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Noch etwas mehr als drei Wochen bis zur Bundestagswahl. Wir haben uns die gesundheitspolitische Agenda der im Bundestag vertretenen Parteien angesehen und mit Politiker:innen der jeweiligen Fraktionen über die für die Apothekerschaft relevanten Themen gesprochen – darunter auch mit der Bundestagsabgeordneten Sabine Dittmar, der gesundheitspolitischen Sprecherin der SPD-Fraktion. Für unsere Leser:innen haben wir die wichtigsten Punkte der Agenda der Sozialdemokraten zusammengefasst.
Im Wahlprogramm der SPD – genannt Zukunftsprogramm – findet sich nichts Konkretes zu Apotheken. Angesprochen wird dagegen der Arzneimittelmarkt. In der Pandemie habe sich gezeigt, dass die Abwanderung der Arzneimittelproduktion ins Ausland und die damit zunehmende Abhängigkeit zu Lieferengpässen oder gar Versorgungsengpässen führen könne. Zudem fordert die SPD, Deutschland müsse wieder „seine Innovationskraft einsetzen, um Krankheiten zu bekämpfen“. „Wir wollen ein System, das in Krisensituationen die Produktion, Bereithaltung und Verteilung von notwendiger Arznei und Medizinprodukten sicherstellt“. Weitere Punkte im Gesundheitskapitel sind die Digitalisierung, deren Potenziale für die Verbesserung von Diagnosen und für die flächendeckende gesundheitliche Versorgung entschlossener genutzt werden sollen. Ferner bleiben die Sozialdemokraten bei ihrer Forderung nach einer Bürgerversicherung.
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„Wie angemessen das Honorar ist, wird sich am Erfolg feststellen lassen müssen“
Um mehr über die Absichten im Apothekenbereich zu erfahren, fragte die DAZ daher bei Sabine Dittmar, der gesundheitspolitischen Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, nach. Im Interview erklärt sie, als Hausärztin habe sie bereits vor der Pandemie gewusst, wie wichtig die Arbeit der Apotheken ist – die Pandemie habe daher ihr bisheriges Bild von der Apotheke nicht verändert, sondern nur bestätigt. Deshalb findet sie es auch elementar, dass das Vor-Ort-Apothekenstärkungsgesetz (VOASG) die Expertise der Apotheker:innen in den Vordergrund rückt, zum Beispiel mit den Dienstleistungsverträgen. Dittmar betont: „Apotheker sind keine reinen Verkäufer, sondern Angehörige eines Heilberufs.“ Für sie ist es daher durchaus vorstellbar, dass Apotheken auch andere Impfungen als die Grippeimpfung anbieten, zum Beispiel FSME mit regionalen Schwerpunkten. Aber auch neben der Stärkung des Heilberufs seien mit dem VOASG viele Maßnahmen getroffen worden, um die Apotheken vor Ort zu stärken, so Dittmar. Sie sei dankbar, dass sich das Bundesgesundheitsministerium dem SPD-Vorschlag angeschlossen habe, das Rx-Boni-Verbot im Sozialrecht zu verankern. Sie macht allerdings auch klar, dass die Dienstleistungen beziehungsweise das dafür veranschlagte Honorar nicht dafür gedacht sind, um notleidende Apotheken zu unterstützen, sondern um gute Lösungen für eine bessere Versorgung der Patientinnen und Patienten zu finden. „Wenn das funktioniert, dann ist das gut angelegtes Geld. Wie angemessen das Honorar ist, wird sich am Erfolg feststellen lassen müssen“, so die Bundestagsabgeordnete. Immerhin zeigt sich Dittmar offen, die Regelungen, um die SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung hinsichtlich einer möglichen Verstetigung zu prüfen – schließlich konnten die Kassen trotz der Corona-Sonderregelungen so viele Einsparungen mit Rabattverträgen erzielen wie noch nie zuvor. Wenn Bürokratie abgebaut werden könne, ohne dass es Mehrkosten verursache, sei sie immer dafür, so Dittmar.
