Einfluss der Mutationen

Schwächeln Antigentests bei Omikron-Infektionen?

Stuttgart - 06.01.2022, 17:50 Uhr

Schlagen die in Deutschland vertriebenen Tests auf Omikron an? Eine Veröffentlichung der der US-amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA sorgte für Verunsicherung. (Foto: IMAGO / Steinach)

Schlagen die in Deutschland vertriebenen Tests auf Omikron an? Eine Veröffentlichung der der US-amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA sorgte für Verunsicherung. (Foto: IMAGO / Steinach)


 Ende des letzten Jahres sorgte eine Veröffentlichung der US-amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA für Verunsicherung. Die Botschaft: Zumindest einige SARS-CoV-2-Antigentests, auch Schnelltests genannt, sollen beim Nachweis der Omikron-Variante versagen. Gilt das etwa für die in Deutschland angebotenen Antigenschnelltests auch?

Jede neue SARS-CoV-2-Variante wirft neben der Frage nach der Wirksamkeit der Impfstoffe auch die Frage auf, ob die gängigen Tests diese auch erkennen. So hatte die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA im Dezember 2021 mitgeteilt, dass vorläufige Daten einer Studie mit Lebendviren von Patienten darauf hindeuteten, „dass Antigentests die Omikron-Variante erkennen, aber möglicherweise eine verringerte Sensitivität aufweisen“. Die FDA betonte dabei, dass die Untersuchungen weitergingen und noch kein abschließendes Ergebnis vorliege. Die Behörde verwies außerdem darauf, dass es bereits Untersuchungen mit Proben gegeben habe, die durch Erhitzung unschädlich gemacht wurden. Bei dieser Studie hätten die Schnelltests Omikron mit ähnlicher Leistung erkannt wie andere Varianten. Versuche mit Lebendviren seien aber die beste Option, um die Eignung von Tests bestimmen zu können.

Doch wie sieht es mit den Tests hierzulande aus? Die meisten der in Deutschland angebotenen Coronaschnelltests sind nach Einschätzung des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) auch zum Nachweis der neuen Omikron-Variante des Coronavirus SARS-CoV-2 geeignet. Bis Mitte Dezember hätten 245 verschiedene Antigentests ein allgemeines Prüfverfahren durch ein PEI-Labor durchlaufen, 199 hätten die Untersuchung bestanden. Von diesen 199 könnten wiederum die allermeisten eine Omikron-Infektion nachweisen.

Der Auftrag für die vergleichende Evaluierung der Sensitivität von SARS-CoV-2-Antigenschnelltests kommt vom Bundesministerium für Gesundheit. Sie erfolgte stichprobenartig aus der sogenannten BfArM-Liste. Diese wird vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) erstellt und listet Tests, die nach der Coronavirus-Testverordnung (Corona-TestV) erstattungsfähig sind.

Antigentests weisen N-Protein nach

Das PEI begründet seine Einschätzung folgendermaßen: Die große Mehrheit der 245 Antigentests, die bis zum 14. Dezember 2021 untersucht worden seien, wiesen das Nukleo-Protein (N-Protein) des Coronavirus nach. Die Mutationen der Omikron-Variante beträfen aber primär das Spike-Protein. Auf der Grundlage der aktuellen Datenlage gehe das Paul-Ehrlich-Institut davon aus, dass die allermeisten der in Deutschland angebotenen und positiv bewerteten Antigentests eine Omikron-Infektion nachweisen können, schreibt das Institut auf seiner Internetseite.

Das N-Protein des SARS-CoV-2-Virus sei wesentlich stärker konserviert als das S-Protein. Von den Mutationen der bisher bekannten SARS-CoV-2-Varianten ist das N-Protein nach bisherigen Erkenntnissen deutlich weniger betroffen als das S-Protein. Zwei der insgesamt vier Mutationen im Omikron-N-Protein traten auch bei den bisher bekannten SARS-CoV-2-Varianten auf und hatten keinen Einfluss auf die Zuverlässigkeit der Antigen-Nachweistests. Für eine endgültige, qualitative und quantitative Aussage seien allerdings weitere Untersuchungen, insbesondere Vergleichsstudien mit Proben von Omikron-infizierten Personen erforderlich, so das PEI.

