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Verordnung in Kraft
Nicht nur Efluelda darf ab 60 Jahren geimpft werden
Mit der „Verordnung zum Anspruch auf Schutzimpfung gegen Influenza und Masern“ erlaubt das BMG, dass in der Grippesaison 2021/22 Menschen ab 60 Jahren nicht nur hochdosiert mit Efluelda geimpft werden dürfen. Die Verordnung trat am 8. März in Kraft – zur Freude der KBV, da Ärzt:innen keine Regresse fürchten müssten und Senior:innen bei Efluelda-Mangel nicht leer ausgehen müssen. Efluelda-Hersteller Sanofi Pasteur betont hingegen, dass Efluelda den „besseren Influenza-Schutz“ bietet und auch weiterhin „neuer medizinischer Standard“ bei älteren Menschen ist.
Nach großer Freude, dass Menschen ab 60 Jahren in der nächsten Grippesaison mit hochdosiertem Influenzaimpfstoff vor Grippe geschützt werden können, folgte rasch ernüchternde Sorge: Durch die geänderte Schutzimpfungs-Richtlinie, die am 1. April 2021 in Kraft treten wird, dürfen in der GKV versicherte Senior:innen fortan ausschließlich mit Hochdosisgrippeimpfstoffen geimpft werden. Andere Grippeimpfstoffe sind laut Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) unterlegen und nicht zumutbar – das gilt auch für den Fall, dass der bislang einzige Hochdosisgrippeimpfstoff Efluelda® nicht lieferbar sein sollte. Die Frage stand im Raum, ob Senior:innen sodann bei Efluelda®-Engpässen leer ausgehen müssten?
Nun hat das Bundesgesundheitsministerium (BMG) das Problem mit der Verordnung zum Anspruch auf Schutzimpfung gegen Influenza und Masern gelöst: Jedenfalls in der kommenden Grippesaison dürfen bei möglichem Efluelda®-Engpass ältere Menschen auch andere Grippeimpfstoffe zulasten der GKV erhalten. Die Verordnung vom 10. März wurde am 11. März im Bundesanzeiger veröffentlicht und trat rückwirkend zum 8. März 2021 in Kraft. Sie gilt bis 31. März 2022.
§ 1 der Verordnung besagt: „Versicherte, die das 60. Lebensjahr vollendet haben, haben im Rahmen der Verfügbarkeit der vorhandenen Impfstoffe Anspruch auf eine Schutzimpfung gegen Influenza mit einem inaktivierten, quadrivalenten Influenza-Impfstoff mit aktueller von der Weltgesundheitsorganisation empfohlener Antigenkombination. Der Anspruch auf einen Influenza-Hochdosis-Impfstoff nach § 20i Absatz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bleibt unberührt; eine Verordnung des Influenza-Hochdosis-Impfstoffs gilt als wirtschaftlich“.
KBV begrüßt, dass auch andere Impfstoffe geimpft werden können
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) begrüßt die Initiative des BMG. Eigenen Angaben zufolge hatte die KBV „gegenüber dem Bundesministerium für Gesundheit mehrfach auf die mit der Änderung der Schutzimpfungs-Richtlinie verbundenen Umsetzungsschwierigkeiten hingewiesen“: Viele Ärzt:innen hätten bereits frühzeitig – vor Änderung der Schutzimpfungs-Richtlinie – Influenzaimpfstoff für die Saison 2021/2022 bestellt, die laut KBV meist nicht storniert werden konnten. Nun hätten Ärzt:innen zusätzlich den Hochdosisgrippeimpfstoff bestellen müssen, und es hätte ein „Regress gedroht“, weil sie eventuell deutlich mehr Impfstoff vorrätig gehabt hätten, als sie hätten verimpfen können, gibt die KBV zu bedenken. Die Rechtsverordnung stelle nun klar, dass „Versicherte ab 60 Jahren einen hochdosierten oder einen herkömmlichen inaktivierten, quadrivalenten Influenzaimpfstoff erhalten können“ und dass „Ärzte ab Herbst beide Vakzinen verimpfen können“, teilt die KBV mit. Und weiter: „Es wurde auch geregelt, dass der Hochdosis-Impfstoff Efluelda® – trotz der deutlich höheren Kosten – als wirtschaftlich gilt“.
