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Interview mit Medizinrechtler Effertz
Darum sollten Apotheker sich beim Impfen gegen COVID-19 noch gedulden
Mit Einführung und Inkrafttreten des § 20b IfSG zum 12. Dezember 2021 dürfen Apotheker gegen SARS-Cov2 impfen und damit im Kampf gegen die Pandemie unterstützen. Dennis Effertz, Apotheker und Medizinrechtler, gibt einen Überblick über die rechtlichen Aspekte des neuen Impfservice in der Apotheke.
DAZ: Bereits die Modellvorhaben zu Grippeschutzimpfungen in Apotheken haben Sie mit einigen Vorträgen und Fachartikeln sowie Buchbeiträgen begleitet. Ihr großes Interesse insbesondere an den Ihrer Ansicht nach behandlungsrechtlich relevanten Dienstleistungen ist daher bekannt. Was ist an den aktuellen Entwicklungen besonders?
Dennis Effertz: Die gesetzgeberische Motivation und die damit verbundene Geschwindigkeit – ganz klar! Während die Modellvorhaben gemäß § 132j SGB V zwar auch politisch forciert und letztlich gegen den berufspolitischen Willen der Ärzte und die teilweise vorhandenen Bedenken der Apothekerschaft durchgesetzt wurden, so durchliefen das Gesetzgebungsverfahren sowie die fachlichen und vertraglichen Ausgestaltungen damals einen „geordneten“ Prozess. Alle direkt oder indirekt Beteiligten – so wie ich – konnten sich Ihre Gedanken machen, bevor es wirklich losging. Bei den Corona-Impfungen verhält es sich nun deutlich anders. Aufgrund der zuletzt überwiegend als besorgniserregend bewerteten Entwicklungen in der Pandemie hat der Gesetzgeber kurzfristig entschieden, alle approbierten Heilberufe in die Impfkampagne aktiv mit einzubeziehen. Ein politischer oder juristischer Diskurs fand auch mit Blick auf die Apotheker kaum statt. Vielmehr wurde der neue § 20b IfSG im Schnelldurchlauf erdacht und verabschiedet, sodass unser Berufsstand zum Teil theoretisch sofort hätte loslegen können.
Wieso theoretisch? Gibt es nicht bereits Kollegen, die in der Apotheke impfen?
Nach meinem Kenntnisstand gibt es diese Kollegen tatsächlich! Allerdings dürfte es sich hier um besondere Randphänomene bzw. Konstellationen handeln. Denn: zwar dürfen Apotheker, die entsprechend geschult sind oder aber bereits in der Vergangenheit die Qualifikation für die Modellvorhaben (Grippe) erworben haben, aufgrund der auf die SARS-Cov-2-Impfung beschränkte Heilkundeerlaubnis straffrei impfen, doch wurde die Coronavirus-Impfverordnung noch nicht angepasst. Solange dies nicht geschieht, gelten Apotheker nicht als sogenannte Bezugsberechtigte, was zur Folge hat, dass benötigte Impfstoffe für den „Eigenbedarf“ überhaupt noch nicht bestellt werden können. Auch eine Vergütung für die erfolgte Leistung kann es aufgrund dessen nicht geben. Eine solche ist an den oben genannten Status geknüpft.
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Wer jetzt auf die Idee kommt, man könne gegebenenfalls in der Apotheke vorhandenen Impfstoff nutzen, der verkennt, dass eben jener Impfstoff für konkrete Praxen, Impfzentren oder andere bezogen wurde. Der Apotheker kam hier bisher lediglich eine vergütete Distributionsfunktion bei. Sich aus diesem Vorrat zu bedienen, wäre daher nicht nur rechtlich problematisch, sondern bringt zudem standesrechtlichen Sprengstoff. Ich sehe bereits die Schlagzeile der KBV vor meinen Augen: „Apotheker stehlen den Ärzten den Impfstoff“. Sollte der vorrätige Impfstoff – warum auch immer – nicht von den bisher Bezugsberechtigten benötigt werden, so handelt es sich meines Erachtens um „Retouren“, die dem Bund beziehungsweise den Ländern gehören. Auch in diesem Fall scheidet eine „Selbstbedienung“ meines Erachtens aus, da diese Ware über die Neuverteilung wieder nur an Bezugsberechtigte übergeben werden dürfte.
