Mitarbeiterin in U-Haft

Gefälschte Corona-Impfausweise: Betrüger benutzen Apotheken-IT

München/Stuttgart - 25.10.2021, 12:15 Uhr

Geschäft mit den Impfpässen: 350 Euro musste man zuletzt dafür hinlegen, um einen digitalen Impfausweis zu bekommen, ohne geimpft worden zu sein. (x / Foto: IMAGO / Bihlmayerfotografie)

Geschäft mit den Impfpässen: 350 Euro musste man zuletzt dafür hinlegen, um einen digitalen Impfausweis zu bekommen, ohne geimpft worden zu sein. (x / Foto: IMAGO / Bihlmayerfotografie)


In München ist Ermittlern ein Schlag gegen eine Bande von Impfpassfälschern gelungen. Allein im Oktober soll sie mehr als 500 Impfzertifikate ausgestellt haben und dafür die IT-Infrastruktur einer Münchner Apotheke genutzt haben. Eine Apothekenmitarbeiterin und ein Komplize sind nun in Untersuchungshaft, der Inhaber selbst  soll nicht beschuldigt sein.

In München machten Polizisten eine Betrügerbande dingfest, die Hunderte gefälschte QR-Codes für den digitalen Corona-Impfausweis erstellt und im Internet verkauft haben soll. In diesem Zusammenhang wurde am vergangenen Freitag durch die Bayerische Zentralstelle zur Bekämpfung von Betrug und Korruption im Gesundheitswesen (ZKG) und das Bayerische Landeskriminalamt eine  Apotheke und im Anschluss unter anderem mehrere Wohnungen durchsucht. Bei der Aktion wurden Geld und Kryptowährungen im Wert von fast 100.000 Euro sichergestellt, es gab zwei Verhaftungen. Auf die Sache aufmerksam geworden ist das Bundeskriminalamt (BKA), Abteilung Cybercrime, im Rahmen von Recherchen im Darknet. Das Verfahren wurde von dort an das Bayerische LKA abgegeben.

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Seit Mitte August sollen die Betrüger Fake-Codes auf einem deutschsprachigen Cybercrime-Forum unter einem Pseudonym angeboten haben, wie die zuständigen Ermittler der Bayerischen Zentralstelle zur Bekämpfung von Betrug und Korruption im Gesundheitswesen (ZKG) mitteilten. Allein im Oktober sollen die Fälscher mehr als 500 Impfzertifikate ausgestellt haben. Sie sollen durch unberechtigten Online-Zugriff die IT-Infrastruktur der Münchner Apotheke genutzt haben – dass der Zugriff zu einfach möglich ist, weil es keine Zweifaktor-Authentifizierung oder Ähnliches gibt, hatten IT-Sicherheitsexperten im DAZ-Interview bereits bemängelt, als im Juli Sicherheitslücken im Verbändeportal bekannt wurden.

Apothekenmitarbeiterin und Komplize in Untersuchungshaft

Der Apotheker selbst sei nicht beschuldigt, betonten die Ermittler. Eine Apothekenmitarbeiterin und ein Komplize kamen aber wegen Flucht- und Verdunklungsgefahr in Untersuchungshaft. Ihnen wird die unzutreffende Bescheinigung einer COVID-19-Schutzimpfung (§ 75a Abs. 1 IfSG) und Fälschung technischer Aufzeichnungen (§ 268 Abs. 1 Nr. 1 StGB) vorgeworfen. Weitere Auskünfte sind laut Oberstaatsanwaltschaft aus ermittlungstaktischen Gründen derzeit nicht möglich.

„Verfahren von überdurchschnittlicher Bedeutung“

Die Namen derer, die sich dort gefälschte Impfzertifikate haben ausstellen lassen, können aber laut dem bei der Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg angesiedelten ZKG nicht ermittelt werden. Unklar ist, ob ihre gefälschten Impfausweise gelöscht oder ungültig gemacht werden können.

Die Ermittler sprechen von einem Verfahren von „überdurchschnittlicher Bedeutung“. Doch das Problem dürfte damit kaum gelöst sein. Denn Bayerns Polizei registriert immer mehr Impfausweise mit gefälschten Corona-Zertifikaten.

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„Wir gehen davon aus, dass immer mehr gefälschte Impfausweise im Umlauf sind“, sagte Innenminister Joachim Herrmann (CSU) der Deutschen Presse-Agentur in München. Unabhängig von dem Schlag gegen die Fälscherbande vom Freitag hat die Bayerische Polizei demnach 440 Fälle registriert, die im Zusammenhang mit der Fälschung von Impfpässen, Impfzertifikaten oder Impfstoffetiketten stehen. Anfang September waren es gerade erst 110 Fälle gewesen.

Gefälschte Impfausweise sind ein bundesweites Problem

Gefälschte Impfausweise können Straftatbestände wie Urkundenfälschung erfüllen. Wer sie in Verkehr bringt oder nutzt, macht sich strafbar, in der Folge sind sogar Freiheitsstrafen möglich. „Die Bayerische Polizei wird jeden Verdacht auf Fälschung konsequent verfolgen und der Staatsanwaltschaft vorlegen“, sagte Herrmann.

Gefälschte Impfausweise sind jedoch nicht nur ein bayerisches, sondern ein bundesweites Problem. Seitdem es Ungeimpfte im Alltag deutlich schwerer haben, etwa bei Besuchen in Restaurants oder Theatern, haben die Corona-Zertifikate an Wert gewonnen, da sie die ansonsten für viele Menschen kostenpflichtigen Tests meist überflüssig machen. Die Ministerpräsidentenkonferenz forderte den Bund am Freitag per Beschluss auf, kurzfristig zu prüfen, wie die Fälschung von Impf-, Genesenen- und Testbescheinigungen lückenlos und angemessen bestraft werden kann.



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