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Grundsätzlich können Antigentests eine Infektion nur detektieren, wenn zum Testzeitpunkt eine hohe Viruslast besteht. Dies gelte ebenso für die Omikron-Variante. Außerdem seien Antigentests zur Eigenanwendung, auch wenn sie die technischen Anforderungen an die Empfindlichkeit (Sensitivität) erfüllen, nur dann aussagekräftig, wenn die Vorgaben bei der Anwendung exakt eingehalten wurden, so das PEI.

Franfurter Virologin Ciesek optimistisch

Sandra Ciesek, Direktorin des Instituts für Medizinische Virologie am Universitätsklinikum Frankfurt am Main, verwies auf einen Preprint zu einer Studie aus Genf, in der die Sensitivität von Schnelltests bei der Omikronvariante untersucht wurde. Es seien gängige Antigenschnelltests verglichen worden. „Prinzipiell waren alle untersuchten Antigentests in der Lage, die Omikron Variante zu detektieren. Einige der Tests schnitten jedoch bei der Omikron-Variante etwas schlechter ab."
Ein Grund für das schlechtere Ergebnis könnte sein, dass Mutationen im sogenannten Nukleokapsid des Virus den Antigenschnelltest beeinflussen, sagte Ciesek der Deutschen Presse-Agentur. „Einschränkend ist zu sagen, dass diese Studie mit kultivierten Viren aus dem Labor durchgeführt wurde und nicht mit Abstrichen von Patienten“. Inwieweit diese Ergebnisse also übertragbar sind, sei derzeit noch unklar.

Tweets mit ersten Ergebnissen

Ciesek selbst hatte Ende November ein Bild von mehreren Schnelltests getwittert. Dazu schrieb sie: „Auch wichtig - die Antigentests (3 verschiedene von Roche, Siemens und Flowflex) sind auch bei Omicron positiv und funktionieren!“ Auf Nachfrage der DAZ erklärt sie, das sei ein Schnellschuss gewesen, weil es das Gerücht gegeben habe, dass die Antigentests nicht funktionieren, sie das aber für ein Screening am Flughafen wissen musste. Man werde sicher weiter daran arbeiten, wenn ein Virusisolat zur Verfügung stehe. Ciesek verweist weiter auf einen Tweet ihrer Kollegin Isabella Eckerle, die das gleiche Prozedere mit weiteren Tests durchgeführt hat – wenn auch nur mit der Probe von einem Patienten. Diese Einschränkung nennt Eckerle bei Twitter auch selbst. Es handele sich daher nicht um eine analytische/klinische Validierung. Aber aufgrund des öffentlichen Gesundheitsnotfalls mit #Omicron halte sie es für wichtig, die Daten so schnell wie möglich zu teilen und verspricht: Wir werden die Studie mit weiteren Proben/Isolaten vervollständigen.



Cornelia Neth, Autorin DAZ.online
redaktion@daz.online


Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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2 Kommentare

Tests bei geboosterten Personen

von Konrads am 07.01.2022 um 9:11 Uhr

Was mich interessieren würde, ist, ob es überhaupt Sinn macht, Geboosterte, die keine Symptome haben, mit Schnelltests zu testen. Oder ob bei diesen Personen die Viruslast ohnehin zu gering ist, um detektiert zu werden. Habe dazu noch keine Aussage gelesen. Dann könnte man sich viele Tests ggf. auch sparen.

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N-Protein, Covidtests, Impfstoffe

von Scarabäus am 07.01.2022 um 8:58 Uhr

"Das N-Protein des SARS-CoV-2-Virus sei wesentlich stärker konserviert als das S-Protein. Von den Mutationen der bisher bekannten SARS-CoV-2-Varianten ist das N-Protein nach bisherigen Erkenntnissen deutlich weniger betroffen als das S-Protein." FRAGE: Warum entwickelt man genetische Impfstoffe nur gegen Spike und nicht auch gegen andere virale Strukturen? Will man hier den Mutationsdruck des Virus forcieren? Wenn ein Schnelltest auf N-Protein anspricht, würde dies auch ein körpereigenener Antikörper tun! Ist hier etwa begründet, warum Genesene eine bessere Immunität besitzen (Körper hatte Kontakt mit N-Protein des Vollvirus) als Geimpfte? Einfach mal nachdenken!!!

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