Also gibt es noch keine Möglichkeit bereits an der Pandemiebekämpfung mitzuwirken? Das scheint enttäuschend …
Sie haben eben korrekterweise auf bereits impfende Kollegen hingewiesen. Meines Erachtens wird es sich dabei überwiegend um zwei sofort umsetzbare und zulässige Varianten handeln. Die entsprechende Qualifikation vorausgesetzt, kann ein Apotheker in bestehende Strukturen der Bezugsberechtigten eingebunden werden. Das können dann etwa Arztpraxen, Impfzentren oder mobile Impfteams sein. Letzteres erwähnt § 20 Abs. 1 Nr. 2 IfSG ausdrücklich. Mit § 20b Abs. 4 IfSG wurde zudem klargestellt, dass eine bisher mögliche Delegation der Impfung von Ärzten an andere Gesundheitsberufe – im Regelfall wohl MFAs, aber eben auch Apotheker – zulässig bleibt. Im Arztrecht ist dabei anerkannt, dass der Arzt nicht jeden Handgriff überwachen muss, sich jedoch der Eignung des Erfüllungsgehilfen versichern und selbst in kürzester Zeit verfügbar sein muss. Im Delegationsfall wäre damit weder eine spezielle Schulung vorgeschrieben – aber empfehlenswert –, noch würde man sich an fremden Impfstoffbestand „vergreifen“. Wenn dann noch die zuständige Behörde der Durchführung in der Apotheke zustimmt, sieht das von außen betrachtet so aus, als wären die Kollegen schneller als alle anderen. Dabei wäre dies im Prinzip schon immer gegangen, sofern man über das Problem der in „normalen“ Zeiten wohl kaum vorstellbaren Unterordnung des Apothekers (Weisungsbindung) und dem größtenteils normierten Kurierverbot der Berufsordnungen hinwegsieht. Wer also unbedingt schnell mithelfen will, der kann sich auf diese Weise einbringen.
Berufsrecht steht Impfen nicht entgegen
Stichwort Berufsrecht. Da gab es auch dieses Mal Bedenken …
Ich habe das ebenfalls rausgehört. Insbesondere für Kammerbezirke, die keine „Öffnungsklausel“ in die Berufsordnungen aufgenommen haben, um die Modellvorhaben zur Grippeschutzimpfung zu ermöglichen, gab es Bedenken. Teilweise wurde gar berichtet, dass der Gesetzentwurf in der Initiativfassung des § 20b IfSG explizit darauf hinweisen würde, dass das Impfen nur erlaubt sei, wenn Berufsrecht dem nicht entgegenstünde. Ich sehe allerdings überhaupt kein Problem.
Weil Sie die Schutzimpfung der Prävention und nicht der Heilkunde zuordnen?
Keineswegs! In diesem Fall würde ich ausdrücklich davon ausgehen. Denn entgegen der damaligen Situation sprechen wir bei SARS-CoV-2-Impfungen über eine der wenigen Tätigkeiten mit gesetzlichem Arztvorbehalt. Das ergibt sich aus § 20 IfSG. § 20b IfSG stellt eine derzeit bis zum 31. Dezember 2022 befristete Ausnahme von diesem Grundsatz dar. Dennoch erkenne ich keine Kollision mit dem Kurierverbot:
Fangen wir einmal mit der angeblichen Formulierung im Gesetz an. Eine solche existiert in § 132j SGB V für die Grippeschutzimpfungen, nicht aber in § 20b IfSG. Man findet eine entsprechende Anmerkung lediglich in den Gesetzesmaterialien, welchen für sich genommen allerdings keine rechtliche Wirkung beikommt. Wollte man eine solche Regelung nun in das Gesetz „hineininterpretieren“, so stünde man vor dem Problem, dass der Gesetzgeber in der Vergangenheit bereits ausdrücklich eine solche Formulierung verwendet hat, wenn er eine solche für erforderlich erachtet hat. Und selbst wenn das gelingen sollte – wobei die Frage erlaubt sei, wer die aktuellen Entwicklungen überhaupt verhindern wollen würde –, so beinhaltet überhaupt nicht jede Berufsordnung ein entsprechendes Verbot. Daneben existieren die Öffnungsklauseln als Ergänzungen, die in der Regel so formuliert sind, dass die Ausübung der Heilkunde so lange verboten ist, wie nicht eine gesetzliche Erlaubnis zugrunde liegt. Letztere haben wir unter den Voraussetzungen des § 20b IfSG allerdings zweifelsohne. Fehlte es auch an einer solchen Regelung, verweise ich immer gerne auf die Tatsache, dass Berufsordnungen zwar Verbote verschärfen können, nicht aber gesetzlich erlaubte Tätigkeiten verbieten. Insofern hatte ich bereits damals darauf hingewiesen, dass selbst die Öffnungsklauseln grundsätzlich nicht erforderlich gewesen wären. Zu guter Letzt stelle ich dann immer die Frage, für wie wahrscheinlich man es hält, dass es sich die Kammern trauen würden, ein berufsrechtliches Verfahren einzuleiten, wenn sich standespolitisch die einmalige Chance eröffnet, getragen vom politischen Willen, als „Retter in der Not“ aufzutreten.
