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Corona und Klimawandel
So viele FSME-Infektionen wie nie
Das RKI meldet einen neuen Höchststand bei FSME-Infektionen im Jahr 2020: 704 Menschen infizierten sich nachweislich mit dem Virus, in den Jahren zuvor waren es im Schnitt 300 gewesen. Mitverantwortlich könnte Corona sein und der Klimawandel.
Exakt 704 bestätigte Fälle – so lautet der neue Rekordwert, der 2020 bei den FSME-Erkrankungszahlen erreicht wurde. Das sind so viele wie noch nie seit dem Jahr 2001, als die von Zecken übertragene virale Krankheit meldepflichtig wurde. Im Mittel betrug die Zahl der jährlichen FSME-Zahlen bisher 301.
Vor allem – aber nicht nur – in Süddeutschland
Wie schon in den Vorjahren trat auch in 2020 der Großteil der FSME-Erkrankungen im Süden Deutschlands auf. Dabei waren hauptsächlich die schon bekannten Risikogebiete betroffen, erläutert Prof. Dr. Gerhard Dobler, Leiter des Nationalen Konsiliarlabors für FSME am Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr. Dennoch könne man nirgendwo in Deutschland vor einer Infektion sicher sein. Das zeigt sich zum Beispiel daran, dass mit dem Landkreis Emsland in Niedersachsen sowie dem Stadtkreis Dessau-Roßlau in Sachsen-Anhalt zwei nördlich gelegene FMSE-Risikogebiete neu hinzugekommen sind.
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Wie schon im Jahr 2018 war auch in 2020 Baden-Württemberg Spitzenreiter bei den FSME-Fällen: 331 Menschen erkrankten in diesem Bundesland, berichtet Dr. Rainer Oehme vom Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg. Mit Ausnahme des Stadtkreises Heilbronn seien in Baden-Württemberg nach wie vor alle Stadt- und Landkreise FSME-Risikogebiete.
Einfluss der Pandemie
Einen möglichen Grund für den FSME-Höchststand im vergangenen Jahr sehen die Experten im veränderten Freizeitverhalten der Bevölkerung. Aufgrund der Corona-Pandemie seien die Menschen weniger verreist und hätten sich stattdessen mehr in der heimischen Natur aufgehalten – und das eben auch in den FSME-Risikogebieten.
Klimawandel im Verdacht
Allerdings gehen die Fachleute davon aus, dass die FSME-Zahlen unabhängig von der Pandemie langfristig steigen könnten. Hier komme der Klimawandel mit ins Spiel. Verschiedene Hinweise darauf konnten die Wissenschaftler schon finden. So zeige sich zum Beispiel in Bayern und Österreich, dass die FSME-Gebiete seit Jahren höhere Lage auf bis zu 700 Meter erobern. Außerdem beginne die Zeckensaison immer früher im Jahr. Im Schnitt verlagere sie sich pro Jahr um 0,8 Tage nach vorne. Damit vergrößere sich auch die Zeitspanne, in der Menschen von Zecken gestochen und mit dem FSME-Virus infiziert werden können. Sogar winteraktive Zecken seien bereits festgestellt worden.
Impfmöglichkeit nutzen!
Immer noch werde die Möglichkeit der FSME-Impfung nicht genügend genutzt, beklagen die Experten. So seien in Deutschland nur rund 20 Prozent der Bevölkerung geimpft. In Österreich habe dagegen eine Durchimpfungsrate von über 80 Prozent die Erkrankungszahlen deutlich gesenkt.
Möglicher Mitspieler: Auwaldzecke
Als Hauptüberträger des FSME-Virus fungiert nach wie vor der Gemeine Holzbock (Ixodes ricinus). Doch zunehmend spielen auch andere Vertreter eine Rolle, hat die Zeckenforscherin Prof. Dr. Ute Mackenstedt von der Universität Stuttgart-Hohenheim festgestellt. So breite sich etwa die Auwaldzecke (Dermacentor reticulatus) immer weiter aus. Sie ist größer als der Gemeine Holzbock und praktisch das ganze Jahr über aktiv (Ixodes ricinus ab 7 °C). Auch wenn die Auwaldzecke den Menschen nicht bevorzugt steche, könne sie Träger des FMSE-Virus sein und damit zu dessen Verbreitung beitragen.
Tropenzecke birgt neue Risiken
Seit wenigen Jahren sind die Zeckenforscher durch eine weitere Spezies beunruhigt: Immer häufiger wird bei uns die tropische Hyalomma-Zecke gefunden. Diese vermutlich durch Zugvögel eingeschleppte Zecke ist doppelt bis dreimal so groß wie unsere heimischen Zecken und hat auffallend gestreifte Beine. Hyalomma überträgt zwar nach derzeitigem Wissen weder das FSME-Virus noch den Borreliose-Erreger, beherbergt jedoch Rickettsien-Bakterien, die das Zecken-Fleckfieber verursachen.
Auffällige Zeckenfunde? – Bitte melden!
Da es sowohl zu Hyalomma wie auch zur Auwaldzecke noch viel Forschungsbedarf gibt, bittet Zeckenspezialistin Mackenstedt die Bevölkerung auch in diesem Jahr wieder um Mithilfe. So sollten verdächtige Zecken über die Mail-Adresse Tropenzecken@Uni-Hohenheim.de gemeldet werden oder in kleinen, festverschlossenen Behältern eingeschickt werden an:
Universität Hohenheim
Prof. Dr. Ute Mackenstedt
Fachgebiet Parasitologie
Emil-Wolff-Straße 34
70599 Stuttgart
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