Auszeichnung in Chemie für zwei Frauen

Nobelpreis für die „Genschere“ CRISPR/Cas9

Stuttgart - 07.10.2020, 15:30 Uhr

Für die Entdeckung der genetischen Schere CRISOR/Cas9 erhielten die Wissenschaftlerinnen Emmanuelle Charpentier (l.) und Jennifer A. Doudna den Nobelpreis in Chemie. (Illustration: Niklas Elmehed for Nobel Media)

Für die Entdeckung der genetischen Schere CRISOR/Cas9 erhielten die Wissenschaftlerinnen Emmanuelle Charpentier (l.) und Jennifer A. Doudna den Nobelpreis in Chemie. (Illustration: Niklas Elmehed for Nobel Media)


„Wie jede mächtige Technologie muss auch diese Genschere reguliert werden“

Allerdings betont das Komitee in seiner Begründung auch den möglichen Missbrauch des Werkzeugs. „Wie jede mächtige Technologie muss auch diese Genschere reguliert werden.“ Für weltweite Empörung sorgte im November 2018 das Video eines chinesischen Forschers, der die Geburt zweier Zwillingsmädchen bekanntgab, deren Erbgut er mit CRISPR/Cas9 manipuliert hatte. „Wir brauchen eine verstärkte Debatte und internationale Regularien zu den potenziellen Risiken von CRISPR/Cas9 als Gen-Editing-Technik“, sagte Charpentier 2018 der dpa. „Als Wissenschaftler tragen wir auch eine gewisse Verantwortung: Wir müssen sicherstellen, dass es für jede potenzielle Therapie am Menschen angemessene Sicherheits- und Effizienz-Maßnahmen gibt und dass jede ethisch fragwürdige Nutzung dieser Technik verboten wird.“

Seit 1901 wurde der Chemie-Nobelpreis an 185 verschiedene Forscher vergeben. Einer von ihnen, der Brite Frederick Sanger, erhielt ihn zweimal. Unter den Preisträgern waren zuvor nur fünf Frauen, etwa Marie Curie 1911, die die radioaktiven Elemente Polonium und Radium entdeckte. Der jetzt für das CRISPR/Cas9-System verliehene Chemie-Nobelpreis ist der erste wissenschaftliche Nobelpreis, den sich ausschließlich Frauen teilen. 

Die renommierteste Auszeichnung für Chemiker ist in diesem Jahr mit insgesamt 10 Millionen Kronen (rund 950.000 Euro) dotiert – 1 Million Kronen mehr als im Vorjahr. Die feierliche Übergabe der Preise findet traditionsgemäß am 10. Dezember statt, dem Todestag des Stifters Alfred Nobel.

Die Chemie-Nobelpreisträger seit 2010

Die seit 1901 verliehenen Chemie-Nobelpreise gingen vor allem an amerikanische Forscher. Die erste Auszeichnung erhielt der Niederländer Jacobus van't Hoff für die Entdeckung von Gesetzen der Osmose. Die Preisträger der vergangenen zehn Jahre sind:

2019: Der US-Amerikaner John Goodenough, der in Großbritannien geborene Stanley Whittingham und der Japaner Akira Yoshino. Sie waren entscheidend an der Entwicklung von wiederaufladbaren Lithium-Ionen-Batterien beteiligt.

2018: Die US-Amerikanerin Frances Arnold, ihr Landsmann George Smith und der Brite Gregory Winter haben Methoden entwickelt, mit denen es möglich ist, etwa Biokraftstoffe, Arzneimittel und therapeutisch wirkende Antikörper umweltfreundlich herzustellen.

2017: Der Deutsch-Amerikaner Joachim Frank, der Schweizer Jacques Dubochet und der Brite Richard Henderson für die Kryo-Elektronenmikroskopie. Damit lassen sich Biomoleküle im Detail untersuchen – sie zeigt etwa dreidimensionale Bilder von Proteinen.

2016: Der Franzose Jean-Pierre Sauvage, der gebürtige Brite James Fraser Stoddart und der Niederländer Bernard Feringa. Sie bauten aus nur wenigen Molekülen etwa künstliche Muskeln und ein Mini-Auto.

2015: Tomas Lindahl (Schweden), Paul Modrich (USA) und Aziz Sancar (USA/Türkei), die Erbgut-Reparatursets beschrieben hatten. Diese Erkenntnisse dienen unter anderem zur Suche nach Krebsmedikamenten.

2014: Der deutsche Forscher Stefan Hell sowie die US-Amerikaner Eric Betzig und William Moerner für die Erfindung superauflösender Mikroskope. Damit kann man in lebende Zellen blicken und Abläufe bei Krankheiten wie Alzheimer oder Parkinson beobachten.

2013: Martin Karplus (USA/Österreich), Michael Levitt (USA/Großbritannien) und Arieh Warshel (USA/Israel) für Methoden, mit denen sich auch komplexe chemische Reaktionen virtuell nachvollziehen lassen.

2012: Robert Lefkowitz und Brian Kobilka aus den USA für die Entdeckung von Rezeptoren, die zahlreiche Signale von außen in die Körperzellen übermitteln.

2011: Dan Shechtman (Israel), der Quasikristalle entdeckt hatte, die zuvor von vielen Chemikern für unmöglich gehalten wurden.

2010: Richard Heck (USA) sowie die Japaner Ei-ichi Negishi und Akira Suzuki, die komplexe Substanzen aus Kohlenstoff herstellten. Sie bauten so unter anderem natürliche Wirkstoffe gegen Krebs nach.



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