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Ein Thinktank für den ABDA-Tanker?
Die ABDA im politischen Abseits
Der Apothekenmarkt hat nicht erst seit der Coronakrise eine neue Dynamik erfahren. Die Weichen wurden von der Politik schon vorher gestellt – maßgeblich auch deshalb, weil die Blockadehaltung der ABDA inzwischen nicht mehr von Erfolg gekrönt ist. Beim 13. Kooperationsgipfel des BVDAK wurde darüber diskutiert, mit welchen Plänen die apothekerliche Standesvertretung dagegen eher offene Türen einrennen könnte.
Impfen gegen Grippe, Testen auf Corona, neue Services für die Patienten – Apothekeninhaber Ralf König, der auch als Director Pharmacy im Health Innovation Hub das Bundesgesundheitsministerium berät, hält 2020 für das Jahr der heilberuflichen Chancen für den Berufsstand. Doch seiner Meinung nach wurden von der Standesvertretung zu viele Möglichkeiten vertan. Aktiv gestaltet worden sei wenig. In der Diskussionsrunde beim digitalen 13. Kooperationsgipfel des BVDAK (Bundesverband Deutscher Apothekenkooperationen) machte er deutlich, dass es mehrere Male einen Elfer ohne Torwart gegeben habe, und die ABDA sei noch nicht mal in der Lage gewesen, den Ball zu berühren.
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Seine kritische Haltung äußerte er bereits im Interview mit DAZ.online vom Juli 2020. Wörtlich sagte er damals: „Wir müssen ehrlich anerkennen, dass wir bei der Steigerung der AMTS und der Adhärenz als Berufsstand die letzten Jahrzehnte versagt haben.“ Diese Feststellung hält er im Hinblick auf einen Neustart für notwendig.
In der Diskussionsrunde beim Kooperationsgipfel bekräftigte er diese Aussage und ergänzte, dass er bewusst niemanden von dieser Verantwortung ausschließen wolle. Königs Gesprächspartner waren Berlins Apothekerkammerpräsidentin Kerstin Kemmritz sowie Apotheker Stefan Hartmann, erster Vorsitzender des BVDAK. Moderiert wurde die Runde von DAZ-Herausgeber Benjamin Wessinger.
Berlin ist irritiert
König wies darauf hin, dass es in Berlin eine gewisse Irritation gebe hinsichtlich des Eindrucks von der Apothekerschaft. Einerseits träfen die Politiker bei ihren Reisen durchs Land auf sehr fortschrittliche und engagierte Apotheker:innen, andererseits stießen sie nach ihrer Rückkehr in die Hauptstadt auf die ausgeprägte Blockadehaltung der ABDA. Das hat laut König inzwischen zur Folge, dass nur noch wenige Politiker mit der ABDA kommunizieren. Fassungslos habe ihn beispielsweise gemacht, dass sich die Standesvertretung zum Thema Antigen-Tests so zögerlich geäußert hat. Erst unmittelbar vor Weihnachten sei es zu positiven Signalen in Richtung Politik und Apotheken gekommen. Hier hätte er sich mehr proaktives Vorangehen gewünscht.
Drei Tools, gegen die sich die ABDA gesträubt hat
Gastgeber Stefan Hartmann wies auf drei weitere konkrete Beispiele hin: So habe der Gesetzgeber im vergangenen Jahr die Impfmodellprojekte in Apotheken ermöglicht, den Botendienst liberalisiert sowie den Betrieb von Abholstationen erlaubt. „Das sind drei wertvolle Tools, gegen die sich die ABDA schon immer gewehrt hat“, so Hartmann. Das Angebot von Grippeimpfungen in der Apotheke verbessere das Angebot, die Bereitschaft in der Bevölkerung, sich impfen zu lassen, und werte nicht zuletzt das Ansehen der Apotheker als Heilberuf auf. Mit dem liberalisierten und vor allem vergüteten Botendienst könne man eine patientengerechtere Versorgung gewährleisten und die Abholautomaten ermöglichten es den Apotheken, ihr Angebot und ihre Öffnungszeiten zu erweitern. Das sei gerade im Hinblick auf den Infektionsschutz in der Corona-Pandemie ein wichtiger Faktor.
Blockadehaltung: Schuld sind die standespolitischen Strukturen
Kerstin Kemmritz aus Berlin, die im vergangenen Jahr auch als Vizepräsidentin der Bundesapothekerkammer kandidiert hatte, konnte die Kritik nachvollziehen, doch wies gleichzeitig darauf hin, dass die gefühlte Blockadehaltung den standespolitischen Strukturen geschuldet seien. So habe die ABDA keine Basislegitimation, sondern baue vielmehr auf einer repräsentativen Demokratie auf. Das schließe aber nicht aus, auf Visionen und Expertise von der Basis zurückzugreifen: „Wir brauchen eine Art Thinktank für den ABDA-Tanker.“ Gerade in der heutigen, schnelllebigen Zeit und mit den immer weiter ausdifferenzierten Interessen im Berufsstand sei es wichtig, dass es regelmäßig zu einer Rückkopplung zwischen Spitze und Basis komme.
Keine Rücksicht auf das schwächste Glied
Der BVDAK-Vorsitzende Hartmann pflichtete seiner Berliner Kollegin bei: „Die Diskrepanz wird gefühlt immer größer.“ Er sieht es als den größten Nachteil, dass die ABDA nach wie vor versuche, immer auf einen kompletten Interessenausgleich zwischen allen Apotheken zu achten. Doch: „Beim Vorankommen darf man keine Rücksicht auf das schwächste Glied in der Kette nehmen.“ Zwar könne man versuchen, Dinge zu bewahren, aber das dürften tatsächlich nur die „wirklich guten“ sein. Das Motto „Wer wagt, gewinnt.“ ist aber für Kemmritz in diesem Zusammenhang offenbar nicht vorbehaltlos zu unterschreiben. Sie formuliert es eher so: „Wir müssen auch mal Visionen riskieren.“
Als Ausblick auf die nahe Zukunft wünscht sich König eine bessere Kommunikation zwischen Ärzten und Apothekern. Hartmann betrachtet mit Sorge, dass es aktuell nur vier „Mini-Modellprojekte“ zur Grippeimpfung in den Apotheken gibt – er plädierte dafür, dieses Angebot zügig als Regelleistung zu etablieren. Kemmritz ergänzte, dass dies auch für Privatversicherte zu erweitern sei. Perspektivisch wünscht sich die Kammerpräsidentin eine wertschätzende Behandlung des Berufsstands von der Politik. Diese solle noch intensiver die Ideen und Bereitschaft der Apotheker:innen einbinden und einfordern. Hartmann hofft, dass es bei der Zukunftsgestaltung nicht mehr nur die ABDA geben wird. Vielmehr müsse es zu einem breiten Diskurs bei allen apothekenrelevanten Themen kommen.
7 Kommentare
Sapere aude
von Reinhard Rodiger am 05.02.2021 um 0:35 Uhr
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Rückblick
von Hubert Kaps am 04.02.2021 um 11:01 Uhr
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ABDA im Abseits
von Pille62 am 04.02.2021 um 10:46 Uhr
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ABDA im Abseits
von Dietmar Bittenbinder am 04.02.2021 um 10:06 Uhr
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ABDA im Abseits
von Gregor Huesmann am 03.02.2021 um 18:54 Uhr
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AW: ABDA im Abseits
von Karl Friedrich Müller am 04.02.2021 um 8:27 Uhr
AW: Durchaus problematisch
von Stefan Haydn am 04.02.2021 um 14:03 Uhr
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