DiGA zulasten der GKV

Welche Apps können verordnet werden? (Teil 1)

Stuttgart - 14.09.2021, 15:15 Uhr

An den Apotheken gehen die DiGA bislang weitestgehend vorbei. Zwei Anträge auf dem Deutschen Apothekertag, der kommende Woche stattfindet, wollen das ändern. (Foto: vectorfusionart / AdobeStock)

An den Apotheken gehen die DiGA bislang weitestgehend vorbei. Zwei Anträge auf dem Deutschen Apothekertag, der kommende Woche stattfindet, wollen das ändern. (Foto: vectorfusionart / AdobeStock)


Obwohl sie schon seit geraumer Zeit verordnet werden können, gehen die sogenannten DiGA – das ist die Kurzform für digitale Gesundheitsanwendungen –  an den Apotheken bislang weitestgehend vorbei. Zwei Anträge auf dem Deutschen Apothekertag, der kommende Woche stattfindet, wollen das ändern. Wir haben uns schon einmal angeschaut, welche DiGA es überhaupt gibt und für wen sie gedacht sind.

Ärzte und Psychotherapeuten können seit dem Inkrafttreten des Digitale-Versorgung-Gesetzes im Dezember 2019 digitale Gesundheitsanwendungen – kurz DiGA – zulasten der GKV verordnen. Unter digitalen Gesundheitsanwendungen versteht man dabei zertifizierte Medizinprodukte niedriger Risikoklassen (I oder IIa), die hauptsächlich auf digitalen Technologien basieren. Sie sollen den Nutzer bei Diagnose, Adhärenz und Therapie von Krankheiten, Verletzungen oder Behinderungen unterstützen.

An den Apotheken gehen die DiGA bislang weitestgehend vorbei. Zwei Anträge auf dem Deutschen Apothekertag, der kommende Woche stattfindet, wollen das ändern. Sie stammen von der Apothekerkammer Berlin. So sollen Apotheken die Versorgung der Patienten mit diesen Apps sicherstellen, indem sie unter anderem dazu beraten – gegen Honorar versteht sich. Um Apotheker:innen dabei zu unterstützen, sollen DiGA dem weiten Antrag zufolge in die ABDA-Datenbank eingepflegt werden.

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Nichtsdestotrotz können schon jetzt in der Apotheke Patient:innen mit entsprechenden Diagnosen darauf hingewiesen werden, dass es die Apps und die Möglichkeit der Verordnung gibt.

Voraussetzung für die Erstattungsfähigkeit durch die Krankenkassen ist die Aufnahme in das DiGA-Verzeichnis beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. 20 Apps sind dort bislang gelistet, fünf davon dauerhaft. Für sie konnte der Nachweis zum positiven Versorgungseffekt bereits abschließend erbracht werden.

Welche App für wen? 

Welche Apps das sind und für wen sie sich eignen, stellen wir im Folgenden vor (in zwei Teilen):

Deprexis – Ergänzendes Selbsthilfeprogramm bei Depressionen

Deprexis stellt eine Ergänzung zur ärztlichen beziehungsweise psychotherapeutischen Behandlung dar und richtet sich an volljährige Patienten mit Depressionen sowie depressiven Verstimmungen. Dafür setzt das interaktive Selbsthilfeprogramm auf das psychotherapeutische Verfahren der kognitiven Verhaltenstherapie. In mehreren klinischen Studien konnte eine Reduktion der depressiven Beschwerden bei zusätzlicher Nutzung der Anwendung belegt werden.

In einem virtuellen Dialog werden die Nutzer darin unterstützt, ihre persönliche Situation besser einzuschätzen sowie geeignete Methoden und Übungen für ein besseres Wohlbefinden zu entdecken. Mit einem Stimmungstagebuch sowie Fragebögen soll der Symptomverlauf abgebildet und in Übersichten der regelmäßige Fortschritt veranschaulicht werden. Die Verläufe können auf Wunsch mit dem Behandler geteilt werden. Anregungen und Tipps per SMS oder E-Mail sollen die Nutzer darüber hinaus im Alltag motivieren und bei Antriebslosigkeit mit Impulsen unterstützen. Die Anwendung kann von Ärzten und Psychotherapeuten für 90 Tage verordnet werden. Weitere Infos unter: https://de.deprexis.com/

