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Leserreaktion und politischer Hintergrund
Kontroverse um Staatshilfen wegen AvP
Sind Staatshilfen für Apotheken die Lösung für die AvP-Insolvenz? Der Staat hat das System geschaffen, das die Apotheken einem offenbar unkalkulierbaren Risiko aussetzt. Doch je nach Perspektive ergeben sich auch Gegenargumente. Eine Warnung des Vorsitzenden des Hamburger Apothekervereins vor dem Einfluss des Staates hat zu zahlreichen Reaktionen und deutlicher Kritik von DAZ.online-Lesern geführt. DAZ.online hinterfragt die Argumente und Aussichten aus Sicht von Apotheken und Politik.
Bei der Mitgliederversammlung des Hamburger Apothekervereins am 4. November hatte der Vereinsvorsitzende Dr. Jörn Graue generell vor dem Ruf nach dem Staat gewarnt. Denn mit jeder Stützung steige der staatliche Einfluss auf Kosten der Eigenverantwortung. Als Reaktion auf den Beitrag über die Mitgliederversammlung sind bei DAZ.online zahlreiche Reaktionen von AvP-Betroffenen eingegangen, darunter auch Briefe, die an Graue gerichtet waren. In einem Serienbrief einer WhatsApp-Gruppe von AvP-Betroffenen erklären die Leser, die Äußerungen Graues träfen sie „äußerst schmerzhaft und auch persönlich“.
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Die aufgestellten Thesen zur Staatshilfe seien fragwürdig und würden dem Eindruck der Betroffenen in der Öffentlichkeit schaden. Politiker würden daraufhin denken, es sei keine Hilfe nötig. „Offensichtlich wird das tatsächlich von unseren eigenen Verbänden so kommuniziert“, folgern die Betroffenen. Sie verweisen auf sechs- oder siebenstellige Zahlungsausfälle als triftigen Grund für den Hilferuf. Außerdem wird kritisiert, dass die WhatsApp-Gruppe die einzige Möglichkeit zum gegenseitigen Austausch darstelle, „da von Seiten der Verbände ein Zusammenfinden offensichtlich nicht gewünscht wird“.
Staat soll für sein System haften
Die deutlichen und teilweise emotionalen Reaktionen unterstreichen die großen Erwartungen, die viele Betroffene mit Staatshilfen verbinden. Für diese Forderung gibt es mindestens zwei naheliegende Gründe. Der erste Grund liegt in der äußerst unglücklichen Entwicklung hinsichtlich der Aussonderungsrechte. Kurz nach Bekanntwerden der AvP-Insolvenz konzentrierten sich die Bemühungen der Betroffenen auf diesen Ansatz. Denn Rechenzentren verwalten fremde Gelder. Diese stehen nach den üblichen Regularien des Insolvenzrechts dem Eigentümer zu und fließen nicht in die Insolvenzmasse.
Im Zuge der juristischen Prüfung der Situation bei AvP schwand jedoch die Aussicht auf solche Aussonderungsrechte immer mehr. Da zu diesem Zeitpunkt noch keinerlei Anhaltspunkte für die zu erwartende Insolvenzquote bekannt waren, erschien der Ruf nach staatlicher Hilfe als einzig verbleibende Option. Diese wird durch den zweiten Grund gestützt: Die Abrechnungsgelder sind Teil des streng geregelten Sozialversicherungssystems, gefühlt fast wie Staatsgeld. Außerdem sind die Apotheken faktisch gezwungen, die Dienste von Rechenzentren in Anspruch zu nehmen. Dies ist zwar keine Vorschrift, aber die Regularien sind so komplex, und es ist eine so aufwendige Technik erforderlich, dass eine einzelne Apotheke diese Aufgabe nicht mit vertretbarem Aufwand erfüllen kann. Wenn aber das aufgrund der staatlichen Anforderungen gestaltete System in einem außergewöhnlichen Fall versagt, drängt sich auf, dass der Staat dafür haftet.
Furcht vor Verstaatlichung
Doch das ist nicht so einfach, wie es auf den Blick erscheint. Ein strategischer Aspekt aus Apothekerperspektive ist die Frage, ob der Staat wirklich der vorrangige Ansprechpartner ist. Dazu hatte Graue in der Mitgliederversammlung des Hamburger Apothekervereins erklärt: „Mit jeder Stützungsmaßnahme steigt der staatliche Einfluss weiter. Der Staat gewinnt an Macht auf Kosten des Individuums und der Eigenverantwortung. Dadurch wird das Fundament einer freiheitlichen, sozialmarktwirtschaftlichen Ordnung unterhöhlt.“ Letztlich fürchtet Graue die Verstaatlichung. Stattdessen seien die Krankenkassen als Marktpartner der Apotheken die naheliegenden Ansprechpartner.
4 Kommentare
AVP Pleite
von Tegethof, Isa am 13.11.2020 um 9:57 Uhr
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AVP Pleite
von Andreas Fizia am 12.11.2020 um 18:37 Uhr
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Noch mal aus der Zitaten-Sammlung
von Bernd Jas am 12.11.2020 um 14:14 Uhr
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Richtig & Falsch
von Nikolaus Guttenberger am 12.11.2020 um 12:25 Uhr
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