Kommen wir zurück zu den Qualifikationsschulungen. Stand heute warten wir noch immer auf das Mustercurriculum der BAK. Trotzdem existieren bereits einige Fortbildungsangebote. Worauf müssen interessierte Kollegen achten?
Auch das ist ein spannendes Thema. Wie bereits angesprochen, überschlagen sich praktisch täglich die Ereignisse. Dass dann auch einige Schulungsanbieter nicht warten wollen, ist nachvollziehbar. Ich selbst wirke bereits in entsprechenden Fortbildungen mit. Um es vorwegzunehmen: Wer hundertprozentige Sicherheit will, dass seine Schulung als Qualifikationsnachweis von den Kammern anerkannt wird, der sollte auf entsprechend zertifizierte Angebote warten. Aber: ich persönlich bin der Meinung, dass wir in dem Tempo dann „bereit“ sind, wenn alles vorbei ist. Zudem sehe ich auch dieses Thema viel unproblematischer, als die meisten Kollegen.
Aber im Zweifel muss ich eine Schulung doch dann wiederholen und investiere im Zweifel unnötige Zeit und Geld.
Man muss meines Erachtens unterscheiden, worüber wir sprechen und wo die Risiken lauern. Der Gesetzgeber fordert ärztlich geleitete Schulungen, die insbesondere Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten vermitteln zu Aufklärung und Einwilligung, (Impf-)Anamnese zwecks Ausschluss von akuten Erkrankungen und Allergien sowie Kontraindikationen, weitere Impfberatung sowie Kenntnis und Durchführung von Notfallmaßnahmen. Daneben überträgt er der BAK die Verantwortung für ein Mustercurriculum. Die BAK selbst sagt, dass sie sich eng an das Curriculum zu den Grippeschutzimpfungen anlehnen will. Das ist mit Blick auf die Tätigkeit und die behandlungsvertraglichen Aspekte (Aufklärung, Einwilligung, etc.) auch nachvollziehbar. Und weil es eben nicht völlig unerwartet ist, was da kommt, traue ich den etablierten Anbietern auch zu, ihr Programm so aufzustellen, dass sich letztlich kein relevantes Delta ergeben dürfte. Sollte dennoch etwas fehlen, gehe ich davon aus, dass der jeweilige Anbieter die Inhalte „nachschieben“ wird.
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Zudem sollte man bedenken, dass es sich um ein „Muster“-Curriculum handelt. Der Gesetzgeber wendet diesen Begriff meines Erachtens bewusst, denn er hätte auch für mehr Verbindlichkeit sorgen können, indem er eben nicht von „Muster“ spricht – hat er aber nicht. Ich sehe daher in jeden Fall Gestaltungsspielraum, auch von den Inhalten abzuweichen, sodass strafrechtlich kaum ein Risiko ersichtlich ist. Was bei der ganzen Diskussion meines Erachtens aus den Augen verloren wird, ist nicht, dass sich alle Inhalte auf Spiegelstrichebene in irgendwelchen Curricula wiederfinden. Vielmehr müssen Theorie und Praxis des Impfens tatsächlich beherrscht werden. Denn die Unterschreitung des fachlichen Standards wäre als Behandlungsfehler zu klassifizieren. Daher scheint mir vielmehr die Anerkennung der Qualifikation der Schulungen zu den Grippeschutzimpfungen jedenfalls trügerisch.
