Pharmazie und Klimawandel auf dem Apothekertag

Sind Apotheken bereit für das Klima von morgen?

Stuttgart - 23.08.2021, 09:15 Uhr

„Unterstütze deinen Planeten vor Ort“, fordert ein Klimaaktivist in Bonn. Auch Apotheker:innen treten vermehrt in Aktion. Auf dem Deutschen Apothekertag 2021 beschäftigen sich zwei Anträge mit der Klimakrise und der Rolle der Pharmazie. (Foto: c / Mika Baumeister / Unsplash)

„Unterstütze deinen Planeten vor Ort“, fordert ein Klimaaktivist in Bonn. Auch Apotheker:innen treten vermehrt in Aktion. Auf dem Deutschen Apothekertag 2021 beschäftigen sich zwei Anträge mit der Klimakrise und der Rolle der Pharmazie. (Foto: c / Mika Baumeister / Unsplash)


Hitzewellen, Überschwemmungen, Dürreperioden: Der Klimawandel bringt immer mehr Katastrophen mit sich, auch mit Folgen für die Gesundheit und die Arzneimittelversorgung. Auf dem Apothekertag fordern mehrere Pharmazeut:innen, Offizinen stärker für die Folgen der Klimakrise zu sensibilisieren – und zwar durch Bildung und als Schwerpunkt des Deutschen Apothekertags 2022.

Vor wenigen Tagen schockierte ein neuer Berichtsentwurf des Weltklimarats die Medien. Dass unsere nahe Zukunft ungemütlich wird, ist für die Wissenschaft nicht neu. Doch extreme Auswirklungen des Klimawandels kommen früher als erwartet. Auch Mitteleuropa erwartet in den kommenden Jahren mehr und mehr Katastrophen.

Das wird auch die Arbeit in der öffentlichen Apotheke prägen. Arzneimittel müssen so gelagert werden, dass sie Hitzewellen und starken Temperaturschwankungen standhalten. Angesichts der sich häufenden Naturkatastrophen wird es herausfordernder als bisher, die Arzneimittelversorgung aufrechtzuerhalten. Der Schwerpunkt von Beratungsthemen könnte sich hierzulande verschieben: Medizinisch wird die Hitze immer mehr zum Problem, die Blütezeit allergener Pflanzen länger. Auch gesundheitliche Schäden durch Luftverschmutzung und vektorbasierte Infektionskrankheiten werden zunehmen.

„Klimawandel in Aus-, Fort-, und Weiterbildung“

Die Autoren zweier Anträge des Deutschen Apothekertags 2021 (vom 22. bis 23. September in Düsseldorf) wollen, dass Apotheker:innen besser auf die Entwicklungen vorbereitet werden – und selbst etwas gegen eine mögliche Katastrophe tun können.

In einem Antrag fordern die Präsidentin der Berliner Apothekerkammer, Kerstin Kemmritz, und Kollegen, dass die Auswirkung des Klimawandels auf die Arzneimittelversorgung und Gesundheit Thema in Aus-, Fort- und Weiterbildung wird. Der Schwerpunkt soll auf den Zusammenhängen zwischen Pharmazie und Klima liegen. Auch die Möglichkeiten, mit denen man die Entwicklungen beeinflussen kann, sind für die Autorinnen und Autoren wichtig.

Derzeit entwickelt eine Handvoll Dozierender und Studierender Ideen, mit denen an den Universitäten Umwelt und Pharmazie gemeinsam gelehrt werden kann. Im eng getakteten Pharmaziestudium stößt dies oft auf Widerstand.

Ein Klima-Apothekertag 2022?

In einem weiteren Antrag fordert die Landesapothekerkammer Thüringen, „Klimawandel, Pharmazie und Gesundheit“ zum Thema des Apothekertags im Jahr 2022 zu machen. „Was können wir an welcher Stelle tun, um die Nachhaltigkeit von Arzneimitteln im kompletten Lebenszyklus zu optimieren?“ Fragen, die sich die Apothekerschaft für die Autorinnen und Autoren vergegenwärtigen sollten. „Wie kann die Pharmazie die Gesundheit von Menschen jetzt und in Zukunft fördern?“

Die globale Bewegung „Fridays for Future“ hat die Klimakrise in den vergangenen Jahren verstärkt ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt. Auch im Gesundheitswesen gründeten sich Initiativen wie „Health for Future“ oder die „Deutsche Allianz für Klimawandel und Gesundheit“ (KLUG) bis hin zu den „Pharmacists for Future“.

