FIP legt Handlungsempfehlungen vor

Geschlossen gegen Lieferengpässe

Stuttgart - 17.09.2020, 15:45 Uhr

Weltweit stehen Gesundheitsdienstleister behandlungsbedürftigen Patienten immer wieder mit leeren Händen gegenüber. (m / Foto: stock.adobe.com / Krakenimages.com)

Weltweit stehen Gesundheitsdienstleister behandlungsbedürftigen Patienten immer wieder mit leeren Händen gegenüber. (m / Foto: stock.adobe.com / Krakenimages.com)


Arzneimittellieferengpässe treten global in Ländern mit verschiedenen Einkommensstufen und Gesundheitssystemen sowohl bei lebensnotwendigen, alltäglichen, kostengünstigen als auch hochpreisigen Arzneimitteln auf. Die International Pharmaceutical Federation (FIP) veröffentlichte nun weltweit gültige, evidenzbasierte Handlungsempfehlungen, um Engpässen entgegenzutreten.

„Die Folgen von Arzneimittellieferengpässen sind schwer, multidimensional und unvorhersehbar. Im Kontext komplexer globaler Lieferketten wächst die Besorgnis unter allen Interessengruppen über die Zukunft der weltweiten Arzneimittelversorgung. Es gilt als bewiesen, dass sich Lieferengpässe mit der Zeit verschlimmern und immer neue Schwierigkeiten für die Mitarbeiter der Gesundheitssysteme und Kompromisse für die Patientensicherheit nach sich ziehen.“ Dies erklärte Lars-Åke Söderlung, Vorsitzender des FIP-Komitees für Arzneimittellieferengpässe in einer Pressemitteilung zum Hintergrund des „FIP Statement of policy on medicines shortages“.

In dem Dokument gibt die internationale Organisation auf wissenschaftlichen Erkenntnissen fußende Handlungsempfehlungen, um geschlossen gegen Arzneimittellieferengpässe vorzugehen. Die Erklärung richtet sich an die Regierungen aller Länder sowie an Beteiligte auf allen Versorgungs- und Produktionsebenen von Arzneimitteln. Sie wurde während des Kongresses „FIP Virtual 2020“ am 13. September 2020 veröffentlicht. Dieser internationale Kongress findet zwischen dem 4. und dem 25. September erstmals online statt.

Um gezielt gegen Lieferengpässe vorzugehen, müssten nach der International Pharmaceutical Federation zunächst einheitliche Definitionen festgelegt werden, um eine Mangelversorgung früh zu identifizieren und vergleichbare Daten erheben zu können. Zudem müsste global eine Liste mit kritischen Produkten erstellt werden. Informationen zu Arzneimittellieferengpässen sollten die Regierungen in allen Ländern öffentlich zugänglich machen. Pharmazeuten, die Arzneimittellieferengpässe kompensieren müssen, sollten mehr Anerkennung und Befugnisse erhalten. Die Regierungen sollten dazu Vorschläge erarbeiten, um Apothekerinnen und Apothekern ein weitreichenderes Handeln zu ermöglichen.

Transparenz fördern

Außerdem betonen die Autoren der Handlungsempfehlungen, dass die Wege der Arzneimittelbeschaffung so ausgewählt werden sollten, dass eine kontinuierliche Versorgung mit qualitativ hochwertigen Arzneimitteln flächendeckend sichergestellt werden kann. Dazu müssten der Austausch und die Transparenz zwischen Arzneimittelhändlern und -herstellern gefördert und Fragen zur Nachhaltigkeit geklärt werden. Außerdem müsse bei Handelsverträgen sowie der Preisgestaltung von Arzneimitteln Verantwortung gezeigt werden. Die Regierungen einzelner Länder sollten unnötige Abweichungen in den jeweiligen Rechtsvorschriften, die die Koordination behindern, beseitigen.

