Apothekenrecht-Tag bei der Interpharm

CBD als Novel Food könnte einen neuen Hype auslösen

Remagen - 06.05.2021, 16:00 Uhr

Rechtsanwältin Katharina Köbler sprach beim beim diesjährigen ApothekenRechtTag im Rahmen der INTERPHARM online über rechtliche Aspekte der Abgabe von Cannabis in der Apotheke. (c / Foto: Schelbert)

Rechtsanwältin Katharina Köbler sprach beim beim diesjährigen ApothekenRechtTag im Rahmen der INTERPHARM online über rechtliche Aspekte der Abgabe von Cannabis in der Apotheke. (c / Foto: Schelbert)


Schon seit Jahren ranken sich jede Menge Rechtsfragen um die Einordnung von cannabishaltigen Produkten und die Konsequenzen, die sich daraus für den Handel, das heißt auch für die Apotheken, ergeben. Rechtsanwältin Dr. Katharina Köbler griff das Thema beim diesjährigen ApothekenRechtTag im Rahmen der INTERPHARM online auf. Sie rechnet mit einem neuen Boom von Cannabidiol-Produkten, die in nächster Zeit als Novel Food auf den Markt kommen könnten.

Im Bereich der Gesundheitsprodukte gibt es kaum ein facettenreicheres rechtliches Minenfeld als das der Cannabis-haltigen Produkte. Der Grund dafür sind die mannigfaltigen Einsatzmöglichkeiten der Cannabispflanze und die hiermit verbunden rechtlichen Einstufungen. Wie die Stuttgarter Rechtanwältin Katharina Köbler beim ApothekenRechtTag ausführte, wird diese vor allem an dem Gehalt an dem psychoaktiven Tetrahydrocannabinol (THC) und dem nicht suchterzeugenden Cannabidiol (CBD) festgemacht.

Allumfassende Frage: Handelt es sich um ein BtM?

Für sämtliche Cannabisprodukte, das heißt auch für solche, die kein Arzneimittel beziehungsweise Medizinalcannabis sind, sondern als Lebensmittel, Medizinprodukte oder Kosmetika vermarktet werden, sei zunächst stets die Frage zu beantworten, ob es sich dabei um ein Betäubungsmittel handeln könnte, hob Köbler hervor. Eines der drei wesentlichen Kriterien neben der Eigenschaft als Nutzhanf oder einem THC-Gehalt von bis zu 0,2 Prozent und dem Verkehr damit ausschließlich zu gewerblichen oder wissenschaftlichen Zwecken sei, dass der Missbrauch der Produkte zu Rauschzwecken ausgeschlossen sein muss. Als Optionen für solche Produkte führte sie Tees, Tabakersatz, Duftkissen oder sonstige zum Konsum bestimmte Produkte an. Für diese hat das Bundesamt für Risikobewertung (BfR) bestimmte THC-Obergrenzen festgelegt. Hinzu kommen nicht zum Verzehr geeignete Produkte wie etwa Cremes.

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CBD: Novel-Food-Anträge werden nun weiter geprüft

Für die Abgrenzung sonstiger Cannabis-Produkte zum Arzneimittel sind laut Köbler die Kriterien für ein Funktionsarzneimittel oder Präsentationsarzneimittel maßgeblich. Ist ein Produkt Arzneimittel, scheidet eine Einstufung z. B. als Lebensmittel, Medizinprodukt oder Kosmetikum aus. So ist beispielsweise bei einem Produkt mit 200 mg CBD täglich wegen der zweifelsohne vorhandenen pharmakologischen Wirkung von einem Arzneimittel auszugehen. Für Köbler ein Orientierungspunkt: Ist ein Produkt mit gleicher Wirkstärke/Dosierung als Arzneimittel zugelassen, spreche viel für eine tatsächliche pharmakologische Wirkung und damit für ein Funktionsarzneimittel.

