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VDARZ-Gutachten über E-Rezept-Mängel
Anwälte raten von E-Rezept-Belieferung ab
Der Bundesverband Deutscher Apothekenrechenzentren (VDARZ) sieht technische Mängel beim E-Rezept, die gravierende rechtliche Folgen haben könnten. In einem Gutachten zeigen die Rechtsanwälte Douglas und Kalkbrenner, dass noch gar nicht definiert wurde, was ein ordnungsgemäßes E-Rezept überhaupt ist. Daraufhin könnten die Krankenkassen möglicherweise die Bezahlung verweigern. Darum raten die Gutachter den Apotheken und den Rechenzentren vom Umgang mit E-Rezepten ab. Doch sie bieten auch eine Lösung an, die in der E-Rezept-Quittung der Gematik liegen könnte.
Das E-Rezept soll ab 1. Januar zur Pflicht werden, aber die Zweifel an der praktischen Umsetzbarkeit werden immer größer. Dabei erweist sich die Zerstückelung des Arbeitsablaufes zunehmend als Problem. Die Funktion der Telematikinfrastruktur (TI) und die Zuständigkeit der Gematik enden bei der Belieferung des E-Rezeptes. Die anschließende Abrechnung gehört nicht mehr dazu. Das sollte die Aufgabe überschaubarer machen, aber so wurden die Hürden bei der Abrechnung erst später sichtbar. Mittlerweile hat der Bundesverband Deutscher Apothekenrechenzentren (VDARZ) eine Mängelliste erstellt. Diese technischen Probleme haben ihrerseits rechtliche Folgen, die eine ordnungsgemäße Verarbeitung der E-Rezepte unmöglich machen könnten. Dies zeigt ein heute veröffentlichtes Gutachten, das die Rechtsanwälte Dr. Morton Douglas und Dr. Lukas Kalkbrenner von der Kanzlei Friedrich Graf von Westphalen im Auftrag des VDARZ erstellt haben.
Mängelliste des VDARZ
Die Rechtsanwälte gehen dabei von folgenden technischen Mängeln aus, die der VDARZ festgestellt hat: Bei den für die Datensicherheit wesentlichen „Trust Service“-Listen werde ein veralteter Standard genutzt. Eine alternative Signaturprüfung könne in den Rechenzentren nicht erfolgen, weil die dafür nötigen Konnektoren fehlen. Außerdem würden keine qualifizierten Zeitstempel genutzt. Dies eröffne Fälschungsmöglichkeiten und die elektronische Quittung enthalte daraufhin noch keine Prüfsumme. Der VDARZ betont, dass Apotheken und Rechenzentren für diese Defizite nicht verantwortlich sind. Sie könnten nur mit dem arbeiten, was die Gematik zur Verfügung stellt. Doch der VDARZ befürchtet, dass insbesondere die Apotheken die Leidtragenden werden könnten.
Kein Geld von den Krankenkassen?
Douglas und Kalkbrenner untersuchen in ihrem Gutachten die rechtlichen Folgen. Dabei erklären sie zum Hintergrund, dass das Gütesiegel gemäß dem europaweit geltenden Standard für qualifizierte Vertrauensdiensteanbieter nur den Wert „3“ und nicht den geforderten Wert „5“ habe. Dies sei gerade mit Blick auf den Umgang mit sensiblen Gesundheitsdaten problematisch. Als besonders gravierend stufen sie das Fehlen von Zeitstempeln im gesamten Verarbeitungsprozess ein. Daraus folgern die Rechtsanwälte, dass die Geschäftsgrundlage für das E-Rezept nicht gewährleistet ist. Denn die Vertragsparteien des Rahmenvertrages für die Arzneimittellieferung würden technisch einwandfrei bereitgestellte Daten voraussetzen.
Es sei zu fragen, ob überhaupt eine Rechtsgrundlage für die Abrechnung von E-Rezepten besteht. Als zentralen Aspekt arbeiten die Rechtsanwälte eine Frage heraus: Wie ist eine ordnungsgemäße elektronische Verschreibung definiert? Es sei offen, ob die Ordnungsmäßigkeit auch die technischen Vorgaben umfasst, die von Apotheken weder geprüft noch beeinflusst werden können. Damit drohe den Apotheken, dass die Krankenkassen die Bezahlung der E-Rezepte aus formalen Gründen verweigern könnten.