Unterstützung bei Schlafstörungen, MS und schädlichem Alkoholkonsum

Velibra – Virtueller Dialog gegen Angststörungen

Velibra wurde für volljährige Patienten mit generalisierter Angststörung, Panikstörung, Platzangst sowie sozialen Störungen als Ergänzung zur ärztlichen beziehungsweise psychotherapeutischen Behandlung entwickelt. Die Webanwendung basiert auf Methoden der kognitiven Verhaltenstherapie und konnte in einer klinischen Studie mit 139 Teilnehmern von ihrem Nutzen überzeugen. Laut Anbieter konnten zum Beispiel bei 45 Prozent der Studienteilnehmer:innen mit generalisierter Angststörung nach Nutzung der Anwendung die Kriterien für diese Diagnose nicht mehr festgestellt werden.

Das Online-Programm ist zur Eigenanwendung konzipiert und basiert hauptsächlich auf einem therapeutischen Dialog, dessen Verlauf von den Antworten des Nutzers abhängt. Auf diese Weise sollen Techniken und Übungen vermittelt und Patienten im Umgang mit ihren Ängsten unterstützt werden. Weitere Infos unter: www.velibra.de

Somnio – Digitales Training bei Schlafstörungen

Für Patienten mit Ein- oder Durchschlafstörungen steht im DiGA-Verzeichnis die App beziehungsweise Web-Anwendung somnio zur Verfügung. Die Anwendung beruht auf einer Kombination aus Analyse, Wissensvermittlung sowie personalisiertem Training und basiert auf Techniken aus der kognitiven Verhaltenstherapie. Der medizinische Nutzen wurde in einer randomisierten kontrollierten Studie nachgewiesen. Demnach konnten mit Schlafstörungen assoziierte Symptome um 50 Prozent reduziert und die nächtlichen Wachzeiten verkürzt werden.

Um dieses Ziel zu erreichen, lernen die Nutzer mit der App zum Beispiel ihren individuellen Schlaf-Wach-Rhythmus kennen und erfahren, wie sie schlafhindernde Gedanken ablegen und sich selbst in einen schlafförderlichen Zustand versetzen. Auf Wunsch können Fitnesstracker zur Schlafanalyse eingebunden werden. Weitere Infos unter: www.somn.io

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Elevida – Unterstützung von MS-Patienten mit Fatigue

Elevida richtet sich an volljährige MS-Patienten (Patienten mit Multipler Sklerose), die unter einer anhaltenden Müdigkeit beziehungsweise Erschöpfung (sog. Fatigue) leiden. Ziel der Anwendung ist es, diese Begleiterscheinung zu reduzieren – in einer klinischen Studie mit 275 Patienten konnte dieser Effekt belegt werden.

Elevida ist als Ergänzung zur Behandlung durch einen Arzt beziehungsweise Psychotherapeuten gedacht und basiert auf anerkannten psychotherapeutischen Verfahren. Die Webanwendung umfasst einen virtuellen Dialog, die Möglichkeit zur Erstellung eines Tagebuchs, Übungsaufgaben sowie Audiodateien mit therapeutischen Übungen. Weitere Infos unter: https://elevida.de/

Vorvida – Digitale Unterstützung bei schädlichem Alkoholkonsum

Für Volljährige mit Alkoholabhängigkeit oder schädlichem Alkoholkonsum steht im DiGA-Verzeichnis die Anwendung vorvida bereit. Mit der Webanwendung sollen die Nutzer in die Lage versetzt werden, ihre Trinkmenge zu reduzieren und ihr Trinkverhalten besser zu managen. Ein Nachweis der Wirksamkeit wurde in einer klinischen Studie mit 608 Patienten erbracht.

Auch vorvida basiert auf einem virtuellen Dialog, der sich je nach ausgewählter Antwortmöglichkeit individuell auf den Nutzer einstellt. Auf diesem Wege werden dem Anwender Informationen angeboten und durch Arbeitsblätter, Übungen (zum Teil als Audiodatei) und Fragebögen ergänzt. Wie auch bei deprexis (s. o.) können Nutzer auf Wunsch Wiederholungen und Tipps per SMS oder E-Mail erhalten. Zu beachten ist auch hier, dass vorvida keine alleinige Therapie, sondern vielmehr eine Ergänzung zur ärztlichen Behandlung darstellt. Weitere Infos unter: https://de.vorvida.com/



Nadine Sprecher, Apothekerin, Redakteurin PTAheute.de
redaktion@daz.online


Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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