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TI im Stresstest
Ärzte und Gematik streiten um Konnektoren
Die Telematikinfrastruktur ist der Unterbau für ein digitalisiertes Gesundheitswesen. Doch an verschiedenen Stellen ist Sand im Getriebe, Probleme mit Konnektoren und Haftungsfragen sorgen bei Ärzten für Ärger und Verunsicherung. Inzwischen gibt es erste Rücktrittsforderungen in Richtung KBV-Spitze. Eine Apothekergruppe aus dem Rhein-Neckar-Gebiet hat unterdessen eine eigene Lösung gefunden.
„Wir möchten keine weitere Technik in unserer Apotheke stehen haben, deren Funktionalität von uns überwacht werden muss“, sagt Frank Knecht von der Bahnhof-Apotheke in Eberbach. Vor allem aber möchte Knecht nicht, dass in Sachen Telematikinfrastruktur etwas schiefgeht. „Stellen Sie sich vor, das E-Rezept ist da und wir könnten es wegen eines Fehlers (Anm.: beim Konnektor), möglicherweise über Wochen nicht auslesen.“ Für betroffene Apotheken wäre das vermutlich existenzbedrohend, sagt der Apotheker. Er ist einer von 14 aus der Metropolregion Rhein-Neckar, die sich zur Nordbadischen Apothekengruppe (NobAG) zusammen- und mit dem Unternehmen Red Medical einen Kooperationsvertrag abgeschlossen haben.
Keine Konnektoren in der Apotheke
Die Kooperation sieht vor, dass der Telematik-Anschluss über einen im Rechenzentrum gehosteten Konnektor läuft. „Die bewährten Prozesse der Red Medical, verbunden mit einem überschaubaren Serviceaufwand, haben uns überzeugt“, sagt Knecht. Ein weiterer Pluspunkt sei die Möglichkeit, alle Warenwirtschaftsanbieter einfach anzubinden. Die Gruppe der 14 Apotheker erhofft sich nun eine weitgehende Unterstützung der Apotheken-Softwarehäuser für das Projekt. Derzeit verlangten, so schreibt die NobAG in einer Pressemitteilung, zahlreiche Softwareanbieter eine zusätzliche Gebühr für die Anbindung der Apothekensoftware an einen Online-Konnektor.
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Hardware-Konnektoren sieht die NobAG nur als Übergangslösung. Die Probleme innerhalb der TI der vergangenen Wochen hätten gezeigt, wie problematisch es werden könne. „So sind (Stand 2. Juli 2020) immer noch ca. 14.000 Arztpraxen von der TI abgeschnitten, weil innerhalb der Telematik ein fehlerhaftes Zertifikat auf dem Konnektor installiert wurde, das ihn unbrauchbar gemacht hat.“ Die Fehlerbehebung erfordere nun erhebliche Eingriffe an den Konnektoren vor Ort. Dagegen sei bei einem Konnektor im Rechenzentrum gewährleistet, dass Probleme unverzüglich behoben werden können. Möglich mache dies ein Techniker des Rechenzentrums.
Zwischen der Gematik und der Ärzteschaft war es in den vergangenen Wochen heiß her gegangen. Der Grund ist ein Konfigurationsfehler in der TI, der dafür gesorgt hatte, dass viele Arztpraxen vom sogenannten Versichertenstammdatenmanagement abgeschnitten waren – einige von ihnen für Wochen. Durch den Fehler waren die Konnektoren in den betroffenen Praxen nicht mehr in der Lage gewesen, sich in die TI einzuwählen. Es handelt sich dabei um die gleichen Konnektoren, die auch für die Nutzung in den Apotheken vorgesehen sind.
Ärzte fordern Schadenersatz
Eigentlich sind die Praxen gesetzlich dazu verpflichtet, die Daten des Patienten auf seiner Gesundheitskarte jedes Mal auf Aktualität zu überprüfen, wenn der Versicherte in der Praxis erscheint. Die Regelung ist sanktionsbewehrt. Nur durch ein Update und mithilfe eines Technikers ließ sich das Problem beheben. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) forderte daraufhin einen Notfallplan für einen TI-Ausfall. Zudem dürften den Ärzten durch die Panne keinerlei Kosten entstehen.
