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AVNR-Blitzumfrage
Nordrhein: Mehr als 100.000 Grippe-Impfstoffdosen droht der Verfall
Die aktuelle Blitzumfrage des Apothekerverbands Nordrhein verdeutlicht ein bundesweites Problem: In den Apotheken an Rhein und Ruhr lagern noch insgesamt mehr als 100.000 Grippeimpfdosen im Wert von rund 1,2 Millionen Euro. Derzeit sind dort praktisch noch alle Verpackungseinheiten an Grippeimpfmitteln ausreichend vorrätig. Mit dem Ende der Impfsaison in wenigen Wochen droht allerdings der Verwurf.
Bereits gestern hatte der Hessische Apothekerverband (HAV) beklagt, dass Apotheken durch die Sicherstellung der Versorgung mit Grippeimpfstoffen ein finanzielles Risiko eingehen. Lieferschwierigkeiten oder eine unerwartet geringe Nachfrage stellen für die Betriebe eine immer wiederkehrende saisonale Herausforderung dar – nicht selten verbunden mit erheblichen finanziellen Verlusten durch den Verwurf der Impfstoffdosen.
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Doch nicht nur Offizinen im Bundesland Hessen sind von diesem Ärgernis betroffen. Wie der Apothekerverband Nordrhein (AVNR) in einer Pressemitteilung vom vergangenen Dienstag mitteilte, lagern in 80 Prozent der Apotheken Nordrheins Grippeimpfstoffe der aktuellen Impfsaison im Wert von etwa 1,2 Millionen Euro. Zudem würden noch alle Packungsgrößen wie Einzelimpfstoffe, Großpackungen, die 10 oder 20 Impfdosen enthalten, in ausreichender Menge vorrätig gehalten. Das ist das Ergebnis einer Blitzumfrage zur aktuellen Verfügbarkeit von Grippeimpfstoffen unter den Mitgliedsapotheken des Verbands. Dazu hatten sich Ende Januar innerhalb von drei Tagen rund 300 Apotheken, das sind etwa 15 Prozent der Mitgliedsapotheken des Apothekerverbands Nordrhein, zur Umfrage zurückgemeldet, teilte der AVNR mit.
Problem dürfte bundesweit bestehen
Der Verband geht davon aus, dass die Situation bundesweit nicht anders aussieht. So lagern nach Informationen des AVNR in deutschen Apotheken noch rund eine Million Impfdosen im Wert von mehr als 10 Millionen Euro, die in wenigen Wochen – mit dem Ende der aktuellen Impfsaison – unbrauchbar werden.
Thomas Preis, Vorsitzender des AVNR, weist darauf hin, „dass die hohen Lagerreserven in den Apotheken zeigen, dass die Apotheken ihren öffentlichen Versorgungsauftrag sehr ernst nehmen und auf eigene Kosten ausreichend viele Impfstoffe eingekauft haben. Wenn sie jetzt nicht mehr gebraucht werden, bleiben die Apotheken auf den Kosten sitzen.“ Das sei so nicht akzeptabel, stellt Preis klar. In zahlreichen Kommentaren hätten Umfrageteilnehmer ihr Unverständnis darüber kundgetan, dass sie hier in finanzielle Vorleistung treten mussten, um ihrem Versorgungsauftrag nachzukommen. Die Situation sei auch deshalb sehr unbefriedigend, weil die Bundesregierung die Vergütung der Apotheker bei der Impfstoffversorgung extrem niedrig angesetzt habe.
Impfstoff-Verfall zu Lasten und auf Kosten der Apotheken
„Nach unserem Eindruck haben die vom Bundesgesundheitsministerium im Herbst angekündigten Reserven viel zu spät, teilweise sogar erst Anfang Dezember die Apotheken erreicht“, verdeutlicht Preis. „Zu diesem Zeitpunkt gab es seitens der Ärzte aber keinen Nachfragebedarf mehr. Dass die Apotheken jetzt auf ihren Kosten sitzen bleiben sollen, nur weil sie aus Versorgungssicht richtig gehandelt haben, ist absolut inakzeptabel“, betont er.
Risiko darf nicht einseitig sein
Die Vorratslagerhaltung der Apotheken bei Grippeimpfstoffen dürfe nicht einseitig zulasten der Apotheken gehen. Das Risiko müsse von den Krankenkassen, Politik und Impfstoffherstellern mitgetragen werden, fordert Preis. Schließlich gehe es hier bundesweit um einen zweistelligen Millionenbetrag.
Nach Berechnungen des AVNR im November 2020 hatten die Arztpraxen an Rhein und Ruhr bis dahin schon mehr als zwei Millionen Grippeimpfstoffe über die Apotheken erhalten. Für die letzten Wochen des Jahres waren weitere Impfstoffe aus der Nationalen Impfreserve des Bundesgesundheitsministeriums angekündigt, die die Apotheken viel zu spät erreicht hätten. Insgesamt standen in 2020 im Vergleich zum Vorjahr 30 Prozent mehr Impfstoffe zur Verfügung.
Grippeimpfung seit Herbst auch in Nordrheins Apotheken
Die ersten Impfstoffe für die neue Impfsaison 2021/2022 werden nach Auskunft des AVNR im September erwartet und stehen dann den Ärzten zur Verimpfung zur Verfügung. Erstmals impfen seit Herbst vergangenen Jahres in Nordrhein auch rund 60 Apotheken gegen Influenza. Nach aktuellem Stand sind dies bisher mehr als 400 Grippeschutzimpfungen, die in Apotheken verabreicht wurden, wie der AVNR informierte.
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Der AVNR hatte im Juli 2020 mit der AOK Rheinland/Hamburg den bundesweit ersten Vertrag über Modellprojekte zur Grippeschutzimpfung in den Apotheken abgeschlossen. Man wolle damit die Durchimpfraten in der Bevölkerung steigern, zudem sehe man das Angebot als Ergänzung zum Impfangebot der Ärzteschaft, erklärte der Verbandsvorsitzende Thomas Preis im vergangenen Jahr zum Modellprojekt. Das Projekt soll über drei Jahre laufen.
3 Kommentare
So funktioniert es einfach nicht
von Karl Friedrich Müller am 03.02.2021 um 22:29 Uhr
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AW: So funktioniert es einfach nicht
von Karl Friedrich Müller am 03.02.2021 um 23:03 Uhr
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von Christoph Gulde am 03.02.2021 um 17:00 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
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