Meta-Analyse aus Kanada

Corona in der Schwangerschaft – doch gefährlich für Mutter und Kind?

Remagen - 24.03.2021, 17:50 Uhr

Ärzt:innen sollten sich nachteiliger Folgen bei Schwangeren, die von COVID-19 betroffen sind, bewusst sein und wirksame Strategien zur Vorbeugung oder Verringerung von Risiken für Patientinnen und Feten anwenden. (Foto: Andrey Popov / stock.adobe.com)

Ärzt:innen sollten sich nachteiliger Folgen bei Schwangeren, die von COVID-19 betroffen sind, bewusst sein und wirksame Strategien zur Vorbeugung oder Verringerung von Risiken für Patientinnen und Feten anwenden. (Foto: Andrey Popov / stock.adobe.com)


COVID-19 kann bei Schwangeren mit einem erhöhten Risiko für Präeklampsie, Frühgeburt und mit anderen unerwünschten Ereignissen verbunden sein. Die Risiken nehmen mit der Schwere der Erkrankung zu. Dies haben kanadische Wissenschaftler:innen anhand der Analyse von mehr als 400.000 Schwangerschaften ermittelt.

Die Auswirkungen von COVID-19 auf die Gesundheit von Müttern und Neugeborenen sind bislang unklar und wurden zumindest anfangs als niedrig eingestuft. Um eine bessere Übersicht über die Datenlage zu bekommen, unternahm ein Wissenschaftler:innen-Team von der Universität im kanadischen Montreal eine systematische Überprüfung und Metaanalyse von Beobachtungsstudien mit Erkenntnissen zur SARS-CoV-2-Infektion und zum Schweregrad von COVID-19 während der Schwangerschaft. 

Hierzu suchten die Forscher:innen in den einschlägigen Datenbanken inklusive Preprint-Servern (medRxiv) nach geeigneten Studienpublikationen, die bis zum 29. Januar 2021 erschienen waren. Die primären Ergebnisse waren Präeklampsie und Frühgeburt. Zu den sekundären Ergebnissen gehörten Totgeburten, Schwangerschaftsdiabetes und andere Schwangerschaftskomplikationen. Die Ergebnisse ihrer Meta-Analyse veröffentlichten sie im „Canadian Medical Association Journal“.

Risiko bei SARS-CoV-2-Infektion erhöht*

Das Team analysierte insgesamt 42 Beobachtungsstudien mit 438.548 Schwangeren aus der ganzen Welt. 7.569 davon waren mit SARS-CoV-2 infiziert. Symptomatische Verläufe von COVID-19 waren eher selten. 28 Studien verglichen Schwangerschaften mit bestätigten versus keine SARS-CoV-2-Infektion. Im Vergleich zu nicht-Infizierten ergab sich bei einer SARS-CoV-2-Infektion* ein Zusammenhang mit Präeklampsien (Odds Ratio: 1,3), Frühgeburten (OR 1,82) oder Totgeburten (OR 2,11). Noch stärker war die Assoziation mit der Aufnahme auf die Intensivstation (OR 4,78). Dagegen war die Infektion im Vergleich mit nicht-Infizierten nicht mit Schwangerschaftsdiabetes, Kaiserschnitt, postpartaler Blutung oder neonatalem Tod verbunden.

Bei schwerem COVID-19 klare Assoziation mit Komplikationen

Bei dem Vergleich von asymptomatischem mit symptomatischem COVID-19 in der Schwangerschaft (12 Studien) zeigte sich eine noch etwas ausgeprägtere Assoziation mit Frühgeburten (OR 2,29) und zudem eine mit Kaiserschnitten (OR 1,57). Bei gravierenderen Krankheitsverläufen stiegen die Schwangerschaftsrisiken weiter an (13 Studien). So war schweres im Vergleich mit leichtem COVID-19 noch stärker mit Präeklampsie assoziiert (OR: 4,16). Eine ähnliche Risikosteigerung ermittelte das kanadische Forscherteam für Frühgeburten. Auch gibt es offenbar einen klaren Zusammenhang mit dem Auftreten von Schwangerschaftsdiabetes und niedrigem Geburtsgewicht und die Säuglinge wurden nach der Geburt deutlich häufiger auf einer Intensivstation behandelt.

