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Kleine Anfrage der FDP
BaFin wusste seit einem Jahr von Unregelmäßigkeiten bei AvP
Im Skandal um die Insolvenz des Apothekenrechenzentrums AvP rückt die Rolle der Finanzaufsicht BaFin in den Fokus: Offenbar hatte es bereits im November 2019 Hinweise auf Unregelmäßigkeiten gegeben, wie die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion im Bundestag einräumt. Der FDP-Abgeordnete Schinnenburg wirft der BaFin deswegen Versagen vor.
Ein erster, „sehr unbestimmter Hinweis eines anonymen Hinweisgebers“ auf mögliche Defizite bei der Rechnungslegung der AvP habe die Bundesanstalt für Finanzdienstleitungsaufsicht BaFin am 26. November 2019 erreicht, schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion, die DAZ.online vorliegt. Dieser Hinweis sei Mitte Januar 2020 durch den ursprünglichen Hinweisgeber konkretisiert worden, woraufhin die BaFin dann tätig geworden sei. Unter anderem habe sie Kontakt zu dem zum Jahresbeginn 2020 neu bestellten Wirtschaftsprüfer der AvP aufgenommen. Nach dem Ausscheiden eines AvP-Geschäftsführers Ende Februar nahm die BaFin dann Kontakt zur Staatsanwaltschaft auf „und begleitete das Institut von nun an sehr eng“.
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Der FDP-Bundestagsabgeordnete Dr. Wieland Schinnenburg, der Mitglied im Gesundheitsausschuss ist, kritisiert, dass die BaFin Maßnahmen zur Gefahrenabwehr erst im September sondierte, nachdem die Kreditlinie der AvP bei ihren Banken gekündigt wurde. Man habe besorgniserregende Vorgänge wie die Entlassung eines Geschäftsleiters sowie die Bestellung eines neuen Wirtschaftsprüfers nicht zum Anlass genommen, entsprechend tätig zu werden. Teilweise habe die BaFin diese Sachverhalte erst aus der Presse erfahren.
Nachdem die AvP die BaFin am Samstag, den 5. September 2020, über die Kündigung ihrer Kreditlinie informiert hatte, trat die Aufsicht laut der Antwort der Bundesregierung am Montag, den 7. September, „in einen täglichen Informationsaustausch“ über die Liquiditätslage mit der AvP ein. Am 10. September wies die BaFin die AvP an, keine „gläubigerschädigenden Auszahlungen“ mehr zu tätigen und bestellte einen Sonderbeauftragten zur Überwachung dieser Anweisung. Trotzdem kam es noch am selben Tag zu „erheblichen Auszahlungen“, wie die Bundesregierung schreibt. Deswegen übernahm am Montag, dem 14. September, ein sogenannter „starker“ Sonderbeauftragter bei AvP die Geschäftsleitung. Dieser stellte bereits am Folgetag den Insolvenzantrag beim Amtsgericht Düsseldorf.
Harsche Kritik zur Rolle der BaFin
Schinnenburg äußert harsche Kritik an der Rolle der Finanzaufsicht: „Die BaFin hat bei der AvP-Insolvenz als Aufsichtsbehörde versagt.“ Trotz der Vorgänge seit Anfang des Jahres habe die BaFin erst fünf Tage nach Kenntnis einer bedrohlichen Lage Anfang September einen Auszahlungsstopp angeordnet. Er setze sich deswegen dafür ein, dass „die AvP-Pleite und die Rolle der BaFin parlamentarisch umfassend aufgearbeitet werden und fordere die Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen auf, anders als bisher, diese Aufarbeitung vollumfänglich zu unterstützen“.
Das Schreiben des Bundesfinanzministeriums auf die Kleine Anfrage endet mit einer brisanten Information. Auf die Frage, ob der Bundesregierung Informationen zu Unregelmäßigkeiten bei anderen Rechenzentren vorliegen heißt es: „Bei der BaFin sind jüngst auch in Bezug auf andere Apothekenabrechnungsstellen, die unter ihrer Aufsicht stehen – mutmaßlich ausgelöst durch die mediale Berichterstattung der letzten Wochen – Hinweise eingegangen. Die BaFin nimmt diese Hinweise ernst und geht ihnen nach.“ Bisher gibt es aus dem Apothekenmarkt jedoch keine Berichte über Unregelmäßigkeiten bei den Auszahlungen anderer Apothekenrechenzentren.
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