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Pandemievorbereitung für den Herbst
Expertenrat fordert „solide rechtliche Grundlage“ für Schutzmaßnahmen
Der Corona-ExpertInnen-Rat hat seine Stellungnahme zur Pandemievorbereitung auf den kommenden Herbst und Winter vorgelegt. Darin konstatiert das Gremium, dass es selbst im Fall eines günstigen Szenarios notwendig sei, eine solide rechtliche Grundlage für Infektionsschutzmaßnahmen vorzubereiten. Regierungsmitglieder aus der FDP hatten schon im Vorfeld deutlich gemacht, dass sie noch eine für Ende Juni vorgesehene weitere Evaluation abwarten wollen, ehe sie gesetzgeberisch aktiv werden.
Was erwartet Deutschland im dritten Corona-Winter? Welche Maßnahmen werden nötig sein, um SARS-CoV-2 in Schach zu halten? Zu diesen Fragen hat sich der im vergangenen Dezember eingesetzte Corona-ExpertInnen-Rat der Bundesregierung in seiner nunmehr 11. Stellungnahme geäußert – ihr Titel: „Pandemievorbereitung auf Herbst/Winter 2022/23“.
Das Gremium konstatiert darin, dass wir uns nach dem Sommer abermals auf eine Zunahme von SARS-CoV-2 und anderen Atemwegserkrankungen einstellen müssen. Zudem bestehe weiterhin eine relevante Immunitätslücke – auch weil Immunisierungen nachlassen. Dies zusammen mit der fortschreitenden Virusevolution und der Krankheitsaktivität durch andere Atemwegserreger würde das Gesundheitssystem und die kritische Infrastruktur dann wahrscheinlich erneut belasten.
Vorbereitung für alle Fälle
Drei Szenarien (günstig, 'es bleibt, wie es ist' und ungünstig) haben die Wissenchaflter:innen vor Augen. Doch selbst wenn sich am Ende ein günstiges Szenario bewahrheiten sollte und wir vor gefährlicheren Varianten (Variant of Concern/VOC) gefeit sind, ist es aus Sicht der Expert:innen unerlässlich, in einigen Punkten vorbereitet zu sein, um schnell reagieren zu können. Dabei haben sie vor Augen:
- Eine solide rechtliche Grundlage für Infektionsschutzmaßnahmen, die eine dem Infektionsgeschehen angepasste schnelle Reaktion ermöglicht.
- Eine zentrale Koordination der Pandemiemaßnahmen zwischen Bund und Ländern.
- Eine bundesweit möglichst einheitliche und schnelle Kommunikation aller bestehenden Regelungen und Empfehlungen.
- Eine deutliche Verbesserung des frühzeitigen Patientenzugangs zu antiviraler Medikation im ambulanten Bereich bzw. in der Frühphase der Erkrankung.
- Die Verstetigung des bundesweiten Kleeblattkonzeptes zur strategischen Patientenverlegung.
- Die Festlegung des Umgangs mit einer neuen VOC, insbesondere im Einreisekontext.
Schrittweise Rückführung von Tests, aber schnell reaktivierbare Testinfrastruktur
Im Weiteren empfehlen die Wissenschaftler:innen unter anderem eine Anpassung der Teststrategie. Dies dürfte auch Apotheken, die testen, interessieren. Bei stabiler Infektionslage sollten Testungen auf SARS-CoV-2 schrittweise auf symptomatische Fälle, begründete Verdachtsfälle sowie zum Schutz von Risikogruppen reduziert werden. Nötig sei zudem eine „schnell reaktivierbare, leistungsfähige Testinfrastruktur im Herbst/Winter mit verbesserter Qualitätskontrolle“. Denkbar wäre den Expert:innen zufolge auch eine „Integration in die Infrastruktur der Impfzentren“.
Buschmann (FDP): Ab dem 30. Juni wird mit den Ländern beraten
Insgesamt nennt die Stellungnahme fünf Kernbereiche, in denen aus Sicht der Ratsmitglieder einen Tätigwerden nötig ist. Dabei geht es etwa um eine kontinuierliche und systematische Analyse, Aufarbeitung und Bewertung aller zur Verfügung stehenden Daten. Auch auf eine bessere Kommunikation müsse man sich vorbereiten, um die Menschen zu erreichen. Im Kernbereich „Prävention“ geht es erwartungsgemäß unter anderem um eine Erhöhung der Impf- und Boosterquoten. Auch Kinder und vulnerable Gruppen nehmen die Expertinnen in den Blick.
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Doch was wird die Empfehlung an die Politik, eine „solide rechtliche Grundlage für mögliche Schutzmaßnahmen (z. B. Maskenpflicht, Test- und Hygienekonzepte sowie im Fall der Überlastung des Gesundheitssystems auch weitere Kontaktreduktionsmaßnahmen)“ zu schaffen, nun bewirken?
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zeigte sich jedenfalls begeistert von der Vorlage: „Der Expertenrat hat exzellente Arbeit geleistet. Erneut hat der Rat wichtige wissenschaftliche Empfehlungen für politische Entscheidungen gegeben. Das wird Basis für den Corona-Herbstplan der Bundesregierung. Wie hoch die Corona-Welle werden wird, kann auch der Expertenrat nicht sagen. Aber dass selbst im günstigsten Fall das Gesundheitswesen stark belastet sein wird, ist relativ sicher. Auf alle Szenarien müssen und werden wir vorbereitet sein: mit angepassten Test-, Impf- und Behandlungsstrategien sowie mit einem soliden gesetzlichen Rahmen.“
FDP: Nach der Sommerpause kommt das Gesetzgebungsverfahren
Hingegen stellte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) schon heute früh im „ARD-Magazin“ klar, dass über die Regeln für den Herbst erst entschieden werde, wenn die wissenschaftliche Beurteilung der Corona-Schutzmaßnahmen vorliege. Das Infektionsschutzgesetz sieht nämlich vor, dass bis Ende Juni ein weiteres Expertengremium (das sich personell nur teilweise mit dem des Expert:innenrats überschneidet) eine Evaluierung der Maßnahmen vornimmt. Im Anschluss ist gerade noch eine Sitzungswoche des Bundestags vorgesehen, ehe es in die parlamentarische Sommerpause geht. Doch Buschmann erklärte in der ARD: Dass die derzeit geltende Fassung des Infektionsschutzgesetzes am 23. September auslaufe, sei kein zufällig gewähltes Datum. Es sei so gewählt, „dass wir nach der Sommerpause zwei Sitzungswochen des Deutschen Bundestages haben, um ein ganz geordnetes, reguläres Gesetzgebungsverfahren zu durchlaufen.“ Weiter sagte er: „Zwischen dem 30. Juni und dem Ende der Sommerpause werden wir gemeinsam mit den Ländern beraten, was zu tun ist“. Das habe die Bundesregierung auch mit der Ministerpräsidentenkonferenz besprochen. „Warum jetzt einige meinen, dieser Fahrplan sei nichts mehr wert, das verstehe ich nicht.“
Am gestrigen Dienstagabend hatte bereits FDP-Chef Christian Lindner deutlich gemacht, dass er zunächst die wissenschaftliche Evaluierung abwarten wolle. Klar sei für ihn aber: „Freiheitseinschränkungen pauschal sollte es nicht mehr geben“, sagte Lindner in der ARD-Sendung „Maischberger“.
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Anmerkung der Redaktion: Das Zitat von Karl Lauterbach wurde am 8. Juli um 15:55 Uhr ergänzt.
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