Kurz vor Inkrafttreten des VOASG

DocMorris wirbt mit doppeltem Rezept-Bonus

Berlin - 24.11.2020, 12:15 Uhr

Recht egal: Bis zum 31. Januar 2021 will DocMorris seinen Bestandkunden einen doppelten Bonus gewähren. (p / Foto: DAZ.online)

Recht egal: Bis zum 31. Januar 2021 will DocMorris seinen Bestandkunden einen doppelten Bonus gewähren. (p / Foto: DAZ.online)


Das Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz mit seinem neuen Rx-Boni-Verbot im Sozialrecht wird voraussichtlich noch im Dezember in Kraft treten. Das hält den niederländischen Arzneimittelversender DocMorris nicht davon ab, seinen Kunden jetzt noch einen doppelten Bonus zu versprechen: Pro verordnetem Arzneimittel soll es mindestens 5 und bis zu 10 Euro Bonus geben – und das bis Ende Januar 2021.

Diese Woche steht dem Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz (VOASG) noch eine letzte Runde im Bundesrat bevor. Widerstand ist dort nicht zu erwarteten, sodass einer raschen Ausfertigung und Verkündung des Gesetzes nichts im Weg stehen sollte. Das Bundesgesundheitsministerium geht davon aus, dass das VOASG im Laufe des Dezembers in Kraft treten wird – nur die Botendienstvergütung wird zum 1. Januar 2021 wirksam.

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Damit wird es auch nicht mehr lange dauern, bis das neue Boni-Verbot kommt. Bekanntlich wird § 78 Abs. 1 Satz 4 Arzneimittelgesetz, der derzeit noch die Arzneimittelpreisverordnung auf Versender im EU-Ausland erstreckt, gestrichen. Stattdessen wird die Preisbindung nun in § 129 Abs. 3 Sozialgesetzbuch V (SGB V) verankert: Demnach dürfen nur Apotheken, für die der Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung Rechtswirkung hat, Arzneimittel für GKV-Versicherte mit den Krankenkassen abrechnen. Und wenn sie dies im Rahmen des Sachleistungsprinzips tun,  sind sie zur Einhaltung der in der Arzneimittelpreisverordnung festgesetzten Preisspannen und Preise  verpflichtet und dürfen Versicherten keine Zuwendungen gewähren. Anderenfalls drohen Sanktionen.

Dass sich die großen EU-Versender um diese Neuregelung wenig scheren werden und bereit sind, die Zulässigkeit der Norm auf dem Rechtsweg klären zu lassen, haben unter anderem die Shop Apotheke und auch der Verband der Europäischen Versandapotheken bereits durchblicken lassen. Und auch die jüngste Werbung von DocMorris zeigt: Die Niederländer denken gar nicht daran, das neue Verbot zu beachten.

„Die Geister, die DocMorris ruft, werden sicher nicht lange auf sich warten lassen“

So verschickt DocMorris derzeit Post an seine Bestandskunden, die einen „doppelten Bonus“ bei Rezepteinreichungen verspricht. Normalerweise gewährt DocMorris mindestens 2,50 und bis zu 5 Euro Bonus auf jedes rezeptpflichtige Medikament. „Aber jetzt legen wir noch einen drauf!“, heißt es in dem Schreiben. „Bis 31.01. Gilt: 1 x Medikament bestellen – 2 x Bonus erhalten. Pro rezeptpflichtiger Packung erhalten sie dann mindestens 5 und bis zu 10 Euro Bonus.“ Dazu kommt ein entsprechender Gutschein, der nur einmal einlösbar ist. Für E-Rezepte gilt er übrigens nicht.

Es bleibt abzuwarten, was geschieht, wenn diese versprochenen Boni auch nach Inkrafttreten des VOASG gewährt werden. Nach dem Heilmittelwerbegesetz wird es sich jedenfalls um eine unzulässige Zuwendung handeln. § 7 Heilmittelwerbegesetz (HWG) wird mit dem VOASG nämlich dahingehend ergänzt, dass bei Arzneimitteln auch Zuwendungen verboten sind, die entgegen den Preisvorschriften des Sozialgesetzbuchs V (und nicht nur des Arzneimittelgesetzes) gewährt werden. Ob die Regelung des § 7 HWG auch europarechtlich Bestand haben wird, wird sich womöglich schon zeitnah zeigen. Der Bundesgerichtshof hat in dieser Frage den Europäischen Gerichtshof angerufen – hier geht es um eine Gewinnspielwerbung von DocMorris.

