antitumortherapie oder nach Organtransplantation bereits in „hoch qualifizierten Ambulanzen oder in der ambulanten Spezialfachärztlichen Versorgung“ betreut werden.
„Wenn es denn aber so sein soll“
Sollte Lauterbach die Apotheker dennoch für qualifiziert genug für die pharmazeutischen Dienstleistungen halten, so seien laut KVH Qualitätssicherungsrichtlinien zwischen den Apothekerverbänden, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und dem GKV-Spitzenverband notwendig. Man empfehle, dass die Qualifikation für die Medikationsberatungen „nur nach einem Curriculum und einer Prüfung vor einer entsprechenden Kommission einer Landesärztekammer zu erlangen“ sei.
Außerdem dürfe nicht „hinter dem Rücken der behandelnden Ärzte“ beraten werden. Deshalb müsse die Information der behandelnden Ärzte sichergestellt werden und eine entsprechende Einwilligung des Patienten sollte Voraussetzung für jede pharmazeutische Dienstleistung sein. Der Apotheker solle den Arzt über die Beratung „unverzüglich, standardisiert und unterbrechungsgesichert“ informieren.
Zudem solle eine ausführliche Dokumentation erfolgen. In einer Art Katalog nennt die KVH weitere Bedingungen, die alle erfüllt werden müssten, damit „jemand eine Abrechnungsgenehmigung für solche Leistungen erhalten und eine Vergütung erfolgen darf“. Dazu gehöre auch eine rechtliche Absicherung durch den Pharmazeuten, falls durch eine „Falschberatung Gesundheitsschäden oder Zusatzaufwendungen in der ärztlichen Versorgung entstehen“.
Letztlich würde sich die KVH „aber freuen und es begrüßen“, wenn Herr Lauterbach „das alles“ „unverzüglich mit einer gesetzgeberischen Maßnahme beenden“ würde.
3 Kommentare
Mein Beileid
von Guse am 15.07.2022 um 14:07 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
verzerrte Wahrnehmung
von Stefan Haydn am 14.07.2022 um 13:37 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Es reicht
von P Ti am 13.07.2022 um 15:11 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.