Verordnungssicherheit für Ärzte, Versorgungssicherheit für Patienten
„Für die Vertragsärztinnen und Vertragsärzte besteht durch die Klarstellung eine höhere Verordnungssicherheit und für die Bürger eine höhere Versorgungssicherheit“, erklärt der stellvertretende KBV-Vorstandsvorsitzende, Dr. Stephan Hofmeister. Zur Erinnerung: Bislang ist die einzige zugelassene Hochdosis-Grippevakzine Efluelda® von Sanofi Pasteur. Engpässe bei Efluelda® hätten sich somit direkt auf die Grippeimpfstoffversorgung der Senior:innen ausgewirkt.
Regresse bei Impfstoffen streichen
Hofmeister fordert zudem von der Bundesregierung, die Regressregelung bei Impfstoffen zu streichen. Regeln dazu finden sich im Sozialgesetzbuch V (SGB V). Demzufolge können Ärzt:innen in Regress genommen werden, wenn die bestellte Menge an Impfstoffen um mehr als 10 Prozent über der verbrauchten Menge liegt. In der letzten Saison wurde aufgrund der Corona-Pandemie diese Grenze auf 30 Prozent erhöht, dies soll der KBV zufolge „nach neuen gesetzlichen Plänen für die Impfsaison 2021/2022“ wieder geschehen. Dann könnten auch im kommenden Winter Ärzt:innen bis zu 30 Prozent mehr Influenzaimpfstoffe bestellen, um vorbereitet zu sein und bei hoher Impfnachfrage die Patient:innen zuverlässig zu impfen. Sollte die Nachfrage jedoch geringer ausfallen, könnten Ärzt:innen auch auf 30 Prozent der Dosen (bezogen auf die geimpften Dosen) sitzenbleiben, ohne einen Regress zu fürchten.
Sanofi Pasteur: Efluelda bleibt dennoch neuer medizinischer Standard für Ältere
Auch Efluelda®-Hersteller Sanofi Pasteur hat sich zu der neuen Verordnung und der Öffnung der Senior:innen-Grippeimpfung für andere Influenzavakzine als Efluelda® geäußert. Das Unternehmen betont, dass Efluelda® in Deutschland nach wie vor „neuer medizinischer Standard für die aktive Immunisierung von Erwachsenen ab 60 Jahren“ ist. Der Anspruch der Versicherten ab 60 Jahren auf den „besseren Influenza-Schutz“ bleibe bestehen, und Efluelda® sei bei älteren Menschen ab 60 Jahren einzusetzen. Die Sorge bei Sanofi-Pasteur könnte nun sein, dass durch die Möglichkeit des Ausweichens auf konventionelle Vakzinen Ärzt:innen nun eher Grippeimpfstoffe bestellen könnten, die sie breiter verimpfen können – bei Kindern, jungen Erwachsenen und Senior:innen – wie Flucelvax® Tetra, Influsplit® Tetra oder Vaxigrip® Tetra und dadurch die Vorbestellungen für Efluelda® zurückgehen. Denn ungleich der meisten anderen Grippeimpfstoffe darf Efluelda® erst bei Ab-60-Jährigen appliziert werden, für jüngere Grippeimpfungsempfänger müssen Arztpraxen somit zusätzlich andere Grippevakzinen vorrätig halten.
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Sanofi Pasteur priorisiert eigenen Angaben zufolge „die Verbesserung des Schutzes vor Influenza und stellt den hochdosierten Impfstoff bereit, um die am stärksten gefährdete Bevölkerungsgruppe in Deutschland für die kommende Grippesaison und darüber hinaus zu schützen“. Um bestens auf die Influenza-Saison 2021/22 vorbereitet zu sein, sei jedoch eine zuverlässige Bedarfsermittlung und eine ausreichende Influenzaimpfstoff-Vorbestellung entscheidend, diese bildeten die Grundlage für die Produktions- und Liefermengen. Nun hat Sanofi die Vorbestellfrist erneut verlängert: Noch bis zum 31. März 2021 können Ärzt:innen und Apotheker:innen somit Grippeimpfstoffe ordern. Erst vor wenigen Wochen hatte die Weltgesundheitsorganisation die Zusammensetzung der neuen Grippevakzine für die Saison 2021/22 veröffentlicht.
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