Sie wollen sagen, dass Apotheker mit der „Impfqualifikation“ möglicherweise schlechter dastehen kann als jemand, der eine nicht zertifizierte SARS-CoV-2-Schulung absolviert hat?
In Bezug auf die zivilrechtliche Haftung ist das genau das, wofür ich sensibilisieren möchte. Der Gesetzgeber schweigt in § 20b IfSG zu einer Zertifizierungs-/ oder Akkreditierungsfplicht. § 630a BGB hingegen ist sehr eindeutig und das Prinzip der Einhaltung des Fachstandards in der Arzthaftung etabliert. Insofern würde ich mir mehr Gedanken darum machen, wie ich insbesondere als „Neuling“ praktische Erfahrung sammeln kann (zum Beispiel durch eine Hospitation) oder wie ich als Teilnehmer der bisherigen Modellprojekte mein Wissensdelta zu Corona-Impfungen insbesondere in Bezug auf die Aufklärung schließe. Denn im Schadensfall sind Leitlinien – wie das BAK-Curriculum – zwar nicht unerheblich, aber eben nicht der hier relevante Standard. Wichtig ist mir in diesem Zusammenhang, diese Aussage nicht auf die STIKO-Empfehlungen zu beziehen. Hier kann der Begriff der „Empfehlung“ fehlleiten. Denn es ist höchstrichterlich anerkannt, dass diese im Bereich des Impfens den relevanten Standard darstellen. Auch hieraus ergibt sich mein Rat sich auf Theorie und Praxis der ordnungsgemäßen Durchführung zu konzentrieren, was in diesen Zeiten beinahe einer täglichen (Kurz-)Fortbildungspflicht gleichkommt.
So lassen sich Haftungsrisiken vermeiden
Was wäre in diesem Zusammenhang noch wichtig, um Haftungsthemen zu vermeiden?
Natürlich könnte man jetzt eine lange Liste aufstellen. Aber zum einen würde das unnötig abschreckend wirken – unnötig, weil Ärzte diese Probleme theoretisch auch täglich haben und damit gut umgehen können – und zum anderen würde die Bedeutung der Kernpunkte dann untergehen. Besonders wichtig ist mir, dass man neben der ordnungsgemäßen Durchführung die Themen Aufklärung und Einwilligung ernst nimmt. Bekannt dürfte inzwischen sein, dass Impfungen grundsätzlich eine Körperverletzung darstellen. Dies kann eben nur dann straffrei bleiben, sofern eine Einwilligung vor dem Eingriff vorlag und nicht widerrufen wurde. In diesen Zeiten und vor dem Hintergrund der gesetzlichen Neuerung sollte dabei beachtet werden, dass Apotheker es nun auch mit Minderjährigen und möglicherweise nicht einwilligungsfähigen Patienten zu tun bekommen können. Das ist eine neue Herausforderung, da nicht einfach auf das Alter abgestellt werden kann, sondern die geistige und sittliche Reife in jedem Einzelfall beurteilt werden muss. Als Orientierung kann lediglich festgehalten werden, dass man unter 14 Jahren nur ausnahmsweise von einer Einwilligungsfähigkeit ausgehen können wird. In der Praxis wird dies dazu führen, dass auch Apotheker nun erstmals Einwilligungen von Erziehungsberechtigten einholen müssen. Umgekehrt muss auch gelten, dass der Wille des Kindes umso eher berücksichtigt werden muss, je reifer es wirkt. Dies kann insbesondere dann relevant werden, wenn die Eltern zwecks Impfung des Kindes vorstellig werden, dieses die Impfung allerdings ablehnt. Hier ist somit Einfühlungsvermögen und Urteilskraft gefragt.
Gibt es in diesem Zusammenhang oder in Bezug auf die SARS-CoV-2-Impfung auch Besonderheiten bei der Aufklärung?
