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Heidelberger Herbstkongress 2021 beleuchtet Evidenz
Phytopharmaka bei Magen-Darmbeschwerden: Ingwer, Pfefferminzöl und lösliche Ballaststoffe
Ingwer bei Reiseübelkeit – darf’s ein bisschen mehr sein?
Der Ingwerwurzelstock wurde in mehreren Anwendungsgebieten untersucht, jedoch mit sehr heterogenen Ergebnissen. Ob postoperativ, arzneimittelinduziert (Chemotherapie) oder bei Schwangerschaft, stets ging es um Übelkeit und Erbrechen. Doch nur bei der Reisekrankheit (Kinetose) hat sich die europäische Arzneimittelbehörde EMA für den „Well-Established-Use“ zur Prävention von Übelkeit und Erbrechen entschieden. Allerdings nur bei richtiger Anwendung: Von der pulverisierten pflanzlichen Substanz sollen Erwachsene vor Reisebeginn 1-2 g einnehmen. Unter den „Traditional Use“ fällt hingegen die sympomatische Linderung der Reisekrankheit. Dabei nehmen Erwachsene 750 mg 30 Minuten vor der Reise, Kinder und Jugendliche (6-18 Jahre) sollen 250-500 mg 30 Minuten vor der Reise einnehmen. Letztere Dosierung empfiehlt ein bekanntes Präparat aus der Apotheke übrigens auch Erwachsenen (Zintona).
Carmenthin und Iberogast bei Reizmagen
Auch bei Reizmagen (funktionelle Dyspepsie) können laut Fürst pflanzliche Mittel zum Einsatz kommen, zumindest bei moderaten Beschwerden und längerer Anwendungsdauer. Daten gibt es zu Präparaten, die 90 mg Pfefferminzöl und 50 mg Kümmelöl enthalten (Carmenthin, früher Enteroplant) und außerdem zu dem wohlbekannten Vielstoffgemisch Iberogast, das mittlerweile in zwei Varianten erhältlich ist (Iberogast / STW5 und Iberogast Advance / STW5-II). Beide Iberogast-Präparate sind laut Fürst in der Wirkung gleichwertig, obwohl sie unterschiedlich zusammengesetzt sind. In einer placebokontrollierten Studie zeigte sich jedoch, dass für STW5 erst nach 28 Tagen ein signifikanter Vorteil gegenüber Placebo nachweisbar ist, entsprechend moderat ist auch insgesamt der Effekt. Magen-Darm-Erkrankungen würden alle recht stark auf Placebo ansprechen.
Kritischer steht Fürst Mariendistelfrüchte-Trockenextrakten (standardisiert auf Silymarin) gegenüber. Es gebe zwar 65 klinische Studien, von denen 19 verblindet gewesen seien, und diese wurden hauptsächlich mit dem Präparat „Legalon“ durchgeführt. Das „Wording“ der Indikationsangabe habe es aber in sich: „Zur unterstützenden Behandlung bei chronisch-entzündlichen Lebererkrankungen, Leberzirrhose und toxischen Leberschäden.“ Fürst bezweifelt, dass man das heute noch so in die Fachinformation aufnehmen würde. Bei alkoholischen Leberschäden gebe es eventuell aber einen Nutzen. Mariendistelfrüchte-Trockenextrakte zählen laut EMA zum „Traditional Use“, allerdings zur symptomatischen Linderung von Verdauungsbeschwerden, Völlegefühl und Verdauungsstörungen sowie zur Unterstützung der Leberfunktion, nach Ausschluss schwerer Erkrankungen.
Kein Beleg für Wirksamkeit
Ökotest verreißt Artischockenpräparate
Ende des Lieferengpasses bei hochdosierten Pankreasenzym-Präparaten nicht absehbar
Das muss man erstmal verdauen
„Leider“ wurde, so Fürst, auch dem Artischockenblätter-Trockenextrakt (Hepar-SL) „nur“ der „Traditional Use“ zuerkannt. Die EMA (genauer das Committee on Herbal Medicinal Products, HMPC) empfiehlt die Artischocke zur symptomatischen Linderung von Verdauungsstörungen wie Dyspepsie mit Völlegefühl, Blähungen und Flatulenz. Die Indikation von Hepar SL lässt zudem eine besondere Wirkung auf das Gallesystem vermuten: „Verdauungsstörungen (dyspeptische Beschwerden), besonders bei funktionellen Störungen des ableitenden Gallensystems.“
Eine „pflanzliche“ Lipase für Vegetarier
Eine Störung der exokrinen Pankreasfunktion kann mit einer Verdauungsstörung einhergehen. In der Apotheke sind vor allem hochdosierte Pankreasenzym-Präparate (z.B. Kreon) bekannt. Die sind aber nicht pflanzlich, sondern werden aus Bauchspeicheldrüsen von Schweinen gewonnen. Zumindest nicht tierisch ist das Präparat „Nortase“. Es besteht aus Pilz-Lipasen, die auf Reis wachsen. Die sogenannte Rizolipase besitzt sogar eine höhere Aktivität als tierische Pankreaslipase und ist säurestabil.
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