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Pharmazeut:innen in der Corona-Pandemie
Erste Apotheke betreibt Schnelltestzentrum
Die Alamannen Apotheke in Holzgerlingen wird in der kommenden Woche ein Corona-Schnelltestzentrum betreiben. Seit Inkrafttreten der sogenannten Corona-Testverordnung am 2. Dezember dürfen die örtlichen Gesundheitsämter Dritte beauftragen, Testzentren einzurichten. Die aufkommenden Kosten kann der Apotheker direkt mit der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg abrechnen.
Ob die Bundesregierung die Corona-Maßnahmen zu Weihnachten lockern wird, ist nicht klar. Fest steht: Viele Deutsche werden Familie, Freunde und Bekannte treffen wollen – am liebsten mit der Gewissheit, dass der Besuch kein Infektionsrisiko birgt. Und während die Kapazitäten für PCR-Testungen hierzulande weitgehend ausgelastet sind, scheinen sich in Ergänzung dazu Antigen-Schnelltests – anders als in unseren Nachbarländern – noch nicht recht durchzusetzen.
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„Ich sehe Schnelltests seit langem als eine wichtige diagnostische Möglichkeit, die Pandemie in den Griff zu bekommen“, sagt der Apotheker Dr. Björn Schittenhelm im Gespräch mit DAZ.online. Aber die Gesundheitsämter seien ausgelastet, da sie sich auf Kontaktverfolgungen und die Organisation von Impfzentren konzentrieren müssten. Auch Ärzte hätten im Moment zu viel zu tun, um ein solches Angebot auf die Beine zu stellen. Daher betreibt seine Alamannen Apotheke in Holzgerlingen ein Corona-Schnelltestzentrum, das der Apotheker in einem angemieteten Bürokomplex im selben Ort einrichtete. Das Projekt entstand in Zusammenarbeit mit einer örtlichen Arztpraxis und dem Deutschen Roten Kreuz. „Es hat nur jemand gefehlt, der die Aufgabe übernehmen will“, so Schittenhelm.
Ab nächster Woche können Kunden dort für je 29 Euro einen professionellen Nasen-Rachen-Abstrich durchführen lassen. Auf dem Weg nach draußen erhalten sie das Ergebnis durch die App Doctorbox, an der auch Noventi beteiligt ist, auf ihr Smartphone. „Zu Beginn soll das Testzentrum nur abends geöffnet sein. Aber kurz vor Weihnachten geben wir Vollgas. Nach dem System werden wir pro Stunde 25 bis 30 Patienten testen können“, berichtet Schittenhelm.
Voraussetzung in Corona-Testverordnung
Die rechtliche Möglichkeit für diese Option besteht seit Inkrafttreten der aktuellen Corona-Testverordnung am 2. Dezember. § 6 (Leistungserbringung) der Verordnung sieht vor, dass primäre Leistungserbringer, zuständige Stellen des öffentlichen Gesundheitsdiensts und die von ihnen betriebenen Testzentren auch Dritte als weitere Leistungserbringer oder als Testzentren beauftragen dürfen. Voraussetzung für das Testzentrum in Holzgerlingen war also, dass das örtliche Gesundheitsamt, in diesem Fall das Landratsamt Böblingen, die Apotheke offiziell als Testzentrum beauftragte.
„Ich habe nicht für möglich gehalten, dass diese Möglichkeit besteht“, sagt Schittenhelm. Nach dem Austausch zwischen dem Landratsamt und der KV Baden-Württemberg stand fest, dass die Apotheke direkt mit der Kassenärztlichen Vereinigung abrechnen kann. Schittenhelm kann je 9 Euro pro Test plus weitere 15 Euro für die Durchführung des Tests abrechnen. Auch die Kosten zur Organisation und die Betriebskosten des Schnelltestzentrums erstattet die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg.
Dass ihm Lieferengpässe den Plan durchkreuzen könnten, glaubt Schittenhelm nicht. „Anfangs hatte ich etwas Angst, vor allem, weil wir nur die Antigentests von Panbio und Roche nutzen. Diese hatten in der Evaluation einiger Tests durch den Virologen Christian Drosten am besten abgeschnitten. Aber mittlerweile habe ich das Gefühl, dass diese Lieferketten robust sind. Nichtsdestotrotz musste ich Tests an Lager legen und rechne damit, zwei bis drei Wochen auf die Lieferung warten zu müssen.“
Alles außer Proben nehmen
Die Apotheker:innen der Alamannen Apotheke koordinieren die Organisation und die Abrechnung für das Zentrum, zudem erstellten sie ein Qualitätsmanagementsystem. Beim Schnelltestzentrum wird immer ein Apotheker vor Ort sein, der jeden Prozess der Testung beherrscht, bis auf die Probenentnahme. Die Nasen-Rachen-Abstriche nehmen DRK-Mitarbeiter vor, die zuvor ärztlich geschult wurden.
Nach der aktuellen Corona-Testverordnung dürfen nun sogar Lehrer Antigen-Schnelltests – zumindest an sich selbst – durchführen. In einem Talk zur Rolle der Apotheker:innen in der Pandemie warnte der Vorsitzende des Apothekerverbands Nordrhein, Thomas Preis, davor, dass einzelne Gruppen so privilegiert werden.
Die Option, Schnelltests auch direkt an medizinische Laien abzugeben, damit diese sich selbst Abstriche nehmen könnten, hält Schittenhelm für keine Option. „Die Abgabe an medizinische Laien halte ich für fatal. Wenn der Abstrich nicht richtig vorgenommen wird, ist das Testergebnis immer negativ und Patienten wiegen sich in falscher Sicherheit.“ Daher solle die Politik Apotheker:innen noch enger in die Testung einbinden. Idealerweise sollten auch sie nach ärztlicher Schulung Abstriche nehmen dürfen.
2 Kommentare
Schnelltestzentrum
von Alexander Weng am 30.12.2020 um 19:56 Uhr
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"Fatal"
von Andreas Kolb am 11.12.2020 um 8:39 Uhr
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