Gematik müsste Schaden aus GKV-Geldern bezahlen
Das „Handelsblatt“ titelte dazu in der vergangenen Woche: „Streit über möglichen Millionenschaden spitzt sich zu“. Inzwischen seien die ausgeknockten Konnektoren aktualisiert worden und die Störungen zumindest in Teilen behoben. Im Hintergrund beginne nun jedoch der Streit, wer für den Schaden aufkommen muss. Grund dafür sei „die komplexe Vertragsstruktur zwischen der Gematik, der mehrheitlich in Bundesbesitz befindlichen Gesellschaft, die für den Aufbau der TI verantwortlich ist; der Bertelsmann-Tochter Arvato, Betreiber der zentralen TI; den Ärzten und IT-Dienstleistern. Dokumente, die dem Handelsblatt vorliegen, zeigen nun, dass langwierige Rechtsstreitigkeiten drohen. Ärzte und IT-Dienstleister befürchten, auf dem Schaden sitzen zu bleiben“, so die Zeitung. Weiter heißt es in dem Bericht: „Müsste die Gematik für den Schaden aufkommen, wäre das pikant, denn sie ist durch Gelder der gesetzlichen Krankenversicherung finanziert.“
Auf Nachfrage von DAZ.online verwies die Pressestelle der Gematik auf ihr Fragen-Antwort-Papier zu „zentralen Fragen“. Darin heißt es: „Zur Behebung der aktuellen Störung können die betroffenen Ärzte, Zahnärzte und Psychotherapeuten auf die bestehenden Vertragsbeziehungen zu den IT-Servicepartnern zurückgreifen. Sie wurden mit der Installation und dem Betrieb der für den Anschluss an die Telematikinfrastruktur erforderlichen Komponenten und Dienste beauftragt. Die IT-Servicepartner erhalten hierfür von den Leistungserbringern eine monatliche Vergütung. Diese in den bestehenden Finanzierungsvereinbarungen zwischen der Kassenärztlichen beziehungsweise Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KBV/KZBV) und dem GKV-Spitzenverband geregelte Betriebskostenpauschale beinhaltet auch den ,Betrieb des Konnektors, inklusive Wartung, Support, Updates und Konfiguration‘ und somit die Verpflichtung des IT-Servicepartners gegenüber den Leistungserbringern zur Behebung der Störung.“
Kann die Gematik die Ärzte überhaupt entlasten?
Allerdings war es gerade ein IT-Dienstleister, der kürzlich dieses Vorgehen infrage stellte. Nach Auffassung des Deutschen Gesundheitsnetzes (DGN) könne die Gematik „weder juristisch noch vertraglich die Arztpraxen von möglichen Kosten der Dienstleister vor Ort freistellen – außer sie erteilt einen rechtlich bindenden Auftrag“. Die Gematik sei verantwortlicher Betreiber der zentralen Dienste und habe keinerlei vertragliche Bindung zu den IT-Dienstleistern vor Ort.
Wenn es um die TI geht, ist die Stimmung unter den niedergelassenen Ärzten folglich derzeit nicht die beste. Wie der in Hamburg erscheinende Ärztenachrichtendienst berichtet, gibt es von Vertragsärzten aus Baden-Württemberg inzwischen sogar Rücktrittsforderungen in Richtung der KBV. Den Informationen zufolge haben der Hausärzteverband und der Medi-Verbund den Rücktritt des KBV-Vorstands gefordert, die Vertreterversammlung der KV habe „mit überwältigender Mehrheit“ zugestimmt. Der Vorwurf: die KBV-Spitze ignoriere beim Thema TI die Interessen der Vertragsärzte.
1 Kommentar
Parallelen zu Securpharm?
von A. Fischer am 13.07.2020 um 15:15 Uhr
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