Überwachung von Apothekenrechenzentren

Die überschätzte Rolle der BaFin

Süsel - 15.12.2020, 16:45 Uhr


Regelungslücke

Da viele Apothekenrechenzentren von der laufenden Aufsicht freigestellt sind, ist die eigentliche Abrechnungstätigkeit offenbar kein Aufsichtsgrund für die Finanzdienstleistungsaufsicht. Das Sozialversicherungsrecht enthält dafür ebenfalls keine angemessenen Kontrollmechanismen, obwohl es fast ausschließlich um Gelder aus der Solidargemeinschaft geht. So besteht offenbar eine Regelungslücke, und es gibt zumindest von staatlicher Seite weiterhin keinen Schutz vor einer Wiederholung der jüngsten Ereignisse.

Überwachung der Zuverlässigkeit

Allerdings wurde AvP durchaus überwacht. Das ist aber eher dem Zufall geschuldet, weil das Unternehmen Factoring betrieben hat. Doch auch diese Aufsicht wirft Fragen auf. Denn aufgrund der AvP-Insolvenz war bekannt geworden, dass einer der Verantwortlichen bei der AvP wegen eines Steuerdeliktes vorbelastet war, wie DAZ.online schon sehr früh berichtete.

In diesem Zusammenhang erscheinen die §§ 32 und 33 KWG interessant. Diese regeln die Inhalte des Erlaubnisantrags. Gemäß § 33 Absatz 1 Nr. 2 und 3 KWG kann die BaFin die Erlaubnis versagen, wenn die verantwortlichen Personen nicht zuverlässig sind. In diesem Zusammenhang wollte DAZ.online von der BaFin wissen, inwieweit die rechtskräftige Verurteilung in einem Strafverfahren dafür relevant ist. Die BaFin erklärte dazu:


„Die BaFin zieht für die Beurteilung der Zuverlässigkeit eines Bewerbers neben eigenen Erkenntnissen u.a. Selbstauskünfte zu Strafverfahren, Ordnungswidrigkeitenverfahren, behördlichen Verfahren, Insolvenzverfahren, eidesstattlicher Versicherung sowie Auskünfte aus dem Bundeszentralregister, dem Gewerbezentralregister oder sonstiger Register heran. Ergeben sich daraus Anhaltspunkte oder sind gegen den Bewerber bankaufsichtliche Maßnahmen erlassen worden, ist im Einzelfall zu beurteilen, ob der Bewerber zuverlässig ist. Bei der Beurteilung sind Schwere und Art der Verfehlung zu berücksichtigen. Eine Verallgemeinerung ist nicht möglich.“

BaFin


Wie erfährt die BaFin von Verfahren und Verurteilungen?

Die BaFin verweist dazu auch auf ihr 37 Seiten umfassendes „Merkblatt zu den Geschäftsleitern gemäß KWG, ZAG und KAGB“. Außerdem wollte DAZ.online von der BaFin wissen, wie die BaFin erfährt, wenn eine verantwortliche Person strafrechtlich verurteilt wird. Dazu verweist die BaFin auf § 60a KWG, in dem die Informationswege geregelt sind. Gemäß § 60a KWG haben das Gericht, die Strafverfolgungs- oder die Strafvollstreckungsbehörde bei bestimmten Strafverfahren gegen verantwortliche Personen in überwachten Unternehmen der BaFin im Fall der Erhebung einer öffentlichen Anklage die Anklageschrift, den Antrag auf Erlass eines Strafbefehls und die abschließende Entscheidung zu übermitteln. Die Regelung enthält eine komplexe Umschreibung, welche Straftaten davon erfasst sind. Insbesondere geht es dabei um die Verletzung der Berufspflichten und Straftaten bei der Ausübung des Gewerbes. Bei fahrlässig begangenen Straftaten gilt die Pflicht nur, wenn unverzügliche Maßnahmen der BaFin geboten sind.

Schließlich hat DAZ.online gefragt, welche Sanktionsmöglichkeiten die BaFin hat. Dazu verweist die BaFin auf § 36 KWG. Die BaFin erklärte dazu:

„Danach kann die BaFin Geschäftsleiter verwarnen oder gegenüber dem Aufsichtsorgan verlangen, dass sie abberufen werden und sie durch einen Sonderbeauftragten ersetzen. Die BaFin kann auch Mitglieder von Aufsichtsorganen abberufen und die Befugnisse eines Aufsichtsorgans auf einen Sonderbeauftragten übertragen.“



Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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