Anwältin Bongers-Gehlert: Die Krankenkassen sind gefragt

Rechtsanwältin Dr. Anne Bongers-Gehlert aus der Kanzlei Friedrich Graf von Westphalen sieht nicht nur Wettbewerber gefordert, bei kommenden Verstößen gegen das neue Boni-Verbot aktiv zu werden: „Die Werbung zeigt nach dem Motto ‚Jetzt erst recht‘, dass DocMorris sich durch die Gesetzesänderung wohl nicht davon abhalten lassen wird, den GKV-Patienten auch weiterhin Rabatte und Boni zu gewähren. Umso mehr muss es nun Aufgabe der Gesetzlichen Krankenversicherung sein, in deren Hand der Gesetzgeber die Verfolgung von Verstößen gegen das Preisrecht gelegt hat, dem entsprechend entgegen zu wirken", erklärt sie gegenüber DAZ.online. „Den Apothekern bleibt daneben weiter die Möglichkeit, über § 7 HWG selbst gegen die Werbung vorzugehen. Die Geister, die DocMorris rief, werden sicher nicht lange auf sich warten lassen.“



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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4 Kommentare

Patient / Angewiesen auf Einsparungen

von Patient / Angewiesen auf Einsparungen am 22.12.2020 um 20:38 Uhr

Ich finde das alles Komisch !! Geht es unseren Apotheken vor Ort so schlecht dass Sie gegen Online EU Apotheken kämpfen müsen und den Bundestag bemühen müssen!?
Herscht nicht im vereinten Europa Gleichheit u. Solidarität und gerechter Wettbewerb so wer es sich leisten kann gibt halt Rabatt. Viele Ärmere Mitbürgerund Rentner und Erwerbsminderungsrenter sind auf Einsparungen angewiesen und haben einen einfacheren Ablauf beim bestellen und auch keine zusätzlichen Fahrtkosten. Warum benötigt man für soetwas Gerichte und Gesetze wo wir viel größere Probleme mit Lobbyismus / Transparenz / Korruption und Geldgier in unseren Land haben. Ich glaube die Apotheken wollen einfach Ihre Gewinnspanne erhalten und Ihre MAcht auspielen. An den Patienten die viele Zuzahlungen haben denkt aber keiner und wie diese zurecht kommen !?!? Viele Rentner und Erwerbsminderunsgrenter kommen mit Ihren Renten nicht aus !!! Da hilft auch die Zuzahlungsbefreiung nicht weiter die an verschd. Bedingungen geknüft sind wie auch ans Einkommen vom Partner /Ehepartner. Ich finde es als Eu Bürger und Patient echt dreißt über so etwas solche Umstände zu machwen wo es viel wichtigere Themen gibt und Einsparungen!!

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Apotheken-Verdienst-Schutzgesetz

von Albert Tüpprath am 16.12.2020 um 17:30 Uhr

Komisch, jeder europäische Dienstleister oder Handwerker bietet seine Dienste bei uns an, ohne dass unsere Betriebe geschützt werden!

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Gleichpreisigkeit...

von Thomas Eper am 24.11.2020 um 15:47 Uhr

Na dass klappt ja hervorragend mit der Gleichpreisigkeit.
Supersache dieses VOASG. Funktioniert einwandfrei; zumindest für die Hollandversänder.

Bin mal gespannt auf die ersten Kommentare unserer begnadeten Standesvertreter und des Herrn Spahn.

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AW: Gleichpreisigkeit

von Houbé am 22.12.2020 um 18:53 Uhr

In Holland gibt es sehr viel Strand, wo man leicht versanden kann; man ist dann ein Versänder.

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