Corona-Schnelltests im Auftrag des Landes

So organisiert Baden-Württemberg die Tests in Apotheken

Berlin - 03.02.2021, 15:15 Uhr

„Ich möchte die Apothekerinnen und Apotheker im Land ausdrücklich ermutigen, mit Antigen-Test-Angeboten zur Pandemiebewältigung beizutragen. Ich halte das für einen sehr wichtigen Beitrag“, erklärt Manne Lucha, Sozialminister von Baden-Württemberg. (Foto: IMAGO / Rupert Oberhäuser) 

„Ich möchte die Apothekerinnen und Apotheker im Land ausdrücklich ermutigen, mit Antigen-Test-Angeboten zur Pandemiebewältigung beizutragen. Ich halte das für einen sehr wichtigen Beitrag“, erklärt Manne Lucha, Sozialminister von Baden-Württemberg. (Foto: IMAGO / Rupert Oberhäuser) 


In Baden-Württemberg hat das Sozialministerium die Apotheken beauftragt, bestimmte asymptomatische Personen auf Corona zu testen. Finanziert werden die Tests plus Vergütung aus den Liquiditätsreserven des Gesundheitsfonds. Einem Informationsschreiben vom 28. Januar an die Landesapothekerkammer liegt ein ausführlicher Leitfaden für die Betriebe bei. DAZ.online hat die wichtigsten Fragen und Antworten herausgefiltert.

Seit dem 16. Januar 2021 gilt die „Erste Verordnung zur Änderung der Corona-Testverordnung“ – und Manne Lucha fackelte nicht lange: Der Sozialminister Baden-Württembergs, der auch für den Bereich Gesundheit zuständig ist, wandte sich bereits Ende Januar an die Landesapothekerkammer und beauftragte die Offizinen im Bundesland, bestimmte asymptomatische Personen mithilfe sogenannter Point-of-Care-Tests auf Coronavirus-Antigene zu testen. „Ich danke Ihnen und Ihren Kolleginnen und Kollegen für die Bereitschaft, die Bekämpfung der Pandemie auf diesem Wege zu unterstützen“, schrieb der Grünen-Politiker an die Apotheker:innen. „Ich möchte die Apothekerinnen und Apotheker im Land ausdrücklich ermutigen, mit Antigen-Test-Angeboten zur Pandemiebewältigung beizutragen. Ich halte das für einen sehr wichtigen Beitrag.“

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Dem Schreiben fügte das Ministerium einen Leitfaden an, der die testwilligen Betriebe bei der Organisation unterstützen soll. An welche Regeln müssen sich die Apotheken demnach halten? DAZ.online hat hierzu einen Frage-Antwort-Katalog zusammengestellt.

Wer kann sich testen lassen?

Grundsätzlich dürfen Apotheken dem Leitfaden zufolge nur asymptomatische Personen testen. „Erscheint eine Person mit Symptomen, so muss diese an eine/n niedergelassene/n Arzt oder Ärztin oder ein Testzentrum verwiesen werden“, heißt es. Wer getestet werden möchte, aber nicht zu einer der drei Gruppen gehört, für die der Gesundheitsfonds die Kosten trägt, muss selbst bezahlen. „Die Dienstleistung wird in diesen Fällen direkt der getesteten Person in Rechnung gestellt. Eine Bescheinigung über das Testergebnis ist auszustellen.“

Zulasten des Gesundheitsfonds können Menschen getestet werden, die zu einer der folgenden Gruppen gehören:

1.       Sogenannte „Cluster-Schüler“: Damit sind Schüler:innen gemeint, die ausschließlich im Schulkontext Kontakt mit einer positiv getesteten Person hatten. Dies gilt entsprechend für Kinder, die eine Kita besuchen. Ob jemand als „Cluster-Schüler“ gilt, stellt das Gesundheitsamt im Zusammenwirken mit den Schulleitungen bzw. Einrichtungsleitungen fest. Der Test darf frühestens am fünften Tag der Quarantäne durchgeführt werden. Der Apotheke muss im Vorfeld der Testung die Quarantänebescheinigung der zuständigen Behörde vorliegen.