Die Apothekerin Ulrike Faber war im Jahr 1989 Gründungsmitglied des Vereins demokratischer Pharmazeutinnen und Pharmazeuten (VdPP) gewesen. 30 Jahre später war sie wieder bei einer Gründung dabei, diesmal bei den Pharmacists for Future. Die Initiative aus Pharmaziestudierenden und Apotheker:innen will, dass auch in der Pharmazie alles Erforderliche gegen den Klimawandel und seine Auswirkungen getan wird, um die Gesundheit von Menschen weltweit, jetzt und in Zukunft, zu beachten und schützen.

„Diese Themen wären in der Apotheke gut angesiedelt“

Faber lieferte die Idee, die Auswirkungen des Klimawandels zum Schwerpunkt des Deutschen Apothekertags 2022 zu machen. Die DAZ-Redaktion wollte von ihr wissen, was hinter der Idee steckt.

DAZ: Frau Faber, sind Apotheken von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen?

Faber: Ja. Wir müssen uns klimarelevanten Herausforderungen stellen, etwa denen zur Arzneimittellagerung und zum Transport unter Hitzebedingungen.

Was können Apotheken tun?

Apotheken genießen in der Bevölkerung einen guten Ruf und sind niedrigschwellig erreichbar. Sie sind dafür verantwortlich, Patientinnen und Patienten aufzuklären – auch, wenn Probleme mit Auswirkungen des Klimawandels in Verbindung stehen. Sie betreffen den Umgang mit Arzneimitteln, gesundheitliche Gefahren und hitzeadäquates Verhalten. Ich denke insbesondere an die älteren Jahrgänge. Apotheker:innen können die Gelegenheit nutzen, um über die Klimakrise zu informieren, zum Beispiel in Schaufenstern.

Wie sollen sich die Themen im Beratungsgespräch wiederfinden?

Apotheker:innen können ihre Patienten dafür gewinnen, kleine Schritte zu gehen und damit zur Erhaltung unser aller Gesundheit beizutragen. Mülltrennung, Ressourcen sparen, sich klimaverträglich ernähren und mit anderen „Klimaaktivisten“ vernetzen: Es gibt viel, was die Menschen tun können. Themen wie diese wären gerade in den Apotheken gut angesiedelt und praktisch umzusetzen. Ich bin sicher, dass dies dem Ansehen der Apotheken zuträglich wäre.

Warum soll ausgerechnet der Deutsche Apothekertag 2022 für das Klima herhalten?

Beim Deutschen Apothekertag werden entscheidende berufspolitische Fragen der Pharmazie diskutiert und beschlossen. Daher ist es wichtig, dass Apotheker:innen hier Beschlüsse über ihre Positionen zum Klimawandel fassen, die dann auf allen Ebenen, zum Beispiel in den Landesapothekerkammern, in die Berufspraxis, aber auch in öffentlichkeitswirksamen Aktionen umgesetzt werden können. Einzelne regionale Aktivitäten gibt es bereits.

Und wenn der Antrag auf dem Deutschen Apothekertag (DAT) 2021 abgelehnt werden sollte?

Es wäre sehr gut, wenn sich die Delegierten auf dem DAT 2021 entscheiden würden, den Klimawandel zum Schwerpunkt auf dem DAT 2022 zu machen. Ich bleibe gespannt, wie die Delegierten über den Antrag beraten und abstimmen werden. Aber nicht nur über diesen Weg sollen Kolleginnen und Kollegen erreicht werden. Beim VdPP organisierten wir im Juni 2021 eine Fachtagung zur Pharmazie in der Klimakrise. Auch mit den Pharmacists for Future bleiben wir aktiv.



Marius Penzel, Apotheker und Volontär
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Klima

von Roland Mückschel am 23.08.2021 um 15:07 Uhr

Wir sind zu allem bereit.
Befehlt, wir machen alles.

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