Baden-Württemberg

Apotheken fordern Impf-Priorisierung von Schnelltest-Personal

Berlin - 23.02.2021, 17:50 Uhr

LAV-Präsident Fritz Becker meint: Das bei Antigen-Schnelltests eingesetzte Apothekenpersonal muss in die Gruppe der vorrangig zu impfenden Personen aufrücken. (Foto: LAV)

LAV-Präsident Fritz Becker meint: Das bei Antigen-Schnelltests eingesetzte Apothekenpersonal muss in die Gruppe der vorrangig zu impfenden Personen aufrücken. (Foto: LAV)


Auch wenn der 1. März als Stichtag für die bundesweiten kostenlosen Corona-Schnelltests nicht mehr steht – die apothekerlichen Standesorganisationen machen sich für eine rasche Impfung des bei den Testungen eingesetzten Apothekenpersonals stark. So auch in Baden-Württemberg, wo die Landesregierung nicht auf einen Startschuss aus Berlin warten will – jedenfalls nicht, so weit es um Lehrer:innen und Erzieher:innen geht. Für sie gibt es Schnelltests – auch in Apotheken – schon seit gestern auf Landeskosten. 

Der Landesapothekerverband Baden-Württemberg (LAV) fordert, dem für die Durchführung von Antigen-Schnelltests eingesetzten Apothekenpersonal schneller und höher priorisiert eine Corona-Schutzimpfung zukommen zu lassen. „Unsere Kolleginnen und Kollegen müssen für diese wichtige Aufgabe einfach optimal geschützt werden“, ließ Verbandspräsident Fritz Becker am heutigen Dienstag per Pressemitteilung wissen. Deshalb müsse das eingesetzte Personal in die Gruppe der vorrangig zu impfenden Personen aufrücken.

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Die Nachfrage nach Antigen-Schnelltests, die eine akute Infektion mit dem Corona-Virus nachweisen können, sei mit dem heutigen Schul- und Kita-Start in Baden-Württemberg deutlich angewachsen, heißt es beim LAV. 

Hintergrund ist, dass sich die Landesregierung auf eine neue, erweiterte Teststrategie verständigt hat: Das Personal der Schulen, der Kindertageseinrichtungen und der Kindertagespflege kann sich seit dem 22. Februar 2021 und zunächst bis zum 31. März 2021 zweimal pro Woche mittels Antigenschnelltests kostenlos testen lassen – auch ohne das Vorliegen von Symptomen. Geschehen kann dies bei niedergelassenen Vertragsärzt:innen, Corona-Schwerpunktpraxen und in Apotheken, die die Durchführung von Antigenschnelltests anbieten. Zuvor ist eine telefonische oder Online-Anmeldung nötig. Vor dem Test muss ein Berechtigungsschein für Schulen beziehungsweise Kitas für die jeweilige Kalenderwoche vorgelegt werden. Für die Testungen übernimmt das Land die anfallenden Kosten.

„Wir stehen hier mit vielen Apotheken als Teil der nationalen Teststrategie und der Teststrategie des Landes zur Verfügung und engagieren uns“, betont Becker. „Wer sich aber mehrere Stunden täglich unmittelbar einem erhöhten Infektionsrisiko aussetzt, sollte auch bei der wichtigen Corona-Schutzimpfung zuvorderst berücksichtigt werden. Ich sehe hier die Politik gefordert, diesen Schutz durch eine Anpassung der Corona-Impfstrategie auch zu gewährleisten.“ Der LAV fordert mindestens eine Einstufung in Priorisierungsgruppe 2. Ein entsprechender Impfschutz, so Becker, diene nicht nur den einzelnen Mitarbeiter:innen, die in das Testgeschehen eingebunden sind. „Eine Immunisierung unseres Personals schützt letztlich auch die Menschen, die wir testen, vor einer etwaigen Ansteckung im Rahmen des Schnelltests.“

Wie sieht die Rechtslage derzeit aus?