Hierzulande dürfte unter anderem der letzte Punkt bei der Bundesregierung umstritten sein. Zwar sollen Firmen in ihren globalen Lieferketten durch ein geplantes Sorgfaltspflichtengesetz zu mehr Transparenz verpflichtet werden. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) warnt jedoch vor „Schnellschüssen“ und bewirkt seit Monaten, dass diesbezügliche Verhandlungen im Bundestag verschoben werden. Zudem kritisierte der Branchenverband Pro Generika beim Inkrafttreten des „Gesetzes für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung“ am 16. August 2019, dass die umstrittene Importförderklausel nicht wie erhofft abgeschafft wurde. Der Reimportmarkt gilt als Quelle für Arzneimittelfälschungen und verursacht in anderen Ländern Versorgungslücken. In der Vergangenheit hatte sich Altmaier wiederholt für den Importeur Kohlpharma, einen der umsatzstärksten Firmen seines Wahlkreises, eingesetzt.


Marius Penzel, Apotheker
redaktion@daz.online


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3 Kommentare

Reichlich konstruiert

von Karsten Wurzer am 21.09.2020 um 9:26 Uhr

Lieber Herr Penzel,

Ihre Approbation als Apotheker haben Sie sich nach langjährigem und anspruchsvollem Studium sicher zu Recht verdient. Als Volontär lernen Sie nunmehr auch eines Tages ein guter Journalist zu sein.
Insofern darf ich Sie bitten, meine folgenden Anmerkungen als fachliche Kritik zu verstehen, die Sie ihrer Lernkurve hinzufügen können.

Selbst als Neuling in der Redaktion wissen Sie offensichtlich schon, dass es im Themenfeld „Parallelhandel/Importarzneimittel“ gute Tradition der DAZ ist, bei jeder noch so entfernten Gelegenheit auf die sog. "Importförderklausel" oder den "Re-Import" draufzuhauen.

Im Prinzip stört es uns auch nicht, sofern die sachlichen und fachlichen Zusammenhänge relevant und korrekt sind. Auf die Nachrichtenwertfaktoren gehe ich jetzt nicht gesondert ein. Die werden Sie sicher kennen.

Allerdings frage ich mich, warum Sie in Ihrem Beitrag über ein Positionspapier des FIP zu Lieferengpässen das aktuell diskutierte Lieferkettengesetz mit einer selektiven Teiläußerung des Wirtschaftsministers gegen einen nationalen Alleingang, mit einer alten Aussage von Pro Generika zur Importförderklausel und dem Umstand das kohlpharma seinen Sitz im Wahlkreis des Wirtschaftsminister hat, verknüpfen und somit einen Zusammenhang konstruieren, den es nicht gibt?

Beim Lieferkettengesetz geht es um generelle ethische Standards (Stichwort Kinderarbeit, etc.) und Umweltschutz (Stichwort Gewässerverunreinigungen asiatischer Pharmahersteller) in der Produktion sowie im Weiteren dem strategischen Ansatz die Produktion bestimmter und im Kern generischer Arzneimittel wieder nach Europa zu holen bzw. in Europa zu halten.

Schon der Übergang ist reichlich konstruiert und im Übrigen unlogisch.

... "Die Regierungen einzelner Länder sollten unnötige Abweichungen in den jeweiligen Rechtsvorschriften, die die Koordination behindern, beseitigen.
Hierzulande dürfte unter anderem der letzte Punkt bei der Bundesregierung umstritten sein." ...

Schließlich macht nach meinem Verständnis der Wirtschaftsminister (und nicht nur er) genau das, indem er einen abgestimmten Ansatz über die EU sucht und eben keinen nationalen Alleingang bei solchen Vorschriften als sinnvoll erachtet.

Die Abgabe von Importarzneimittel nach dem SGB und dem RV spielt in diesem Kontext keinerlei Rolle.

Im Übrigen ist in dem FIP Paper zum Parallelhandel nicht viel finden. Um von den umfangreichen "Empfehlungen" der FIP zu Lieferengpässen am Ende auf die Importförderklausel und kohlpharma/Altmaier zu kommen, braucht man schon sehr viel Fantasie.

