Industrieübergreifende Ansätze benötigt

Inhalator- und Pen-Recycling

Stuttgart - 19.04.2022, 17:50 Uhr

Auch im deutschsprachigen Raum findet man ein Beispiel für ein Inhalator-Recycling-Programm. (c / Foto: Screenshot / Terracycle / Novartis)

Auch im deutschsprachigen Raum findet man ein Beispiel für ein Inhalator-Recycling-Programm. (c / Foto: Screenshot / Terracycle / Novartis)


Novo Nordisk will in Großbritannien bis Ende 2022 mehr als eine Million Pens recyceln. GSK hat für Inhalatoren hingegen sein Recyclingprogramm im Jahr 2020 beendet. Das geht aus einem Artikel im „Pharmaceutical Journal“ hervor, der zeigt, dass Recycling im Pharma-Bereich schon lange ein Thema ist. Doch die Ansätze schaffen es oft nicht über die Pilotphase einzelner Firmenprojekte hinaus. Es braucht mehr Zusammenarbeit, vielleicht auch mit Apotheken? 

Wussten Sie, dass bis 2004 gebrauchte Insulin-Fertigpens durch die Firma Novo Nordisk recycelt wurden? Das geht zumindest aus einer knappen Meldung der „Ärzte Zeitung“ aus dem Jahr 2004 hervor. „Gebrauchte Fertigpens wurden bislang in speziellen Behältern, die den Patienten kostenlos zugestellt und auch abgeholt wurden, gesammelt und wieder dem Werkstoffkreislauf zugeführt“, heißt es dort. Doch: „Aus Kostengründen werden jetzt keine neuen Boxen mehr ausgeliefert, wie das Unternehmen mitgeteilt hat.“

Einige Jahre später, im November 2021, sind das Pen-Recycling und die Firma Novo Nordisk wieder Thema in den Medien: „Erstes Pilotprojekt zum Recycling von Injektionspens in britischen Apotheken gestartet“, titelte das „Pharmaceutical Journal“. Novo Nordisk habe das „PenCycle-Programm“ ins Leben gerufen, um es Patient:innen zu ermöglichen, ihre „FlexPen“- und „FlexTouch“-Geräte zu recyclen, heißt es.

Mehr zum Thema

Auf seiner Webseite geht Novo Nordisk selbst der Frage nach: „Kann man einen Insulin-Pen recyceln?“. Demnach besteht solch ein Pen zu 77 Prozent aus Plastik, kann aber nicht einfach zerlegt und über den Plastikmüll entsorgt werden. „Jedes Jahr produzieren und vertreiben wir weltweit mehr als 600 Millionen Pens, und da diese Zahl wächst, stehen wir an vorderster Front einer der größten Umweltprobleme der Welt: Plastikmüll“, erklärt Dorethe Nielsen, Vizepräsidentin für Umweltstrategie bei Novo Nordisk. Um das Problem zu lösen, hat Novo Nordisk einen Weg gefunden, die gebrauchten Pens maschinell zu zerlegen – mit so viel Erfolg, dass aus dem Plastik bereits dänische Büro-Stühle und aus dem Glas Lampen entstanden sind, heißt es. Allerdings bestehe die Herausforderung jetzt darin, das Pilotprojekt in die Praxis einzuführen. 

Bislang wurden nämlich nur Pens verwendet, die direkt nach der Produktion entsorgt werden mussten (Stand: 31. Januar 2022). Mittlerweile arbeite Novo Nordisk mit Partnern zusammen, welche die gebrauchten Insulinpens in einem viel größeren Umfang verarbeiten können. Der nächste Schritt sei nun, ein Rücknahmesystem für die Praxis zu etablieren, das in den meisten Ländern noch nicht existiere. Vor allem auf globaler Ebene ist das laut Nielsen eine ziemliche Herausforderung. Neben Großbritannien sollen solche Projekte aktuell in Dänemark und Brasilien laufen. In Dänemark heißt das Projekt „Returpen“ und soll vor Kurzem für mindestens drei Jahre auf Apotheken, in denen die Pens abgegeben werden können, in ganz Dänemark ausgeweitet worden sein.

Kooperation mit Alliance Healthcare und Lloyds Pharmacy

In Großbritannien ist das Projekt (dort mit dem Namen „PenCycle“) anders als in Dänemark noch auf wenige Regionen beschränkt (Glasgow, Leicestershire & Rutland, Großraum Manchester), soll 2022 aber auch landesweit eingeführt werden. Kooperationspartner sind dort Alliance Healthcare, Lloyds Pharmacy, die „National Pharmacy Association“ (NPA) und die „Royal Mail“. 

In einer Rückgabebox können Patient:innen zwölf gebrauchte Pens (ohne Nadeln) sammeln und dann in der Apotheke abgeben. Die Apotheke lagert solche Boxen wiederum in einem extra bereitgestellten Behälter, der von Alliance Healthcare dann zu einem geplanten Termin abgeholt wird. Wie das „Pharmaceutical Journal“ erklärt, nehmen die Apotheken nur Pens an, die im Rahmen von Diabetes- und Gewichtsmanagement eingesetzt wurden. Für Wachstumshormon-Pens gibt es zur Abholung einen extra Heimservice von Novo Nordisk. 

Schließlich werden die Pens zum Recycling nach Dänemark zum Hauptsitz von Novo Nordisk geschickt.

Zusammenarbeit mit Apotheken – vielfältig und bequem

Innerhalb des Pilotprojekts in Großbritannien wollte Novo Nordisk bis Juni 2022 etwa 150.000 Pens recyceln – was zwei* Tonnen Plastik entsprechen soll. Bis Ende 2022 sollen dann mehr als eine Million Pens recycelt werden, 2023 sogar drei Millionen. 

Der Geschäftsführer von Novo Nordisk in Großbritannien, Pinder Sahota, sagte gegenüber dem „Pharmaceutical Journal“, dass sich das Programm auf die Zusammenarbeit mit Apotheken konzentriere, „um sicherzustellen, dass die Menschen vielfältige und bequeme Möglichkeiten haben, ihre vorgefüllten Injektionspens zu recyceln“. 

Wie Nielsen außerdem in einem Video von Novo Nordisk erklärt, wünscht sie sich, dass sich eine gesamte Industrie dem Recycling-Thema annimmt. An dieser Stelle sei kein Platz für Konkurrenz, sondern die Firmen sollten zusammenhalten. 



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


1 Kommentar

Ob das diesmal was wird ?

von Dr. Ralf Schabik am 19.04.2022 um 19:04 Uhr

Wäre schön, wenn das Projekt funktionieren würde ! All die Jahre bisher nur Flops ... Borosilikatglas aus dem Labor, leere Blister, Schraubverschlüsse von PET-Flaschen, Kartuschen von Druckern ... alles vollmundig gestartet und letztlich sanft entschlummert. 20 Jahre habe ich zurückgegebene Aerosol-Fläschchen gesammelt ... niemand will sie haben ... oder damals die Rücknahme von Quecksilber-Thermometern ... es GIBT ein Verfahren zur Rückgewinnung von Quecksilber ... aber nein ... lieber lagert man die Dinger in einem ausgedienten spanischen Bergwerk ein ...

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.