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DAZ.online-Spezial: Reisen trotz Corona
Corona: Spahn will Pflicht-Test für Reiserückkehrer
Wer von der Reise in ein Risikogebiet zurückkehrt, soll noch direkt am Flughafen kostenfrei auf das Coronavirus getestet werden. Vorerst ist das noch ein freiwilliges Angebot, die Tests könnten aber schon in der nächsten Woche zur Pflicht werden. Doch wer trägt die Kosten? Und wie zuverlässig sind die Testergebnisse?
Zunächst hatten die Gesundheitsminister von Bund und Ländern am vergangenen Freitag die Einrichtung von Gratis-Testcentern an Flughäfen beschlossen. Am Montag kündigte dann Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) an, Rückkehrer aus Risikogebieten zu den kostenlosen Tests verpflichten zu wollen. Man müsse „verhindern, dass Reiserückkehrer unbemerkt andere anstecken und so neue Infektionsketten auslösen“, schrieb Spahn beim Kurznachrichtendienst Twitter. Eine Verordnung dazu könnte in der nächsten Woche in Kraft treten, sicher ist das aber noch nicht. Unklar ist zudem, ob es bis dahin überhaupt genug Testmöglichkeiten an den Flughäfen geben wird. So geht die Einrichtung kostenloser Testzentren je nach Bundesland unterschiedlich schnell voran.
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Sofort reagiert hatte zum Beispiel Nordrhein-Westfalen: Am Flughafen Köln/ Bonn wird bereits seit dem 18. Juli ein Testzentrum betrieben. Dort wird ein Abstrich aus dem Nasenrachenraum genommen, der im Labor mit einem PCR-Verfahren auf Erbgut des Erregers untersucht wird. Innerhalb von 24 Stunden erhalten die Getesteten ein Ergebnis. Bisher hatte der Test noch 90 Euro gekostet. Seit Samstag ist er nun gratis für alle Einreisenden aus den 130 Ländern, die das Robert Koch-Institut (RKI) momentan für Risikogebiete hält, darunter zum Beispiel Brasilien und die USA. Seitdem lassen sich in Köln/Bonn täglich mehr als 500 Heimkehrer testen. Bald sollen Gratis-Tests an allen Flughäfen in NRW erhältlich sein.
Auch in München gibt es bereits ein Gratis-Testzentrum am Flughafen, wobei Corona-Tests in Bayern seit Juli allgemein kostenlos sind. In Berlin-Tegel ist die Eröffnung eines Testzentrums für diese Woche angekündigt, in Hamburg gibt es bislang noch keines. Und am größten Flughafen in Deutschland, in Frankfurt am Main, sind Tests bis auf Weiteres kostenpflichtig. Hier betreibt ein kommerzieller Anbieter, die Firma Centogene, zusammen mit der Lufthansa ein Center. Ein Abstrich und PCR-Test mit einem Ergebnis nach sechs bis acht Stunden kostet bei Centogene 59 Euro. Wer 139 Euro zahlt, bekommt das Ergebnis nach drei Stunden.
Wie aussagekräftig sind die Testergebnisse?
Wenn nun eine Testpflicht eingeführt werden soll, müssten Gratis-Tests an allen Flughäfen und in größeren Mengen verfügbar sein. Allein in NRW, dem bevölkerungsreichsten Bundesland, landen pro Woche bis zu 15.000 Reisende aus den RKI-Risikogebieten. Zudem würden die Kosten erheblich steigen.
Dabei stellt sich auch die Frage nach der Aussagekraft – denn die Tests sind alles andere als genau. Um eine bestehende Infektion mit SARS-CoV-2 auszuschließen, wird das RT-PCR Verfahren (Reverse-Transkriptase-Polymerase-Kettenreaktion) angewendet. Es spürt Virus-RNA in Abstrichen auf, dies gelingt aber nur zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt der Infektion zuverlässig. In den „Annals of Internal Medicine“ wurde im Mai eine Studienanalyse von Wissenschaftlern der Johns Hopkins Universität dazu veröffentlicht. Demnach werden Infektionen am ersten Tag der Ansteckung noch nicht entdeckt: Damit würden also schon einmal die Infizierten unerkannt bleiben, die sich am Flughafen oder im Flugzeug angesteckt haben.
Verlässlichkeit nach acht Tagen bei 80 Prozent
Und noch am vierten Tag nach Ansteckung war das Virus in fast 70 Prozent der Fälle nicht nachweisbar. Selbst am ersten Tag mit Symptomen blieben noch gut 40 Prozent der Infektionen unbemerkt. Am verlässlichsten waren die Tests am achten Tag nach der Ansteckung, sie konnten dann etwa 80 Prozent der Infektionen nachweisen. Wegen dieser Ungenauigkeiten gelten Tests auf SARS-CoV-2 bei Symptomlosen eigentlich als wenig sinnvoll. Etwas gezielter können sie eingesetzt werden, wenn der genaue Zeitpunkt bekannt ist, an dem ein Infektionsrisiko bestand, was bei Urlaubern aber selten der Fall sein dürfte.
Rechtmäßigkeit der Testpflicht ist umstritten
Und selbst dann wird in der Regel zweimal im Abstand von mehreren Tagen getestet, um eine Infektion ausschließen zu können. Grundsätzlich wäre das auch bei Einreisenden möglich, was aber die Kosten noch einmal deutlich erhöhen würde. Und: In der Zwischenzeit könnten die Betroffenen eine Infektion längst verbreitet haben, wenn sie sich nicht selbst in Quarantäne begeben. Die ist übrigens schon jetzt vorgeschrieben: Urlauber, die aus Risikogebieten zurückkehren, sind angehalten, 14 Tage lang zu Hause zu bleiben. Bei Verstößen dagegen drohen bis zu 25.000 Euro Bußgeld, nur ist die Selbstisolation eben kaum zu kontrollieren.
Wie viele infizierte Personen man mit einem verpflichtenden Test wirklich ausfindig machen könnte, lässt sich also schwer sagen. Im in Frankfurt am Main betriebenen Center von Centogene fielen von 30.000 Tests nur 70 positiv aus. Die Zahlen sind aber nicht repräsentativ: Da die Tests noch freiwillig sind, haben sich vermutlich viele Menschen aufgrund von Symptomen testen lassen, was die Wahrscheinlichkeit für ein positives Ergebnis erhöht. Werden alle Reiserückkehrer getestet, dürfte die Trefferquote deutlich geringer ausfallen.
Eingriff in die körperliche Unversehrtheit?
Auch die Rechtmäßigkeit einer Test-Pflicht für Einreisende ist nicht unumstritten. Die Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz, Dilek Kalayci (SPD), hatte im ZDF zugegeben, der Test sei „ein starker Eingriff in die Intimsphäre“ und „in die körperliche Unversehrtheit“. Tatsächlich ist das Recht auf körperliche Unversehrtheit in Deutschland ein Grundrecht und durch die Verfassung geschützt. Verletzungen der Grundrechte können durch das Bundesverfassungsgericht untersagt werden, wenn sie unverhältnismäßig sind.
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