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Industrieübergreifende Ansätze benötigt
Inhalator- und Pen-Recycling
Novo Nordisk will in Großbritannien bis Ende 2022 mehr als eine Million Pens recyceln. GSK hat für Inhalatoren hingegen sein Recyclingprogramm im Jahr 2020 beendet. Das geht aus einem Artikel im „Pharmaceutical Journal“ hervor, der zeigt, dass Recycling im Pharma-Bereich schon lange ein Thema ist. Doch die Ansätze schaffen es oft nicht über die Pilotphase einzelner Firmenprojekte hinaus. Es braucht mehr Zusammenarbeit, vielleicht auch mit Apotheken?
Wussten Sie, dass bis 2004 gebrauchte Insulin-Fertigpens durch die Firma Novo Nordisk recycelt wurden? Das geht zumindest aus einer knappen Meldung der „Ärzte Zeitung“ aus dem Jahr 2004 hervor. „Gebrauchte Fertigpens wurden bislang in speziellen Behältern, die den Patienten kostenlos zugestellt und auch abgeholt wurden, gesammelt und wieder dem Werkstoffkreislauf zugeführt“, heißt es dort. Doch: „Aus Kostengründen werden jetzt keine neuen Boxen mehr ausgeliefert, wie das Unternehmen mitgeteilt hat.“
Einige Jahre später, im November 2021, sind das Pen-Recycling und die Firma Novo Nordisk wieder Thema in den Medien: „Erstes Pilotprojekt zum Recycling von Injektionspens in britischen Apotheken gestartet“, titelte das „Pharmaceutical Journal“. Novo Nordisk habe das „PenCycle-Programm“ ins Leben gerufen, um es Patient:innen zu ermöglichen, ihre „FlexPen“- und „FlexTouch“-Geräte zu recyclen, heißt es.
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Auf seiner Webseite geht Novo Nordisk selbst der Frage nach: „Kann man einen Insulin-Pen recyceln?“. Demnach besteht solch ein Pen zu 77 Prozent aus Plastik, kann aber nicht einfach zerlegt und über den Plastikmüll entsorgt werden. „Jedes Jahr produzieren und vertreiben wir weltweit mehr als 600 Millionen Pens, und da diese Zahl wächst, stehen wir an vorderster Front einer der größten Umweltprobleme der Welt: Plastikmüll“, erklärt Dorethe Nielsen, Vizepräsidentin für Umweltstrategie bei Novo Nordisk. Um das Problem zu lösen, hat Novo Nordisk einen Weg gefunden, die gebrauchten Pens maschinell zu zerlegen – mit so viel Erfolg, dass aus dem Plastik bereits dänische Büro-Stühle und aus dem Glas Lampen entstanden sind, heißt es. Allerdings bestehe die Herausforderung jetzt darin, das Pilotprojekt in die Praxis einzuführen.
Bislang wurden nämlich nur Pens verwendet, die direkt nach der Produktion entsorgt werden mussten (Stand: 31. Januar 2022). Mittlerweile arbeite Novo Nordisk mit Partnern zusammen, welche die gebrauchten Insulinpens in einem viel größeren Umfang verarbeiten können. Der nächste Schritt sei nun, ein Rücknahmesystem für die Praxis zu etablieren, das in den meisten Ländern noch nicht existiere. Vor allem auf globaler Ebene ist das laut Nielsen eine ziemliche Herausforderung. Neben Großbritannien sollen solche Projekte aktuell in Dänemark und Brasilien laufen. In Dänemark heißt das Projekt „Returpen“ und soll vor Kurzem für mindestens drei Jahre auf Apotheken, in denen die Pens abgegeben werden können, in ganz Dänemark ausgeweitet worden sein.
Kooperation mit Alliance Healthcare und Lloyds Pharmacy
In Großbritannien ist das Projekt (dort mit dem Namen „PenCycle“) anders als in Dänemark noch auf wenige Regionen beschränkt (Glasgow, Leicestershire & Rutland, Großraum Manchester), soll 2022 aber auch landesweit eingeführt werden. Kooperationspartner sind dort Alliance Healthcare, Lloyds Pharmacy, die „National Pharmacy Association“ (NPA) und die „Royal Mail“.
In einer Rückgabebox können Patient:innen zwölf gebrauchte Pens (ohne Nadeln) sammeln und dann in der Apotheke abgeben. Die Apotheke lagert solche Boxen wiederum in einem extra bereitgestellten Behälter, der von Alliance Healthcare dann zu einem geplanten Termin abgeholt wird. Wie das „Pharmaceutical Journal“ erklärt, nehmen die Apotheken nur Pens an, die im Rahmen von Diabetes- und Gewichtsmanagement eingesetzt wurden. Für Wachstumshormon-Pens gibt es zur Abholung einen extra Heimservice von Novo Nordisk.
