AvP-Insolvenzverfahren

Nun doch Aussonderungsrecht – aber nur für einen sehr speziellen Fall

Süsel - 07.01.2021, 17:55 Uhr

AvP-Insolvenzverwalter Jan-Philipp Hoos hat nun doch Aussonderungsrechte anerkannt. (Foto: picture alliance / Marcel Kusch; Kanzlei White & Case)

AvP-Insolvenzverwalter Jan-Philipp Hoos hat nun doch Aussonderungsrechte anerkannt. (Foto: picture alliance / Marcel Kusch; Kanzlei White & Case)


Apotheken müssen sich mit Krankenkassen auseinandersetzen

Damit werden nun offenbar Zahlungen der Krankenkassen an diese Apotheken möglich, aber dies ergibt sich nicht automatisch. Hoos erklärte dazu: „Die Apotheken müssen sich hier, gegebenenfalls über ihre neuen Abrechnungszentren, mit den Kostenträgern auseinandersetzen.“

Dies wirft für Beobachter des Verfahrens jedoch weitere Fragen auf. Die erwähnte Zusatzvereinbarung über eine bedingte Abtretung bedeutet, dass die Abtretung erst im Gegenzug zur Zahlung durch die Krankenkasse wirksam wird. Offenbar haben verschiedene Krankenkassen zu unterschiedlichen Zeitpunkten aufgrund der unklaren Rechtslage ihre Zahlungen an AvP eingestellt. Die einzelnen Apotheken haben jedoch keine Informationen darüber, inwieweit die verschiedenen Krankenkassen für die jeweiligen Rezepte bereits Zahlungen an AvP geleistet haben und inwieweit diese zurückgehalten wurden. Damit scheint derzeit unklar, wie viel Geld an welche Apotheken fließen kann und wie die Apotheken diese Forderungen geltend machen können. Für die nun begünstigten Apotheken ergeben sich damit neue Fragen.

Verfahren für keine Apotheke erledigt

Dagegen ist offensichtlich, dass die nun anerkannten Aussonderungsrechte nur einen Teil der Forderungen der betreffenden Apotheken umfassen. Damit bleiben auch die Apotheken, die nun Aussonderungsrechte erhalten, als Gläubiger an dem Insolvenzverfahren beteiligt. Ihre Forderungen bezüglich der Zahlungen, die AvP von Krankenkassen erhalten, aber nicht an die Apotheken weitergeleitet hatte, bleiben wie bei den anderen ehemaligen AvP-Kunden von dieser neuen Entscheidung unberührt. Das Insolvenzverfahren dürfte sich damit für keine der bisher betroffenen Apotheken erledigt haben. Auch die Auswirkungen auf die spätere Insolvenzquote dürften sich in Grenzen halten.

Bisher ist nicht bekannt, welchen Betrag die nun anerkannten Aussonderungsrechte umfassen. Das Bundesfinanzministerium hatte als Zahl der insgesamt betroffenen öffentlichen Apotheken zuletzt 2617 genannt. Die gesamten Forderungen aus noch ausstehenden Rezeptabrechnungen hatte Hoos in seinem Gutachten zur Insolvenzeröffnung auf 200 Millionen Euro beziffert. Es geht nun offenbar um den Anteil an diesen 200 Millionen Euro, der auf die 310 Offizin- und 150 Krankenhausapotheken mit besonderen Vertragsbedingungen entfällt und der zudem von den Krankenkassen noch nicht gezahlt wurde. Die gesamten angemeldeten Forderungen sollen nach Informationen aus der Gläubigerversammlung vom 15. Dezember 617,7 Millionen Euro betragen. Der weitaus größte Teil dieser Forderungen bleibt damit von der neuen Entwicklung unberührt. Allerdings ist zu erwarten, dass die Entscheidung weitere Diskussionen über Aussonderungsrechte in anderen Fallkonstellationen entfacht.



Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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