Aber wie sieht die rechtliche Lage tatsächlich aus? Die Corona-Impfverordnung stuft Apotheken derzeit als Einrichtungen/Unternehmen der Kritischen Infrastruktur ein. Damit erhalten sie die Schutzimpfung mit „erhöhter Priorität“ – das ist die dritte Priorisierungsgruppe. In dieser Gruppe finden sich gegenwärtig auch Lehrkräfte und Personen, die in Kinderbetreuungseinrichtungen, in der Kindertagespflege tätig sind. Dass jedenfalls Grundschullehrer:innen und Erzieher:innen eine Stufe vorrücken sollen, haben Bund und Länder schon in ihrer letzten Konferenz für notwendig befunden – und das Bundesgesundheitsministerium will diese Änderung vornehmen. In Baden-Württemberg hat man aber bereits jetzt entschieden, Lehrer:innen und Erzieher:innen in die zweite Priorität vorzuziehen*.

In dieser besagten und begehrten Gruppe 2 („Schutzimpfungen mit hoher Priorität“) finden sich schon jetzt:


Personen, die in Bereichen medizinischer Einrichtungen mit einem hohen oder erhöhten Expositionsrisiko in Bezug auf das Coronavirus SARS-CoV-2 tätig sind, insbesondere Ärzte und sonstiges Personal mit regelmäßigem unmittelbarem Patientenkontakt, Personal der Blut- und Plasmaspendedienste und in SARS-CoV-2-Testzentren“

§ 3 Abs. 1 Nr. 5 Coronavirus-Testverordnung


Das heißt: Apothekenpersonal, das in einem offiziellen „SARS-CoV-2-Testzentrum“ arbeitet, ist bereits in der Priorisierungsgruppe 2. Und es gibt Apotheken, die als Testzentrum aufgestellt sind. Doch nicht jede Apotheke, die Schnelltests anbietet, wird letztlich als „Testzentrum“ anzusehen sein. Insofern ist eine Klarstellung in der Impfverordnung sicherlich nötig. Dass der Verordnungsgeber die Testenden für vorzugswürdig zu impfen hält, hat er schon in der jetzt geltenden Impfverordnung deutlich gemacht. 

Wie schnell jenen, die zur Prioritätsgruppe 2 zählen, ein Impfangebot gemacht wird, ist schwer zu sagen. Hanno Kautz, Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums, erklärte gestern: „Einige Länder sind schon so weit, viele sind an der Schwelle, dass allen in der Prioritätsgruppe 1 ein Angebot gemacht wurde. Dann kann man auf die Prioritätsgruppe 2 übergehen und den Menschen dort ein Angebot machen“.

In Hessen werden bereits niedergelassene Ärzt:innen zu Impfungen eingeladen, die eigentlich auch in Gruppe 2 stehen. Dahinter könnte allerdings eine andere Bestimmung der Impfverordnung stecken: Abweichungen von der Priorisierung sind in Einzelfällen nämlich unter anderem auch dann möglich, „wenn dies für eine effiziente Organisation der Schutzimpfungen, insbesondere bei einem Wechsel von einer der (…) Gruppen zur nächsten, und zur kurzfristigen Vermeidung des Verwurfs von Impfstoffen notwendig ist“ (§ 1 Abs. 2 Satz 3 ImpfVO). Wie es bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung Hessen heißt, steht im Moment „quasi kein Impfstoff für alle ab 65 zur Verfügung“ – es geht also um die Verimpfung der AstraZeneca Vakzine.

 

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* Anmerkung der Redaktion: Der Satz zum Weg Baden-Württembergs wurde am 24. Februar ergänzt.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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1 Kommentar

ABDA? ABDA? Bitte aufwachen!

von Chris am 23.02.2021 um 19:57 Uhr

Danke Herr Becker,
nachdem unsere hochgelobte und unglaublich effiziente Standesvertretung sich mit wichtigerem beschäftigt ist - zum Beispiel die Planung einer Feier für den neuen Ehrenpräsidenten ... macht wenigstens ein Funktionär einen konkreten Vorschlag.
Als ich seinerzeit Reflotron-Tests durchführen sollte, war klar dass eine damals schon erhältliche HAV/HBV-Impfung prophylaktisch erfolgen soll. Und warum bitte schön soll das bei SARS-CoV-2 anders sein?
Vermutlich verhilft nur die Kombination aus Apotheker und Oberbürgermeister hier zu vorgezogener Impfung?!

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