2.       Kontaktpersonen: Dazu zählen enge asymptomatische Kontaktpersonen von Menschen mit einer bestätigten SARS-CoV-2-Infektion, Personen, die über die Corona-Warn-App eine Warnmeldung „Erhöhtes Risiko“ erhalten haben sowie Haushaltsangehörige von mit SARS-CoV-2 infizierten Personen. Sie müssen der Apotheke im Vorfeld der Testung eine entsprechende Quarantänebescheinigung der zuständigen Behörde oder die Warnmeldung der App vorlegen.

3.       Personal von nicht ärztlichen Praxen und anderen medizinischen Heilberufen: „Hier ist die Abrechnung des Abstrichs nur möglich, wenn die Einrichtung, deren Personal untersucht werden soll, nach der Testverordnung des Bundes nicht selbst abrechnen kann“, erläutert das Ministerium. Dies sind nicht ärztliche Praxen von Psychotherapeuten, Physiotherapeuten, Logopäden und anderen medizinischen Heilberufen. „Sie dürfen ihr Personal zwar mit einem Antigentest vorsorglich einmal wöchentlich auf das Coronavirus untersuchen lassen, den Test aber nicht selbst durchführen bzw. können diesen nicht abrechnen.“

Wichtig: Die freiwilligen Testangebote für das Personal von Schulen und Kindertageseinrichtungen könnten nicht in Apotheken durchgeführt werden, betont das Ministerium. Die Testung dieser Personen obliege niedergelassenen Ärzt:innen mit Kassenzulassung, da die Abrechnung über die Kassenärztliche Vereinigung im Rahmen der Landesteststrategie erfolgen müsse. „Werden Apotheken demnach sogenannte ‚Gutscheine‘ oder Berechtigungsscheine für Schul- und Kitapersonal vorgelegt, so sind diese nicht anzunehmen und an einen Arzt mit Kassenzulassung zu verweisen.“

Tests, Personal und Dokumentation

Welche Tests sind geeignet?

Es wird empfohlen, Antigen-Tests zu verwenden, die die durch das PEI in Abstimmung mit dem RKI festgelegten Mindestkriterien für Antigen-Tests erfüllen. Eine Liste dieser Tests findet sich auf der Homepage des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte.

Wer darf den Abstrich nehmen?

Alle zurzeit auf dem Markt befindlichen Antigen-Schnelltests müssen von eingewiesenen Personen angewendet werden, die die dafür erforderliche Ausbildung oder Kenntnis und Erfahrung besitzen. In Apotheken kommen hierfür Approbierte sowie PTA in Betracht. „Hierzu bedarf es jedoch einer Schulung vorab“, unterstreicht das Ministerium in seinem Leitfaden. Die Schulungen müssen demnach jedoch nicht zwingend durch ärztliches Personal erfolgen, vielmehr muss die schulende Person in der Handhabung des jeweiligen Testes erfahren sein. „Die Möglichkeit, auch Online-Schulungen zu konsultieren, ist grundsätzlich nicht ausgeschlossen.“ Die Apotheke muss, auch aus medizinprodukterechtlicher Sicht, in einer Einzelfallbetrachtung prüfen, ob die Mitarbeitenden die nötigen Kenntnisse und Fähigkeiten besitzen und mit einer entsprechenden Einweisung für die Anwendung des betreffenden Tests nach Gebrauchsinformation ausreichend qualifiziert sind.

Wie ist mit den Testergebnissen umzugehen?

Wird jemand negativ getestet, so sei in der Regel nichts weiter zu veranlassen, so das Ministerium – „der Person ist das Ergebnis mündlich mitzuteilen“. Eine Ausnahme besteht bei der Testung von Schüler:innen. Ihnen ist nach der Corona-Testverordnung eine Bescheinigung über die negative Testung auszugeben, da diese zur Verkürzung der Quarantänezeit führt. Für Selbstzahler gilt: Nimmt die Apotheke solche Tests vor, so ist der getesteten Person auf Verlangen eine Bescheinigung über das negative Testergebnis auszustellen.

