- DAZ.online
- News
- Recht
- Landgericht untersagt ...
Wettbewerbszentrale vs. DrAnsay
Landgericht untersagt Online-Testzertifikate ohne Arztkontakt
DrAnsay.com stellt nicht nur Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen online aus, sondern bietet seit einem guten Monat auch kostenlose „Online-Bürgertests“. Sowohl die AU als auch das Testzertifikat, das die Tür in die 3G-Welt öffnen soll, gibt es ganz ohne Arztkontakt. Nun hat die Wettbewerbszentrale eine einstweilige Verfügung erwirkt: DrAnsay darf vorerst nicht mit seinem speziellen „Bürgertest“-Angebot werben. Rechtskräftig ist die Entscheidung aber noch nicht.
Seit deutschlandweit 3G am Arbeitsplatz sowie Bus und Bahn gilt und die Bürgertests ihr Comeback gefeiert haben, freuen sich Online-Anbieter für Bürgertests großer Beliebtheit. So auch DrAnsay, ein Hamburger Start-up, das 2019 mit online erstellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (AU) den Markt aufmischte.
Mehr zum Thema
3G am Arbeitsplatz
Sind Online-Selbsttests zulässig?
Dr. Ansay und Co.
Online-Selbsttests als 3G-Nachweis – jetzt ermitteln Behörden
Seit Mitte November wirbt die Plattform auch mit der Ausstellung von Genesenen- und Testzertifikaten: Für ersteres muss ein positiver PCR-Test vorgezeigt werden, der mindestens einen Monat und höchstens sechs Monate alt ist. Dann füllt der Kunde auf www.DrAnsay.com einen Fragebogen aus und erhält „nach 5 Minuten das Zertifikat von Online Ärzten als PDF-Datei“. So läuft es auch bei den Testzertifikaten: Kunden machen den Schnelltest selbst zu Hause, übermitteln per Foto das Ergebnis, füllen einen Online-Fragebogen aus – und fünf Minuten später gibt es das Zertifikat. „Nur mit unserer smarten Lösung für Genesenen- und Selbsttest-Zertifikate sind die neuen 3G, 2G sowie 2G+ Regeln sicher, praktisch und ab sofort für Millionen Bürger zu erfüllen“, jubelte das Unternehmen am 19. November in einer Pressemitteilung. Firmengründer Dr. jur. Can Ansay stellt auch ein Rechtsgutachten auf der Webseite bereit, das zeigen soll, dass das Angebot alle rechtlichen Anforderungen erfüllt. Denn daran kann man durchaus zweifeln.
Kein Interesse am Testergebnis?
So erhielt die Wettbewerbszentrale etliche Beschwerden und Anfragen zu diesem Angebot. Dort machte man selbst den Test: Probeweise wurde ein Testzertifikat bestellt. „Dabei wurde das mitgeteilte Testergebnis nicht kontrolliert oder angefordert“, so die Wettbewerbszentrale. Trotzdem habe eine Ärztin das Testzertifikat für das Ergebnis eines Selbsttests ausgestellt – ganz ohne Kontakt zur bestellenden Person. Das hielt die Ärztin aber nicht davon ab, zu bestätigten, dass die in dem Zertifikat genannte Person keine Symptome habe und nicht mit dem Coronavirus infiziert sei, da sie einen negativen Antigen-Test gemacht habe „unter meiner fachärztlichen Überwachung meiner Arztpraxis …“.
Die Wettbewerbszentrale fand: Die Werbung von DrAnsay ist irreführend. Es werde der unzutreffende Eindruck erweckt, es handele sich um ein rechtswirksames Testzertifikat, das überall dort, wo Testnachweise notwendig sind, vorgelegt werden könne. Aber: Die Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung sieht für einen gültigen Testnachweis vor, dass dieser von einem Leistungserbringer vorgenommen oder überwacht wurde. Werde der Nachweis ganz ohne Arztkontakt ausgestellt, entspreche dies nicht den Vorgaben der Verordnung. Zudem seien die Angaben auch inhaltlich unzutreffend, weil der Test weder in einer Arztpraxis noch unter fachärztlicher Aufsicht durchgeführt worden sei.
AU ohne Arztkontakt: Verstoß gegen Werbeverbot für Fernbehandlungen
Die Wettbewerbszentrale mahnte DrAnsay zunächst ab. Als dies erfolglos blieb – Jurist Ansay bleibt von „seinem“ Rechtsgutachten überzeugt –, beantragte sie eine einstweilige Verfügung beim Landgericht Hamburg. Nun hat das Gericht dem Unternehmen ohne mündliche Verhandlung vorläufig untersagt, für die Ausstellung von Selbsttestzertifikaten zu werben oder Testzertifikate auszustellen, sofern der Test nicht von dem ausstellenden Arzt oder der Ärztin vorgenommen und überwacht wird. Gegen den Beschluss kann DrAnsay noch Rechtsmittel einlegen. Sein Online-Angebot hat DrAnsay bislang nicht umgestellt.
In einem anderen Verfahren, das die Wettbewerbszentrale gegen DrAnsay wegen seiner Werbung für digitale Krankschreibungen ohne Arztkontakt führt, musste das Hamburger Unternehmen ebenfalls schon eine Schlappe hinnehmen: Das Landgericht hatte die Werbung hierfür bereits im Oktober untersagt. Mittlerweile hat das Oberlandesgericht Hamburg die Berufung des Start-ups zurückgewiesen. Hier geht es um einen Verstoß gegen das Werbeverbot für Fernbehandlungen (§ 9 Heilmittelwerbegesetz). Die Krankschreibungen gibt es ebenfalls nach dem Ausfüllen eines Online-Fragebogens, auf dem unter anderem Symptome und die Dauer der gewünschten Krankschreibung anzukreuzen sind. Ein „Privatarzt“ stellte dann die Bescheinigung aus.
Laut Wettbewerbszentrale befanden die Richter des Oberlandesgerichts, dass dieses AU-Modell nicht den ärztlichen fachlichen Standards entspricht. Deshalb dürfe dafür auch nicht geworben werden. Eine Ausnahme vom grundsätzlichen Werbeverbot für Fernbehandlungen ist nämlich nur anzunehmen, „wenn nach allgemein anerkannten fachlichen Standards ein persönlicher ärztlicher Kontakt mit dem zu behandelnden Menschen nicht erforderlich ist.“ Irreführend waren aus Sicht des Gerichts auch Aussagen wie „100 % Akzeptanz bei Arbeitgebern und Krankenkassen“. Eine ordnungsgemäße Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, wie sie für die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall notwendig sei, liege gerade nicht vor.
6 Kommentare
Verbraucherzentrale leider anscheinend geistig minderbemittelt
von TRex am 07.01.2022 um 14:29 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Fortschritt
von ratatoske am 20.12.2021 um 14:24 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Dr. ANSAY Online Test
von Hella-Maria Schier am 18.12.2021 um 14:20 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Urteil
von Frank Berger am 18.12.2021 um 13:51 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Wettbewerb
von Rudolf Kautz am 17.12.2021 um 16:04 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Abrechnung
von Jan Kusterer am 14.12.2021 um 20:20 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.