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Kommentar
Impfhonorar: Kein Vorbild für die Vergütung pharmazeutischer Leistungen
Das kürzlich ausgehandelte Honorar von 12,61 Euro netto für eine Grippeimpfung betrifft allein das Thema Impfen. Es kann kein Vorbild für die Honorierung der geplanten neuen pharmazeutischen Dienstleistungen sein, weil sich die Rahmenbedingungen grundlegend unterscheiden. Doch dies wird schwer zu vermitteln sein, weil das erste Impfhonorar leider vor den Honoraren für die neuen pharmazeutischen Dienstleistungen ausgehandelt wurde, kommentiert DAZ-Redakteur Dr. Thomas Müller-Bohn.
Das knapp kalkulierte Honorar von 12,61 Euro netto für eine Grippeimpfung in einer Apotheke beim Modellprojekt in Nordrhein wirft viele Fragen auf. Ist der Betrag noch akzeptabel? Oder indiskutabel? Hat er weitergehende Folgen für die Apotheken?
Die Bewertung eines solchen Honorars hängt von den Annahmen für die Kostenrechnung ab. Bei unterstellten 12 Minuten für eine Impfung mit Vor- und Nachbereitung und einem Arbeitskostensatz mit einem sehr knapp kalkulierten Zuschlag für eine Vollkostenrechnung nach dem Vorbild des ARMIN-Projekts ergibt sich etwa der ausgehandelte Betrag. Dann liefert das Impfhonorar einen Deckungsbeitrag zu den Fixkosten des allgemeinen Apothekenbetriebs.
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Doch leider fallen die zusätzlichen Fixkosten für das Impfen dabei unter den Tisch, also beispielsweise für die Schulung, die Liege, das Erarbeiten neuer Inhalte für das QMS und die zu erwartende höhere Versicherungsprämie. Wenn man diese Kosten einbezieht, bleibt hingegen kein nennenswerter Beitrag für die Fixkosten des allgemeinen Apothekenbetriebs. Die Kalkulation wird dann zu einer Teilkostenrechnung. Die Ergebnisse beider Rechenwege können die Apotheker also nicht erfreuen.
Dennoch erscheint nachvollziehbar, wie es dazu gekommen ist. Thomas Preis, der Vorsitzende des Apothekerverbands Nordrhein, hat nach den Verhandlungen erklärt: „Mehr war aktuell einfach nicht möglich.“ Dabei dürfte das Honorar der Ärzte für das Impfen eine Rolle gespielt haben. Offenbar haben die Krankenkassenvertreter am Verhandlungstisch akzeptiert, dass in den unterschiedlichen Honorarsystemen der Ärzte und Apotheker anders kalkuliert werden muss und dass in den Apotheken zusätzliche Kosten anfallen, die die Ärzte nicht haben.
Psychologisches Signal
Doch auch wenn alle Beteiligten dies anerkennen, setzt ein vorhandener Abrechnungswert ein psychologisches Signal, so verschieden die Systeme auch sein mögen. Darum ist dies ein weiterer Grund, weshalb das Impfen für Apotheken eine so problematische Leistung ist. Neben dem Ärger mit den Ärzten und den zusätzlichen Kosten für eine ganz neue Form der Tätigkeit ist der Weg zu einer angemessenen Honorierung hier besonders schwer.
Unglückliche zeitliche Abfolge
Doch neben allen diesen Schwierigkeiten droht die unglückliche zeitliche Abfolge zu einem noch viel größeren Problem für die Apotheken zu werden. Denn durch das lange Warten auf das Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz wurde die erste Vereinbarung zum Impfen nun abgeschlossen, bevor eine Honorierung für die geplanten pharmazeutischen Dienstleistungen ausgehandelt werden konnte. Damit besteht die Gefahr, dass das Impfhonorar zur Orientierungsgröße für die Honorierung anderer Leistungen werden könnte. Doch das wäre inhaltlich vollkommen unangemessen und könnte die neuen Leistungen scheitern lassen, bevor sie begonnen haben. Es gilt daher jetzt zu betonen, warum das Impfen auch bezüglich der Honorierung vollkommen anders ist als die erhofften künftigen Leistungen. Dafür gibt es mindestens drei Gründe.
Neue pharmazeutische Leistungen sind anders als das Impfen
Erstens: Das Impfen ist zu großen Teilen (außer bei der Feststellung der Impfeignung des Patienten und bei denkbaren Impfreaktionen) eine recht gut standardisierbare Tätigkeit. Dagegen sind das Medikationsmanagement und andere angestrebte pharmazeutische Angebote viel individueller und damit anspruchsvoller in der Leistungserbringung.
Zweitens: Das Impfen in der Apotheke soll helfen, das gesellschaftliche Ziel einer höheren Impfquote zu erfüllen, aber das Impfen kann und soll niemals ein pharmazeutisches Kerngeschäft werden. Es muss angemessen honoriert werden, damit sich diese neue Tätigkeit für Apotheken überhaupt rechnet. Doch die angestrebten neuen pharmazeutischen Leistungen sollen mehr als das bringen. Sie sollen eine Perspektive für ein neues Tätigkeitsfeld und eine neue packungsunabhängige Honorierung bieten. Darum müssen sie besser honoriert werden.
Drittens: Für das Impfen wird es ein eigenständiges Pauschalhonorar geben. Für die Verteilung der Mittel aus dem geplanten Dienstleistungsfonds muss dagegen ein ganz neues Konzept entwickelt werden. Dabei stellen sich ganz andere Fragen und das ist nicht vergleichbar.
Perspektive für die Apotheken?
Das Impfhonorar kann also kein Vorbild für die Kalkulation künftiger Dienstleistungshonorare sein. Vielmehr müssen die Honorare für neue pharmazeutische Dienstleistungen die Arbeitskosten, alle sonstigen Kosten für die neuen Leistungen, einen Zuschlag zur Deckung der Fixkosten der Apotheke und einen Gewinnzuschlag berücksichtigen. Anders ausgedrückt: Es ist eine Vollkostenrechnung mit Gewinnzuschlag nötig. Wenn das Honorar nicht auf diese Weise ermittelt wird, bieten die neuen pharmazeutischen Leistungen den Apotheken keine Perspektive. Dann werden sie sich nicht durchsetzen, und das wäre bedauerlich für die Apotheken und für die Patienten.
9 Kommentare
Blendraketen und Schattenboxen
von Dirk Krüger am 21.07.2020 um 12:30 Uhr
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Eine Frage der Alternativen ...
von Reinhard Herzog am 21.07.2020 um 0:43 Uhr
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Aufwand unberücksichtigt! Warum?
von Reinhard Rodiger am 21.07.2020 um 0:25 Uhr
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Nüchtern betrachtet ....
von Wolfgang Müller am 20.07.2020 um 19:44 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 3 Antworten
AW: Nüchtern betrachtet
von Karl Friedrich Müller am 20.07.2020 um 20:38 Uhr
AW: Nüchtern betrachtet
von Dr. Thomas Müller-Bohn am 21.07.2020 um 11:16 Uhr
AW: Nüchtern betrachtet
von Dirk Krüger am 21.07.2020 um 18:23 Uhr
Impfen in der Apotheke: Zweimal verloren
von Gesine Tauber am 20.07.2020 um 18:52 Uhr
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von Anita Peter am 20.07.2020 um 17:59 Uhr
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