Erhöhte RSV-Welle befürchtet

An RSV-Impfung mit Palivizumab denken

Stuttgart - 19.08.2021, 07:00 Uhr

Vor allem Frühgeborene und Neugeborene haben ein erhöhtes Risiko für schwere RSV-Infektionen und Spätfolgen wie Asthma und Allergien, weswegen eine passive Impfung wichtig ist. (Foto: Tobilander / AdobeStock)

Vor allem Frühgeborene und Neugeborene haben ein erhöhtes Risiko für schwere RSV-Infektionen und Spätfolgen wie Asthma und Allergien, weswegen eine passive Impfung wichtig ist. (Foto: Tobilander / AdobeStock)


RSV-Impfungen bereits ab September sinvoll?

Dabei hat RSV nicht nur akute Effekte und verursacht schwere Atemwegsinfektionen. Dem Kinderlungenarzt zufolge gibt es mittlerweile robuste Daten, dass auch Wochen bis Jahre nach einer akuten RSV-Infektion Atem- oder asthmatische Beschwerden persistieren können. Es gebe fundierte Untersuchungen, dass eine frühkindlich RSV-Infektion das Risiko der Kinder erhöht, eine allergische oder asthmatische Erkrankung zu entwickeln, sagt Rose. „RSV legt eine Weiche im Immunsystem um“ und Kinder könnten bis ins 18. Lebensjahr an den Spätfolgen einer RSV-Infektion leiden. Mit diesem Hintergrund wird die Notwendigkeit einer Prävention noch deutlicher.

Palivizumab wird in der Zeit mit erhöhtem RSV-Aufkommen, Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA) und RKI nennen hier die Monate November bis April, monatlich verabreicht und fällt sodann auch in den Erstattungsbereich der GKV. Der Kinderarzt betont, dass Palivizumab das Budget der Kinderärzte nicht belastet, sondern extrabudgetär vergütet werde. Doch was ist nun, wenn die RSV-Saison bereits jetzt beginnt? Ist es sinnvoll, mit den prophylaktischen Antikörpergaben bis November zu warten?

Palivizumab

Palivizumab ist ein humanisierter Antikörper (95 Prozent human, 5 Prozent murin), der an das Fusionsprotein von RSV bindet und dadurch verhindert, dass das Virus mit dem Lungengewebe interagiert. Er besitzt laut Fachinformation eine neutralisierende und fusionsinhibitorische Aktivität gegenüber beiden RSV-Untertypen A und B. Dosiert wird er nach Gewicht, dabei sollen die Antikörpergaben über den Zeitraum eines erhöhten RSV-Infektionsrisikos, also in den Herbst- und Wintermonaten, im 28-Tage-Zyklus wiederholt werden. Der G-BA und auch das RKI nennen die Monate November bis April als die Zeit mit erhöhtem RSV-Aufkommen, entsprechend erstattet die GKV laut Rose nur in dieser Zeit die monatlichen Gaben.

Dieser Gedanke treibt auch die Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie um. Diese will – aufgrund der aktuell bereits erhöhten Inzidenz – bei weiterem Anstieg der Infektionsraten mit anderen Fachgesellschaften über eine „Empfehlung für einen möglichen früheren Beginn der medikamentösen RSV-Prophylaxe für Hochrisikogruppen beraten“. Kinderarzt Rose würde diesen Schritt begrüßen. Er wünscht sich, bereits im September mit der Prophylaxe starten zu können und auch bei einer längeren RSV-Welle die Behandlung mit Palivizumab den Kindern weiter zukommen lassen zu können.

Palivizumab besser für alle Kinder?

Ohnehin vertritt Rose die Ansicht, dass man „im Prinzip allen Kindern, zumindest aus Asthmatikerhaushalten, eine solche RSV-Prophylaxe anbieten“ müsse. Allerdings habe der G-BA aus Wirtschaftlichkeitsgründen die Prophylaxe auf Risikogruppen beschränkt.

Wichtig sei vor allem, die Prophylaxe konsequent zu verabreichen – alle vier Wochen –, mahnt Rose, um Durchbruchinfektionen zu vermeiden. Bei konsequenter Gabe von Palivizumab bei Frühgeborenen gehe die Anzahl der Krankenhausaufenthalte zurück, auch die Behandlungen in Notfallambulanzen und später die Asthma- und Allergierisiken.

Nirsevimab: neuer RSV-Antikörper mit einmaliger Anwendung

AstraZeneca – Zulassungsinhaber von Synagis® – forscht derweil bereits an einem zweiten passiven Antikörper gegen RSV, die Zulassung könnte bereits im Jahr 2023 klappen. Nirsevimab würde Vorteile in die RSV-Prophylaxe bringen, muss der Antikörper nur einmal in der Saison und nicht monatlich verabreicht werden.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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