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Außerdem befänden sich die Rechenzentren in einer „Zwickmühle“: Sie müssten als Auftragsverarbeiter eine sichere Datenübermittlung bieten, könnten diese aber angesichts der Voraussetzungen der TI nicht gewährleisten. Die Rechenzentren müssten die Apotheken auf datenschutzrechtliche Mängel hinweisen. Doch es sei nicht abschließend geklärt, wie sie sich danach zu verhalten hätten. Die Auftraggeber könnten mit ihrem Weisungsrecht die Abrechnung durchsetzen, soweit keine offensichtlichen Rechtsverletzungen vorliegen. Doch sogar dieser Fall könne nicht ausgeschlossen werden. Damit könnten die Rechenzentren die Abrechnung mit dem Verweis auf den Datenschutz zum Erliegen bringen. Weitere Fragen sehen die Gutachter bei den Heilungsmöglichkeiten für erkannte technische Mängel und dem weiteren Umgang mit technisch unzulänglichen Verordnungen.
Sind E-Rezepte überhaupt gültig?
Dies alles kann nach Einschätzung der Gutachter auch apothekenrechtliche Folgen haben. Sind solche Verordnungen überhaupt rechtswirksam im Sinne von § 48 Abs. 1 AMG? Möglicherweise könnte die Belieferung als vorsätzliche oder zumindest fahrlässige Abgabe ohne Verschreibung ausgelegt werden. Die Rechtsanwälte legen nahe, dass die Apotheken dabei wohl auf die Ordnungsmäßigkeit der technischen Spezifikationen vertrauen könnten. Sicher sei eine solche Bewertung jedoch nicht.
Vorschlag: Quittung als Bestätigung für technische Anforderungen
Als Ergebnis stellen die Gutachter fest, dass derzeit offen ist, was eine ordnungsgemäße elektronische Verordnung ist. Dies schaffe erhebliche Unsicherheiten für Apotheken und Rechenzentren. Als Lösungsansatz schlagen die Gutachter vor, dass der nach den Regeln des Rahmenvertrages zur Arzneimittellieferung ausgestellten Quittung der Gematik „die Wirkung zukommt, dass damit jegliche Einwände hinsichtlich der technischen Spezifikationen der elektronischen Verordnung präkludiert sind“. Wenn die Gematik diese Quittung erstellt habe, sollte der Kostenträger die Zahlung nicht mehr mit dem Verweis auf technische Anforderungen verweigern können. Doch dafür sei ein qualifizierter Zeitstempel unverzichtbar. Das „Ausklammern“ der technischen Spezifikationen aus der Verantwortung der Apotheken würde diesen die Beweisnot nehmen, dass die Verordnung bei der Belieferung technisch nicht zu beanstanden war. Allerdings würde diese Lösung nicht unmittelbar auf die datenschutzrechtliche Bewertung durchschlagen, mahnen die Gutachter. Die Gematik müsse allein die Verantwortung tragen, dass die technischen Vorgaben eingehalten werden. Darum müsse sie die anderen Beteiligten von allen Ansprüchen aufgrund fehlerhafter technischer Vorgaben freistellen. Außerdem fordern die Gutachter zu klären, wie mit E-Rezepten umzugehen ist, bei denen schon vor dem Erstellen der Quittung technische Mängel festgestellt werden. Es sollte einen Mechanismus geben, mit dem die Apotheke die Belieferung nachträglich legitimieren kann.
Gutachter raten von Belieferung ab
Trotz der komplexen Situation kommen die Gutachter zu einem erschreckend deutlichen Fazit. Ohne eine Klarstellung, was eine ordnungsgemäße elektronische Verordnung ist, könne einer Apotheke nicht empfohlen werden, eine solche Verordnung anzunehmen, erklären die Gutachter. Außerdem könne einem Rechenzentrum nicht empfohlen werden, eine solche Verordnung anzunehmen.
Weiter gedacht: Besser Aufschieben?
Mit diesen rechtlichen Argumenten wird die Liste der Unwägbarkeiten rund um das E-Rezept immer länger. Möglicherweise wird dies auch der Forderung nach einem Aufschub neue Nahrung geben.
5 Kommentare
Offensichtliche Lobby Nebelkerze
von Michael B am 16.12.2021 um 10:24 Uhr
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... und der Versandhandel lacht sich ins Fäustchen
von Annette am 15.12.2021 um 18:29 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten
AW: ... und der Versandhandel lacht sich ins
von Edzard Lueg am 15.12.2021 um 20:43 Uhr
AW: ... und der Versandhandel lacht sich ins
von Stefan Haydn am 16.12.2021 um 10:09 Uhr
das e- Rezept
von Michael Folk am 15.12.2021 um 15:56 Uhr
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