Die FIP führt den Parallelhandel in Klammer als ein Beispiel für Marktregulierungsmechanismen an, der unter anderen und unter Umständen zu Lieferengpässen führen könnte.
Alle anderen möglichen aufgeführten Gründe erhalten in Ihrem Beitrag keine prominente Erwähnung, ebenso wenig wie die Aussage der FIP, dass die vermuteten Gründe allesamt noch der genaueren Untersuchung bedürfen.

Die FIP erwähnt an anderer Stelle den Parallelhandel jedoch als einen Teilnehmer an der „supply chain“, der gemeinsam mit Herstellern, Großhandel, Krankenhäusern und Apotheken ein „reporting system“ aufbauen soll, um mögliche Lieferschwierigkeiten besser detektieren und vermeiden zu können.

Dies passt allerdings so gar nicht in Ihre pauschale Behauptung:
„Der Reimportmarkt gilt als Quelle für Arzneimittelfälschungen und verursacht in anderen Ländern Versorgungslücken.“

Um es sachlich kurz zu machen. Wenn dem so wäre, wäre der Parallelhandel längst verboten.

Journalistisch gesehen wundere ich mich jedoch, dass Sie ohne Zusammenhang und ohne Beweise eine solche Behauptung aufstellen. Die leichte Formulierung „gilt als“ nimmt nicht die inhaltliche Verantwortung von Ihren Schultern.
Genauso könnte ich in irgendeinem Artikel oder jeder unserer Pressemeldung ergänzend und pauschal behaupten: „Ach ja, im Übrigen: Die DAZ gilt als Quelle für Fakenews, ungeprüfter Fakten, verbreitet Lügen und verursacht Informationslücken beim Leser.“

Die persönliche Meinung – und sei sie noch so abwegig – ist uns beiden zwar grundsätzlich gestattet, aber in unserer Tätigkeit für unsere Arbeitgeber gelten ein paar Regeln, um deren Beachtung ich künftig bitte.

Sie könnten also mindestens einen „Kronzeugen“ für die Behauptung haben. So zum Beispiel: „Laut Prof. Schulz von der AMK/ABDA gelten Importarzneimittel als Quelle …“.
Damit wären Sie etwas aus dem Schneider. Allerdings würde guter Journalismus die Aussagen eines Statementgebers auf Korrektheit oder Belastbarkeit prüfen und dies je nach Ergebnis entsprechend einordnen. Dies würde aber in diesem Beispiel nicht weiterhelfen, da keiner der Importkritiker belastbare geschweige den überhaupt irgendein Beweis für die pauschale und sehr verallgemeinerte Aussage anführen kann. Daher bleibt es ständig bei den pauschalen bis schwammigen Behauptungen.

Da offensichtlich sehr große Wissenslücken bzgl. des Parallelhandels vorliegen, lade ich Sie recht herzlich ein, uns bei kohlpharma für einen Blick hinter die Kulissen zu besuchen. Unser Unternehmen liegt gute 2,5 Stunden mit dem Auto von Stuttgart entfernt und mitten im Wahlkreis unseres Wirtschaftsministers. Und im Übrigen auch unseres Außenministers.

Beste Grüße
Karsten Wurzer

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Kurz

von Karl Friedrich Müller am 17.09.2020 um 22:57 Uhr

Bürokratie Satire
(Es ist allen Wurscht-ebenso der Klimawandel usw.. man macht weiter wie bisher. Bis es knallt)
Handlungshilfen-Definition-Datenerhebung-Listen-Transparenz-Austausch-Nachhaltigkeit
Dieser Quatsch passt zu jedem Thema in ne wird auch so kommuniziert. Dafür wird Geld ausgegeben
Stereotype Antwort: Schnellschüsse, Nichtstun
Wie gesagt: interessiert keine Sau, alles bleibt

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Peterchens Wirtschaft

von CuboStiglitz am 17.09.2020 um 20:16 Uhr

Also ich finde ja, Perter Altmeier sollte verschoben werden.

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