Angaben zu Wirkstoffmengen oder das Anpreisen von gesundheitsfördernden, heilenden oder lindernden Wirkungen machen ein Produkt laut Köbler aller Wahrscheinlichkeit nach zu einem Präsentationsarzneimittel. Hier könnten schon Nuancen in Formulierungen und Beschreibungen ausschlaggebend sein, betonte die Rechtsanwältin.

So können Apotheker ein Produkt „auf die Schnelle“ grob einordnen

Während es im Markt bereits zahlreiche Cannabis-haltige Kosmetika gibt, sind die Versuche, als Medizinprodukt in den Markt zu kommen, bislang noch recht zaghaft. Die größte Bedeutung haben die Cannabis- bzw. Cannabidiol-haltigen Lebensmittel beziehungsweise Nahrungsergänzungsmittel. Köbler verwies hinsichtlich CBD auf die folgende Feststellung des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL): „Dem BVL ist derzeit keine Fallgestaltung bekannt, wonach Cannabidiol (CBD) in Lebensmitteln, also auch in Nahrungsergänzungsmitteln, verkehrsfähig wäre“. Nach dem Novel-Food-Katalog der EU, der für die Mitgliedsländer einen Hinweischarakter hat, wird CBD als neuartiges Lebensmittel (Extrakte aus Cannabis sativa L. und aus gewonnenen Produkten, die Cannabinoide enthalten) eingestuft. Lediglich die Hanfpflanze selbst und die im Novel-Food-Katalog ausdrücklich aufgeführten Bestandteile wie Hanfsamen, Hanfsamenöl, Hanfsamenmehl oder fettfreies Hanfsamenprotein sollen nicht neuartig sein. „Die Rechtsprechung dazu sieht das super-eng“, stellte Köbler fest. „Da kommt man eigentlich gar nicht raus“. Für die Gerichte sei die „Sache durch“. Im Moment sind laut Köbler zahlreiche Anträge für die Zulassung als Novel Food anhängig. Sie geht davon aus, dass „hier demnächst Bewegung reinkommt“, weil da jetzt „Zug dahinter ist“, und rechnet deshalb in absehbarer Zeit mit einem weiteren Cannabidiol-Boom.

Hilfe bei der Produktqualifizierung

Wie kann man sich in dem Dickicht der Vorschriften für die Abgrenzung zurechtfinden, wenn es darum geht, ein Produkt mal „auf die Schnelle“ grob einzuordnen. Hierzu lieferte Köbler den folgenden vereinfachten Kriterienkatalog:

  • Arzneimittel: Zulassungsnummer, Registrierungsnummer, Hinweise wie „verschreibungspflichtig/apothekenpflichtig“
  • Medizinprodukt: CE-Kennzeichnung, Angabe einer Benannten Stelle
  • Kosmetikum: Angabe der Liste der Bestandteile mit „Ingredients“, Betonung „pflegend“
  • Lebensmittel: Zutatenverzeichnis, konkrete Bezeichnung
  • Nahrungsergänzungsmittel: Zutatenverzeichnis, Hinweis „die angegebene und empfohlene tägliche Verzehrmenge darf nicht überschritten werden“, Hinweis „Nahrungsergänzungsmittel sollten nicht als Ersatz für eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung verwendet werden“

Was kann passieren, wenn etwas nicht-Verkehrsfähiges abgegeben wird?

Köbler ist bislang kein Strafverfahren im Apothekenbereich bekannt, in dem einer Apotheke vorgeworfen wurde, ein nicht verkehrsfähiges CBD-Produkt in den Verkehr gebracht zu haben. In solchen Fällen werde eher der Hersteller oder der Inverkehrbringer angegangen. Gleichwohl könne eine Unterlassungsklage für das Inverkehrbringen dann am Ende auch die Apotheken für die Abgabe betreffen. Dass die Apotheken hier gesondert angegangen werden könnten, hält Köbler aber für „unwahrscheinlich“.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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