Präeklampsie durch endotheliale Dysfunktion gekennzeichnet

Der Grund für das erhöhte Risiko unerwünschter Schwangerschaftsergebnisse sei unklar, stellen die Autor:innen fest. Präeklampsie ist allerdings durch eine systemische endotheliale Dysfunktion gekennzeichnet. Da SARS-CoV-2 das Gefäßsystem angreift, vermuten sie, dass das Virus zu einer Vasokonstriktion führen und Entzündungsreaktionen an den Blutgefäßen stimulieren könnte. „Unsere Metaanalyse der jüngsten Kohortenstudien von guter Qualität mit Vergleichsdaten liefert eindeutige Beweise dafür, dass symptomatisches oder schweres COVID-19 mit einem erheblichen Risiko für Präeklampsie, Frühgeburt und niedriges Geburtsgewicht verbunden ist“, fassen sie ihre Ergebnisse zusammen. „Ärzte sollten sich dieser nachteiligen Folgen bei der Behandlung von Schwangerschaften, die von COVID-19 betroffen sind, bewusst sein und wirksame Strategien zur Vorbeugung oder Verringerung von Risiken für Patientinnen und Feten anwenden.“

RKI: Risiko nimmt mit dem Alter der Schwangeren zu 

Nach seinem aktuellen epidemiologischen Steckbrief zu SARS-CoV-2 und COVID-19 (Stand: 18.3.2021) erachtet das Robert Koch Institut das Risiko für schwerere und tödliche Krankheitsverläufe für Frauen im gebärfähigen Alter insgesamt als sehr gering. Bisherige Studien zeigten, dass Schwangere vergleichsweise seltener COVID-19-Symptome entwickeln, heißt es darin. Auch erste Auswertungen der Daten des CRONOS-Registers legten bei den untersuchten Schwangeren in Deutschland einen überwiegend günstigen Verlauf einer Infektion mit SARS-CoV-2 nahe. 

Die bekannten Risikofaktoren erhöhten jedoch auch bei Schwangeren das Risiko für einen schwereren Verlauf, gibt das RKI zu bedenken, und darüber hinaus nehme das Risiko mit steigendem Alter der Schwangeren zu. Für weitere Informationen verweist das Robert Koch Institut auf die Stellungnahme maßgeblicher Fachgesellschaften zu SARS-CoV-2/COVID-19 und Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett (Stand 02.10.2020).

*Dieser Text wurde zuletzt am 14.04.2021 um 18:05 Uhr bearbeitet



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

Risiken für asymptomatische Fälle

von Dr. Helga Blasius am 08.04.2021 um 12:13 Uhr

Antwort der Autorin:

Hier ist meine Erklärung, wie ich zu der Formulierung gekommen bin:

Der Original-Text lautet:
Compared with no infection, we found that SARS-CoV-2 infec¬tion in pregnancy was associated with preeclampsia (OR 1.33, …), preterm birth (OR 1.82,…), stillbirth (OR 2.11, …), ICU admission (OR 4.78,…)… COVID-19 was not associated with gestational diabetes, cesarean delivery, postpartum hemor¬rhage or neonatal death compared with no COVID-19.

Hier ist nur von einer SARS-CoV-2-Infektion die Rede und nicht von COVID-19. Das habe ich so verstanden, dass das Risiko auch schon bei asymptomatischen Fällen erhöht sein kann. Die Autoren schließen jedenfalls die asymptomatischen Fälle an der Stelle nicht explizit aus. Diese dürften also ganz sicher subsummiert sein. Auch in der Interpretation ihrer Ergebnisse differenzieren die Autoren streng nach COVID-19 und SARS-CoV-2-Infektion. Aus meiner Sicht liefern die Formulierungen der Autoren zumindesten Anlass für Fehlinterpretationen.

Wir haben den Text nun auf Ihren Kommentar hin geringfügig geändert.

Helga Blasius

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Risiken für Asymptomatische falsch zitiert

von Daniel Streiff am 03.04.2021 um 9:29 Uhr

Die erhöhten Risiken für asymptomatische Verläufe sind falsch wiedergegeben. Die angegebenen Werte aus dem Abschnitt "Risiko schon bei asymptomatischen Fällen erhöht" beziehen sich im englischen Original auf sämtliche Covid Infizierte, also auch schwere Verläufe, nicht nur auf asymptomatische oder gar milde Verläufe. Ihr Artikel erweckt den Eindruck, das Risiko entstehe schon bei asymptomatischen Verläufen ("ergab sich auch bei einer SARS-CoV-2-Infektion ohne Symptome bereits ein Zusammenhang") Die Metastudie trifft gerade keine Aussage darüber, ob asymptomatische Schwangere ein höheres Risiko haben als Nichtinfizierte und das lässt sich auch nicht seriös aus den Zahlen ableiten.
Bitte korrigieren Sie den Artikel. Solche falschen Darstellungen verursachen Ängste und zerstören das Vertrauen in wissenschaftlichen Journalismus.

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