Theoretisch weniger, weil die Aufklärung immer verständlich sein muss. Dies meint nicht nur, dass die Sprache des Impflings beherrscht und frei von Fachvokabular sein sollte, sondern eben auch, dass sie den geistigen Fähigkeiten des Impflings entspricht. Rein praktisch hat das bei Kindern natürlich sehr wohl einen Einfluss, da das verständliche Niveau erst gefunden werden muss. An diesem Beispiel wird auch klar, warum eine Aufklärung immer mündlich zu erfolgen hat. Alle Formulare, die immer fleißig erstellt und ausgefüllt werden, sind nur Hilfsmittel, dürfen das Gespräch aber niemals ersetzen. Im Übrigen gelten bloß unterschriebene Aufklärungs-/Einwilligungsbögen ohne individuelle Anmerkungen/Unterstreichungen/Notizen eher als Beweis gegen eine ordnungsgemäße Aufklärung, als für diese.
In Bezug auf die Eigenart der Impfung als solcher und die aktuelle Lage mag man mich jetzt als vorsichtig abstempeln, aber ich würde hohe Ansprüche an die Aufklärung insbesondere bei Erstimpfungen sehen. Denn der Zweck der Selbstbestimmungsaufklärung ist es dem Impfling eine mündige und – wie der Name schon sagt – selbstbestimmte Entscheidung zu ermöglichen. Bedenkt man nun die mediale Berichterstattung, die tendenziell wohl eher als Angst schürend zu bewerten ist, und den gesellschaftlichen Druck auf Nicht-Geimpfte, so dürfte es geboten sein, dieser Klientel einen „nüchternen“ und fachlich-neutralen Blick zu verschaffen. Denn inzwischen werden erste Stimmen laut, dass die Einwilligungen dieser Impflinge inzwischen unwirksam sein könnten, da die Entscheidung eben nicht mehr selbst-, sondern fremdbestimmt wäre.
Das ist interessant. Aber ist das in der Apotheke überhaupt ein Thema? Die Apotheker werden doch lediglich in die Booster-Kampagne einbezogen.
Ehrlich gesagt, dachte ich das auch eine Weile. Es wird durchgängig nur von Auffrischimpfungen gesprochen. Doch bin ich unlängst stutzig geworden, da das Gesetz eindeutig keine entsprechende Beschränkung der Erlaubnis beinhaltet. Auch die Gesetzesbegründung spricht letztlich von Schutzimpfungen und Auffrischungsimpfungen, zu denen die ärztlichen Schulungen befähigen sollen. Insofern ist die angesprochene Konstellation zumindest nicht ausgeschlossen. Allerdings wäre ich hier eher zurückhaltend und würde dieses Thema den Ärzten überlassen. Das kann man durchaus auch medizinisch begründen, denn im Fall einer Boosterung wären allergische Reaktionen oder ähnliches aus der Vergangenheit bereits bekannt. Im Fall einer Erstimpfung besteht somit nicht nur ein größeres Informationsbedürfnis, sondern auch ein höheres medizinisches Risiko.
Die Themen Delegationsmöglichkeiten und Versicherungsschutz sind für unsere Leser ebenfalls ein relevantes Thema. Gibt es hier inzwischen weitere Erkenntnisse?
Mit dem Versicherungsschutz ist das immer so eine Sache. Das ist eigentlich keine rechtliche Fragestellung. Wir Juristen befassen uns mehr mit der Frage, wer für Schäden haftet. Eine Versicherung übernimmt diesen Schaden dann im Deckungsfall. Zudem herrscht im Versicherungswesen der Grundsatz der Vertragsfreiheit. Versichert ist, was im Vertrag steht. Insofern ist meine Antwort dieselbe wie damals beim Thema Grippeschutzimpfung. Jeder Apotheker, der hier mitmachen will, der sollte sich dringend eine entsprechende Deckungszusage seiner Versicherung für das Vorhaben geben lassen. Denn typischerweise ist die Impftätigkeit bisher nicht explizit aufgeführt. Als Orientierung dienen dann Vergleichswerte aus dem ärztlichen Bereich. Personenschäden werden überwiegend bis zu 2 Millionen Euro und Sachschäden bis zu 100.000 Euro abgesichert. Im Übrigen „munkelt“ man, dass die gängigen Anbieter die Zusage ohne Prämienerhöhung anbieten werden, da es ein schlechtes Licht auf sie werfen würde, die politischen Bemühungen anderenfalls zunichtezumachen.