Wird eine Person positiv getestet, so ist ihr eine Bescheinigung über das Testergebnis auszustellen und darauf hinzuweisen, dass eine Nachtestung mittels PCR-Test erfolgen sollte. Zu diesem Zweck ist der oder die Betroffene an eine Arztpraxis oder ein Testzentrum zu verweisen. Die positiv getestete Person und deren Haushaltsangehörige müssen sich zudem unverzüglich in häusliche Absonderung begeben. „Apotheken sind laut aktueller Aussage des Bundesministeriums für Gesundheit nach § 8 Abs. 1 Nr. 5 IfSG verpflichtet, positive Antigentests an das zuständige Gesundheitsamt zu melden“, informiert das Ministerium in seinem Leitfaden.

Wie weisen die Apotheken nach, dass sie nur Anspruchsberechtigte zulasten des Gesundheitsfonds getestet haben?

In dem Leitfaden des Ministeriums ist zu möglichen Dokumentationspflichten in diesem Zusammenhang nichts zu finden. Letztlich muss also jede Apotheke für sich selbst abwägen, ob sie zum Beispiel die Berechtigungsnachweise – Quarantäneanordnung des Gesundheitsamts oder Warnung in der Corona-App – in irgendeiner Form festhalten möchte.

Vergütung und Abrechnung

Welche Vergütung erhalten die Apotheken?

Die Apotheken bekommen pro Test 9 Euro für die Materialkosten plus weitere 9 Euro Honorar für die Abstrichnahme erstattet.

Wie wird abgerechnet?

Teilnehmende Apotheken können sich über die Internetseite der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) in einem Online-Portal registrieren. Hierüber können die Betriebe sowohl die Sachkosten als auch die erbrachten Leistungen (Abstrichkosten) mit der KV abrechnen. Die Kosten für Schutzkleidung sind in diesen Pauschalen eingepreist und werden nicht gesondert erstattet. „Die Testung mit Schnelltests umfasst neben der Abstrichnahme auch die Ergebnismitteilung und Ausstellung einer Bescheinigung zum Befund sowie im Falle eines positiven Testergebnisses den Hinweis, sich in einem Testzentrum oder einer Corona-Schwerpunktpraxis mittels PCR-Testungen ‚nachtesten‘ zu lassen“, heißt es in dem Leitfaden. Nach § 1 Absatz 1 Satz 3 und 4 der Testverordnung beschränkt sich demnach der Test-Anspruch bei den Schnelltests auf solche, welche die durch das PEI in Abstimmung mit dem RKI festgelegten Mindestkriterien für Antigen-Tests erfüllen.

Welche räumlichen und organisatorischen Voraussetzungen müssen die Apotheken erfüllen?

Zur Steuerung der Besucherströme empfehle sich ein Terminvergabesystem, schlägt das Ministerium vor. „Alternativ könnte ein Testangebot außerhalb der üblichen Öffnungszeiten erfolgen. Ansammlungen bzw. Schlangenbildungen von zu testenden Personen können so verhindert werden.“ Eine räumliche Trennung der zu testenden Personen und anderen Kund:innen und Kunden der Apotheke wird ebenfalls empfohlen. Aber: „Aus apothekenrechtlicher Sicht muss der Raum bzw. der Bereich (z. B. Beratungsraum, abgetrennte Kabine), in welchem die Testung durchgeführt werden soll, von der Offizin aus direkt zugänglich sein.“ Das Backoffice eignet sich – ebenso wie Labor und Rezeptur – hierfür nicht. Denn: „Aus Gründen der Arzneimittelsicherheit dürfen die hinteren Apothekenbetriebsräume nur von Apothekenpersonal und nicht von Kundinnen und Kunden betreten werden.“

Sollte eine Abtrennung eines entsprechenden Bereichs der Offizin vorgenommen werden, ist dies laut Sozialministerium dem zuständigen Regierungspräsidium mitzuteilen und dieses in Zweifelsfällen zu konsultieren. „Dies ist erforderlich, da Änderungen hinsichtlich der Räume und der Ausstattung der Apotheke nach den Vorgaben der ApBetrO anzeigepflichtig sind (vor der Änderung) und es Vorgaben für die Gestaltung der Offizin gibt, die bei der Erteilung der Betriebserlaubnis überprüft wurden und deren Einhaltung im Rahmen der Regelüberwachung ebenfalls überprüft werden.“

Andere Testorte, Schutzkleidung und Abfallentsorgung

Wo außer in abgetrennten Bereichen in der Offizin darf ich noch testen?