Schließlich werden die Pens zum Recycling nach Dänemark zum Hauptsitz von Novo Nordisk geschickt.
Zusammenarbeit mit Apotheken – vielfältig und bequem
Innerhalb des Pilotprojekts in Großbritannien wollte Novo Nordisk bis Juni 2022 etwa 150.000 Pens recyceln – was zwei* Tonnen Plastik entsprechen soll. Bis Ende 2022 sollen dann mehr als eine Million Pens recycelt werden, 2023 sogar drei Millionen.
Der Geschäftsführer von Novo Nordisk in Großbritannien, Pinder Sahota, sagte gegenüber dem „Pharmaceutical Journal“, dass sich das Programm auf die Zusammenarbeit mit Apotheken konzentriere, „um sicherzustellen, dass die Menschen vielfältige und bequeme Möglichkeiten haben, ihre vorgefüllten Injektionspens zu recyceln“.
Wie Nielsen außerdem in einem Video von Novo Nordisk erklärt, wünscht sie sich, dass sich eine gesamte Industrie dem Recycling-Thema annimmt. An dieser Stelle sei kein Platz für Konkurrenz, sondern die Firmen sollten zusammenhalten.
Inhalator-Recycling in der Schweiz
Nicht für Pens, aber ebenfalls in Leicestershire und Rutland hatte die Firma Chiesi im Januar 2021 bereits das erste Recyclingprogramm für Inhalatoren gestartet. Dabei sollten nicht mehr benötigte Inhalatoren – und zwar aller Marken und Typen – nachhaltig entsorgt werden, wie das „Pharmaceutical Journal“ erklärt. Dabei geht es nicht nur um Plastik und Glas, sondern auch um die Aluminiumkanister. Restmengen an Treibgas sollten zudem abgesaugt und in Geräten wie Kühlschränken und Klimaanlagen wiederverwendet werden.
Im Juli 2021 hieß es jedoch, dass sich von 227 Apotheken, die zur Teilnahme am Programm eingeladen worden waren, nur 141 zur Teilnahme bereit erklärt hatten. Das Inhalator-Recycling-Programm von Chiesi heißt „Take AIR (Take Action for Inhaler Recycling)“ und arbeitet mit vorfrankierten adressierten Umschlägen, die von den Apotheken ausgegeben werden – es war für zwölf Monate ausgelegt.
Breiter gemeinsamer Ansatz nötig
Wie das „Pharmaceutical Journal“ erklärt, knüpfte das Programm von Chiesi an ein Recycling-Programm von GSK an – das nach neun Jahren bereits im Jahr 2020 beendet worden war. Das Unternehmen habe erklärt, dass es „der Ansicht ist, dass ein breiterer, gemeinsamer Ansatz in der gesamten Industrie im Vordergrund stehen muss, anstatt eines eigenständigen Ansatzes“. Doch der NHS (National Health Service) in Großbritannien erklärte erst im August 2021 gegenüber dem „Pharmaceutical Journal“, dass er keine Pläne für ein nationales Inhalator-Recyclingprogramm habe.
All das stimmt nicht allzu optimistisch, doch es ist mehr, als man in Deutschland zu dem Thema findet. Eine kurze Internetrecherche zeigt, dass es auch in Irland beispielsweise ein „Inhaler Recycling“ von Teva gibt. Im deutschsprachigen Raum findet man für die Schweiz ein Beispiel: Am 30. Juni 2021 verkündete die Firma Novartis auf ihrem Internetauftritt, dass Asthma- und COPD-Patient:innen jetzt gratis ihre Inhalatoren recyceln könnten. Allerdings geht es nur um Pulver-Inhalatoren. Demnach würden in der Schweiz jedes Jahr rund 2,4 Millionen Inhalatoren benötigt, was rund 94 Tonnen Müll verursache.
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Wer bei dem Recycling-Programm mitmachen möchte, muss sich beim Projektpartner „Terracycle“ auf der Webseite registrieren. „Es können alle Trockenpulver-Inhalatoren von Novartis, aber auch von allen anderen Herstellern eingesendet werden“, heißt es.
Ein entsprechendes Angebot für Deutschland findet sich auf „Terracycle“ nicht. Für Apotheker:innen kann die Seite dennoch interessant sein. Beispielsweise gibt es ein Recyclingprogramm für Kimtech™-Einmalhandschuhe.
* An dieser Stelle hatte sich versehentlich die Einheit „Millionen“ eingeschlichen, die dort natürlich nicht hingehörte. Korrektur vom 26.04.2022, 13:45 Uhr
1 Kommentar
Ob das diesmal was wird ?
von Dr. Ralf Schabik am 19.04.2022 um 19:04 Uhr
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