Neben Testzentren und Gesundheitsämtern
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Pro und Kontra
Sollen Apotheker impfen dürfen?
Das Thema Delegation ist meines Erachtens recht einfach. Wie bereits erwähnt, unterliegen SARS-CoV-2-Impfungen grundsätzlich dem Arztvorbehalt. Der Arzt seinerseits darf wie gehabt delegieren. Die in § 20b IfSG geschaffene Ausnahme für Zahnärzte, Tierärzte und Apotheker hingegen ist eine abschließende Aufzählung. Solche Ausnahmetatbestände sind grundsätzlich eng auszulegen, so dass eine Delegation der Impfung oder wesentlicher Teile durch diese an andere Berufsgruppen nicht infrage kommt. Vorbereitende Tätigkeiten hingegen wie die Ermittlung des Impfstatus, Terminvergabe, „Einchecken beim Termin“, Aushändigen von Informationsmaterial und Aufklärungsbögen, Abfragen, ob Fragen bestehen, die ggf. mit der/dem Approbierten zu klären sind, Vorbereiten der Dokumentation im Impfpass sowie Vorlage zur Unterschrift und so weiter sind aus meiner Sicht problemlos delegationsfähig.
Und wie sieht es mit der Vorbereitung des Impfstoffs aus?
Sofern wir uns gedanklich in der Apotheke befinden, gilt das, was immer gilt: pharmazeutisches, nicht approbiertes Personal darf unter Aufsicht unterstützen. Es ist kein Grund ersichtlich, warum dies anders sein sollte. Denn eine „Apothekervorbehalt“ für diese Tätigkeit existiert nicht. In diesem Zusammenhang stellt sich dann oftmals die Frage nach der Dokumentation. Hier kann ich lediglich anraten, sich bei der zuständigen Aufsicht zu erkundigen, damit es keine Probleme gibt. Allerdings handelt es sich bei einer Rekonstitution in systematischer Hinsicht grundsätzlich nicht um eine dokumentationspflichtige Rezeptur oder Defektur im Sinne der Apothekenbetriebsordnung.
Zusatzfrage: Wo dürfen interessierte Apotheker impfen? Wären Impfaktionen zum Beispiel mit einem Impfbus der Apotheke zulässig?
Hier muss man drei Konstellationen unterscheiden. Wenn der Apotheker unter ärztlicher Verantwortung handelt – also Delegationsleistung –, so kann der Arzt das meines Erachtens frei entscheiden. Denn er muss selbst definieren, was fachlich erforderlich ist und dies dann verantworten. Sofern der Apotheker in eine „geeignete Struktur“ eingebunden ist, sprich ein Impfzentrum, ein mobiles Impfteam etc., so liegt die Verantwortung beim Betreiber der Einrichtung. Das ist oftmals die Kassenärztliche Vereinigung, die diese Aufgabe vom Land übernommen hat. In beiden Konstellationen ist die Frage für den Apotheker nicht sonderlich relevant. Nur wenn der Apotheker höchstpersönlich als Inhaber einer Apotheke in die Impfkampagne einsteigen will, so stellt sich die Frage nach den geeigneten Räumlichkeiten. Der Gesetzgeber lässt diese Frage unbeantwortet und das Muster-Curriculum liegt noch nicht vor. Gleichwohl können die Anforderungen nicht wesentlich von den Anforderungen der Grippeimpfungen abweichen. Zur Frage, wo diese Räumlichkeiten dann eingerichtet werden können, müssen die Vorgaben der Apothekenbetriebsordnung berücksichtigt werden. Insofern würde der Grundsatz der Raumeinheit zu den Betriebsräumen gelten. Gleichwohl hat die Rechtsprechung diesen Grundsatz in den letzten Jahren bereits aufgeweicht. So sind etwa externe Lagerräume in „angemessenere Nähe“ nicht nur zulässig, sondern auch für pharmazeutische Tätigkeiten freigegeben. Insofern existiert für die zuständigen Behörden meines Erachtens ein ausreichend großer Ermessensspielraum, die Apotheker bei deren Vorhaben zu unterstützen.
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