Für die Durchführung von Testungen kommen Nachtdienstzimmer und ggf. vorhandene Personalaufenthaltsräume in Betracht, sofern diese separat betreten werden können. „Bei einigen Apotheken befinden sich die Personalräume außerhalb der Apothekenbetriebsräume, da diese apothekenrechtlich nicht vorgeschrieben sind; gleiches gilt für Seminarräume, in denen Kundenseminare angeboten werden. Die Durchführung in entsprechenden externen Räumen bietet sich für die Durchführung der Testungen an, da es sich nicht um Tätigkeiten handelt, die den regulären Apothekenbetrieb betreffen bzw. zum Versorgungsauftrag der Apotheke gehören.“

Auch eine Testung durch die Notdienstklappe ist denkbar, wenn sich die räumlichen Begebenheiten dafür eignen. „Eine Durchführung der Testungen in der Apotheke vorgelagerten Örtlichkeiten, zum Beispiel in Zelten, ist grundsätzlich möglich. Voraussetzung ist natürlich die Eignung der Räume aus Sicht des Infektionsschutzes.“ Auf die Einhaltung der allgemeinen Abstands-und Hygieneregeln ist laut Leitfaden zu achten. „Sämtliche zu testende Personen sollen vor Betreten eine Händedesinfektion durchführen und eine korrekt sitzende medizinische Maske oder einen Atemschutz, welcher die Anforderungen der Standards FFP2 (DIN EN 149:2001), KN95, N95 oder eines vergleichbaren Standards erfüllt, tragen.“

Welche Schutzkleidung für das Personal wird empfohlen?

Personal, das Testungen durchführt, wird das Tragen von persönlicher Schutzausrüstung bestehend aus Schutzkittel, Einweghandschuhe, FFP2-Maske sowie Schutzbrille empfohlen. Die Schutzausrüstung muss, bis auf die Handschuhe, im Einsatz nicht gewechselt werden, außer bei grober Verschmutzung, vor/nach Pausen und bei Betreten/Verlassen von anderen, nicht zur Testung vorgesehenen Räumlichkeiten. „Eine entsprechende Schulung von Anlegen/Ablegen der Schutzkleidung ist bei jedem Mitarbeiter bzw. jeder Mitarbeiterin vor dem ersten Einsatzbeginn vorzunehmen und in regelmäßigen Abständen zu wiederholen.“ Diese kann beispielsweise durch Medizinprodukteberater:innen, niedergelassene Ärzt:innen oder als Online-Schulung durchgeführt werden.

Welche Vorgaben sind bei der Abfallentsorgung zu beachten?

Die Abfälle aus Antigen-Schnelltests sind nach Abfallschlüssel AS 18 01 04 gemäß LAGA-Vollzugshilfe M 18 zu behandeln und in einem reißfesten, feuchtigkeitsbeständigen und dichten Behältnis, etwa einem dickwandigen Müllsack, bevorzugt mit Doppelsack-Methode, zu sammeln. In der einschlägigen Vorschrift heißt es wörtlich: „Die Abfälle AS 18 01 04 sind unmittelbar am Ort ihres Anfallens in reißfesten, feuchtigkeitsbeständigen und dichten Behältnissen zu sammeln und ohne Umfüllen oder Sortieren in sicher verschlossenen Behältnissen, ggf. in Kombination mit Rücklaufbehältern, zur zentralen Sammelstelle zu befördern. Die Behältnisse sollen nicht zu groß sein, um eine sichere Handhabung zu gewährleisten. Die Abfälle dürfen auch an der Sammelstelle nicht umgefüllt oder sortiert werden.“



Christina Müller, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (cm)
redaktion@daz.online


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