Stationsapotheker sollen Standard sein
Beim Thema Arzneimitteltherapiesicherheit setzt Dittmar auf die Kompetenz der Apotheker. In ihren Augen sollte es Standard sein, dass Stationsapotheker beim Medikationsprozess eingebunden werden, so wie das in Niedersachsen bereits der Fall ist. Die Ärztin ist nämlich überzeugt: „Ein pharmazeutischer Blick auf die Medikation schadet nie.“ Und das gilt ihrer Ansicht nach nicht nur im Krankenhaus: „Vor allen Dingen im Bereich der Polymedikation ist noch viel zu tun. Hier setze ich auf die Beratungskompetenz der Apotheker. Die Apotheker müssen gute Modelle in die Verhandlungen einbringen, die die Versorgung sicherer machen.“
Digitalsierrung geht noch zu langsam voran
Was die Digitalisierung angeht, würde Dittmar gerne mehr aufs Tempo drücken. So nutze beispielsweise noch niemand der Ärztinnen und Ärzte in ihrem Bekanntenkreis die elektronische Patientenakte, berichtet sie. Dittmar ist aber überzeugt, dass die Digitalisierung die Versorgung grundsätzlich verändern wird. „Die Pandemie hat gezeigt, dass die Menschen für digitale Formen offen sind“, erklärt sie. Und auch wenn der persönliche Kontakt nicht überall ersetzt werden kann, so unterstützt die Telemedizin in ihren Augen viele Prozesse – auch im Hinblick auf den Ärztemangel. „Als ich noch als Hausärztin tätig war, habe ich ältere Patienten oft zu Hause besucht. Dabei habe ich den Blutzucker und Blutdruck gemessen und die Beine auf Schwellungen untersucht“, erzählt sie, „diese Tätigkeiten hätte auch ein qualifizierter Arzthelfer übernehmen können. Oft hätte ich heute die weitere Behandlung telemedizinisch klären können.“ In ihren Augen muss man bereit sein, die Qualifikationen unseres medizinischen Fachpersonals besser einzusetzen.
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Auch bei der Arzneimittelversorgung in struktur- und einkommensschwachen Regionen kann die Digitalisierung nach Dittmars Ansicht einen Beitrag leisten: „Mithilfe der modernen Medien muss nicht mehr in jedem kleinen Ort eine Apotheke vorhanden sein. Die Versorgung mehrerer Dörfer im Umkreis wird mit Einführung des E-Rezepts noch einfacher“, erklärt sie. In diesem Zusammenhang sei auch die dauerhafte Vergütung des Botendienstes ein wichtiger Schritt gewesen. Dittmar sieht daher auch trotz der immer weiter sinkenden Apothekenzahl keinen Handlungsbedarf, zumal mehr Filialen öffneten und auch die Zahl der Angestellten wachse.
Regionale Gesundheitszentren für unterversorgte Regionen
Außerdem plant die SPD in unterversorgten Regionen regionale Gesundheitszentren mit einem staatlichen Budget, das diese aber autonom verplanen können, zu etablieren. Man brauche überregionale Zentren und eine gute regionale Versorgung, so die Politikerin. Diese Teilbereiche müsse man miteinander vernetzen. Und bei diesem Konzept sollen auch die Apotheken eine Rolle spielen. Die Wunschvorstellung sei, dass diese Zentren einen fließenden Übergang zwischen ambulanter und stationärer Versorgung ermöglichen, erläutert Dittmar. „Wir planen, Standorte auszuwählen, in deren Nähe Apotheken sind. Für mich gehören neben der medizinischen und pflegerischen Versorgung auch Arzneimittel zur Daseinsvorsorge“.
3 Kommentare
Fachkompetenz? Verantwortung?
von Thomas Eper am 04.09.2021 um 11:32 Uhr
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Neue Aufgaben
von Dr Schweikert-Wehner am 04.09.2021 um 7:58 Uhr
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SPD
von Roland Mückschel am 03.09.2021 um 17:27 Uhr
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