Erste Lesung im Bundestag

Bundestag diskutiert Impfpflicht

Berlin - 07.12.2021, 16:45 Uhr

Der Bundestag befasste sich heute mit dem zweiten Pandemie-Gesetz der Ampelkoalition. (c / Archivbild / Foto: IMAGO / Future Image)

Der Bundestag befasste sich heute mit dem zweiten Pandemie-Gesetz der Ampelkoalition. (c / Archivbild / Foto: IMAGO / Future Image)


Die Ampel-Fraktionen haben heute im Bundestag ihre Pläne zur Einführung einer einrichtungsbezogenen COVID-19-Impfpflicht verteidigt. Zudem haben sie den Weg für COVID-19-Impfungen in der Apotheke bereitet. Die SPD-Gesundheitspolitikerin Sabine Dittmar versprach: „Wir werden jetzt dafür sorgen, dass der Impfstoff auch zügig dort ankommt, wo er verimpft werden soll.“

Der Bundestag debattierte am heutigen Dienstag in erster Lesung über den Entwurf eines „Gesetz zur Stärkung der Impfprävention gegen COVID-19 und zur Änderung weiterer Vorschriften im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie“. SPD, Grüne und FDP planen darin bekanntlich, den zur Durchführung von COVID-19-Impfungen berechtigten Personenkreis auszuweiten – unter anderem auf Apotheker:innen. Vorgesehen ist überdies, dass Beschäftigte unter anderem von Kliniken, Pflegeheimen, Arztpraxen, Rettungsdiensten und Geburtshäusern ab 15. März 2022 einen Corona-Impf- oder Genesenennachweis vorlegen müssen oder ein ärztliches Attest, dass sie nicht geimpft werden können. Beide Regelungen, die durch zwei neue Paragrafen ins Infektionsschutzgesetz eingeführt werden, sollen bis Ende 2023 befristet sein.

Sabine Dittmar (SPD), bislang gesundheitspolitische Sprecherin ihrer Fraktion, bald parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium, räumte in der Bundestagsdebatte ein, dass eine Impfpflicht ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit sei. Aber auch die körperliche Unversehrtheit der Schwachen und Hilfsbedürftigen sei ein Grundrecht. Vulnerable Gruppen, etwa in Pflegeheimen, könnten sich nicht aussuchen, von wem sie behandelt würden. Es gehe hier um eine Güterabwägung – und laut Dittmar kann es nur eine Antwort geben: Aus „epidemiologischer, ethischer und moralischer Sicht“ sei eine hohe Impfquote in diesen Einrichtungen unabdingbar.

Auch die gesundheitspolitischen Sprecherinnen der Grünen und der FDP, Maria Klein-Schmeink und Christine Aschenberg-Dugnus, argumentierten mit Blick auf die einrichtungsbezogene Impfpflicht mit dem Schutz der besonders gefährdeten Menschen, die in Kliniken oder Pflegeeinrichtungen behandelt und betreut werden. Die aktuelle Corona-Situation sei „sehr ernst“, das zwinge zum Handeln, sagte Aschenberg-Dugnus.

AfD-Fraktionschefin Alice Weidel warf insbesondere der FDP Wahlbetrug vor: Sie habe vor der Wahl der Impfpflicht noch eine Absage erteilt und solle nun „nie wieder das Wort Freiheit in den Mund nehmen“. Die Impfpflicht für Pflegekräfte sei „ein Schlag ins Gesicht dieser Menschen“, so Weidel. Das gesamte Gesetz sei eine „unerhörte Grenzüberschreitung“.

Dittmar: Logistische Hemmnisse bei der Impfstoffversorgung abbauen

Bezüglich des kürzlich ausgerufenen Ziels der Bundesregierung, 30 Millionen Impfungen bis zum Jahresende zu ermöglichen, betonte Dittmar zudem: „Wir werden jetzt dafür sorgen, dass der Impfstoff auch zügig dort ankommt, wo er verimpft werden soll. Mit General Breuer haben wir nun einen erfahrenen Logistiker an der Spitze des neuen Krisenstabs im Kanzleramt, der mit seiner Expertise die logistischen Hemmnisse überwinden wird.“

Länder können auch die Gastronomie schließen

Das zweite Pandemie-Gesetz der Ampel justiert überdies an den mit dem Vorgängergesetz eingeführten neuen Regelungen im Infektionsschutzgesetz nach. So setzt es erneut bei den Schutzmaßnahmen an, welche die Länder auch nach dem Ende der epidemischen Lage in einer kritischen Lage ergreifen können. Dabei wird der Katalog für die Länder ausgeschlossener Maßnahmen präzisiert. So soll nun auch die Untersagung von Übernachtungsangeboten nicht möglich sein. Klargestellt wird auch, dass Sporteinrichtungen wie Fitnesscenter oder Schwimmhallen nicht geschlossen werden dürfen. Dagegen wird es den Ländern ermöglicht, gastronomische Einrichtungen, Freizeit- oder Kultureinrichtungen zu schließen sowie die Durchführung von Messen und Kongressen zu untersagen. Zudem bleiben Schutzmaßnahmen der Länder, die nach dem alten Recht ergriffen wurden, bis zum 15. Februar anwendbar – bislang war der 15. Dezember der Schlusspunkt.

Klarstellung bei Genesenen- und Testdokumentation

Eine Klarstellung soll es überdies in § 22 IfSG geben, der die Test-, Genesenen- und Impf-Dokumentation regelt. So muss die Genesenen- und Testdokumentation künftig ausdrücklich Name und Anschrift „der zur Durchführung oder Überwachung der Testung befugten Person“ enthalten. Bislang ist in § 22 Abs. 4b IfSG nur von der „für die Testung verantwortlichen Person“ die Rede – die Testdokumentation erfordert bislang noch gar keine entsprechende Angabe.

Am morgigen Donnerstag wird im Hauptausschuss des Bundestags – die Fachausschüsse haben sich bislang noch nicht konstituiert – eine Anhörung zum Gesetzentwurf stattfinden. Bereits am Freitag sind sowohl die abschließende Beratung im Bundestag sowie die Zustimmung durch den Bundesrat eingeplant. Dann könnte das Gesetz bereits im Lauf der nächsten Woche im Bundesgesetzblatt verkündet und einen Tag später in Kraft treten.

Was bislang noch aussteht, ist eine Vergütungsregelung für Impfungen in der Apotheke. Diese müsste in der Coronavirus-Impfverordnung geregelt werden. Diese wird vom Bundesgesundheitsministerium ohnehin gerade – zusammen mit der Testverordnung – überarbeitet.



Kirsten Sucker-Sket / dpa
redaktion@daz.online


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